Verraeterisches Herz
„Trotzdem.“
„ Va bene . Der Anwalt hat ohnehin erst am Donnerstag Zeit für uns. Deshalb können wir einen Zwischenstopp in Florenz einlegen und erst morgen nach Montedaluca weiterfahren.“ Er warf ihr einen schelmischen Blick zu. „In meinem Apartment gibt es zwei Schlafzimmer.“
Anstatt lautstark zu protestieren, überraschte ihn Alicia damit, dass sie über seinen Vorschlag nachdachte.
„Können wir die juristischen Angelegenheiten nicht früher regeln?“, fragte sie nach einer Weile.
„Leider nicht, Alicia. Für mich ist es ein Glücksfall, oder?“
„Ich weiß nicht. Ist es das wirklich?“ Sie musterte sein Profil. „Auf dem Flughafen hast du mich deine Frau genannt.“
„Es schien mir der effektivste Weg, deinen charmanten Begleiter zu vertreiben.“ Er warf ihr einen flammenden Blick zu. „Oder wolltest du das nicht?“
„Doch, natürlich. Er saß während des Flugs neben mir und redete pausenlos auf mich ein.“
„Warum hast du ihm nicht gesagt, dass du zu deinem Ehemann fliegst?“
„Ich sehe in dir nicht meinen Ehemann, Francesco. Außerdem hättest du ja auch einen Fahrer schicken können, um mich abzuholen.“
„Aber du musst doch wissen, dass ich mir dieses Vergnügen auf keinen Fall entgehen lassen würde.“
Die weitere Fahrt schwiegen sie. Insgeheim fragte Alicia sich, ob sie verrückt geworden war, weil sie überhaupt in Erwägung zog, die Nacht mit Francesco in Florenz zu verbringen. Aber sie wollte es ja. Es machte keinen Sinn, sich einzureden, dass sie nichts für ihn empfand. Seit sie ihn wiedergesehen hatte, war ihr klar geworden, dass das, was sie vor Jahren zu ihm hingezogen hatte, nicht nur noch lebendig war, sondern dass sie dieses gewisse Etwas seither bei keinem anderen Mann gefunden hatte. Und vielleicht würde sie das auch nie.
Kaum waren sie in Francescos Apartment angekommen, eilte sie mit großen Schritten zum Fenster, von dem aus man den herrlichen Blick auf die Piazza dei Signoria genießen konnte.
„Perseus ist noch da“, versicherte Francesco ihr. „Ich bringe deinen Koffer ins Schlafzimmer. Magst du nach dem Auspacken einen Tee?“
„Ja, bitte.“ Sie folgte ihm in ein Zimmer und sah sich stirnrunzelnd um. „Das ist offensichtlich dein Zimmer, Francesco. Kann ich nicht einfach in einem der anderen schlafen?“
„Nein. Hier hast du dein eigenes Bad und den besten Blick.“ Er trat auf sie zu und strich eine vorwitzige Strähne hinter ihr Ohr zurück. „Und du magst doch Zimmer mit Aussicht, oder, Alicia?“
„Ja.“ Unwillkürlich versteifte sie sich, weil ihr bewusst wurde, dass sie ja ganz allein mit Francesco in seinem Schlafzimmer stand und er sie mit diesen ausdrucksstarken Augen ansah. Ihre Farbe war so ungewöhnlich, dass sie anfangs gedacht hatte, er trage Kontaktlinsen. Damals hatte sein Blick ihren Herzschlag binnen einer Sekunde beschleunigen können. Was ihm – ärgerlicherweise – noch immer gelang.
Alles an dieser Situation war falsch. Sie hätte darauf bestehen sollen, sofort nach Montedaluca zu fahren. „Klingt wundervoll“, sagte sie fröhlich. „Zuerst möchte ich allerdings duschen.“
„Selbstverständlich. Du kannst tun, was auch immer du willst, Alicia“, versicherte er ihr und ließ sie mit der fantastischen Aussicht allein.
Alicia ging ins Bad und gönnte sich eine erfrischende Dusche. Nachdem sie ihr Make-up gerichtet hatte, gesellte sie sich zu Francesco ins Wohnzimmer und schaute sich erwartungsvoll nach dem versprochenen Tee um.
„Ich dachte, du möchtest vielleicht den Tee im Caffe Rivoire trinken“, beantwortete er die unausgesprochene Frage. Anerkennend ließ er seinen Blick über ihren Körper wandern.
„Du siehst sehr elegant aus, Alicia“, kommentierte er. „Aber sag mir … was ist mit deinen Sommersprossen passiert?“
Sie sandte ihm ein schiefes Lächeln. „Nichts. Leider. Sie verstecken sich nur hinter der Abdeckcreme, die jeden Cent des Vermögens wert ist, die ich dafür bezahle.“
„Ich vermisse sie“, erwiderte er nur.
Als sie aus dem Lift kamen und die Piazza betraten, umfing sie heller warmer Sonnenschein. Francesco führte sie zu demselben Tisch, an dem sie bei ihrer ersten Begegnung gesessen hatten. „Die Sonne ist nicht mehr so stark, du brauchst dir um deine Sommersprossen keine Sorgen zu machen.“
Es waren nicht die Sommersprossen, um die sie sich sorgte! Ein wenig missgelaunt sah Alicia ihn an, während er ihre Bestellung aufgab.
„Was ist los?“, fragte
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