Verraeterisches Herz
lehnte ab. Sie musste einen klaren Kopf behalten. Denn eines wurde ihr von Minute zu Minute klarer. Die strahlenden Gesichter von Bianca und Zia Luisa verhießen, dass die beiden tatsächlich an eine Versöhnung glaubten.
Nach dem Essen wandte Bianca sich an Alicia. „Wir haben nur einen leichten Lunch bestellt. Für das Abendessen wartet Pina auf Ihre Instruktionen, contessa , wie auch auf Ihre Wünsche für alle weiteren Mahlzeiten.“
„Dann lautet mein erster Wunsch“, entgegnete Alicia sofort, „dass Sie mich mit meinem Namen ansprechen, nicht mit meinem Titel.“
„Sehr gerne“, sagte Bianca erfreut. „Und nun muss ich die signora in ihr Zimmer bringen. Es ist Zeit für ihren Mittagsschlaf.“
Francesco sprang auf, um seiner alten Tante beim Aufstehen behilflich zu sein. Leise sagte er etwas zu ihr in seiner eigenen Sprache, woraufhin sie mit einer Hand seine Wange streichelte und Alicia ein bereits schläfriges Lächeln schenkte. Mit Biancas Unterstützung zogen die beiden sich in den anderen Turm zurück, in dem ihre Schlafzimmer untergebracht waren.
„So“, meinte Francesco, nachdem er wieder Platz genommen hatte. „Lunch mit den Damen des Hauses hast du überlebt, Alicia. Allerdings hast du kaum etwas gegessen.“
„Ich fühlte mich ein bisschen angespannt“, gab sie zu. „Bianca und deine Großtante scheinen überzeugt zu sein, dass wir wirklich wieder zusammen sind.“
Er zuckte die Schultern. „Sie haben sich so gefreut, als ich ihnen von deinem Besuch erzählt habe. Ich konnte ihnen einfach nicht die Wahrheit sagen. Es ist wohl das Beste, sie in dem Glauben zu lassen, dass wir uns versöhnt haben.“
8. KAPITEL
Schweigend und ohne wirklich etwas wahrzunehmen, blickte Alicia auf die herrliche Landschaft hinaus. Unterdessen schälte Francesco einen Pfirsich und teilte ihn in kleine Stücke.
„Hier bitte, Alicia.“
Das holte sie in die Wirklichkeit zurück. „Oh, vielen Dank.“ Lächelnd nahm sie ein Stückchen. „Sehr lecker.“
„Die Pfirsiche hier hast du immer gemocht.“
Alicia wirkte erstaunt. „Mein Aufenthalt damals war so kurz, es wundert mich, dass du dich überhaupt daran erinnerst.“
„Ich erinnere mich an alles. Immerhin war ich sehr in meine englische fidanzata verliebt.“
„Walisisch“, korrigierte sie, damit er von den Empfindungen nichts mitbekam, die bei seinem unerwarteten Geständnis in ihr aufstiegen.
Er lächelte verhalten. „Magst du es nicht, wenn ich über meine Gefühle spreche?“
„Wir sind nicht mehr dieselben Menschen, die wir früher waren, Francesco. Nachdem ich jahrelang versucht habe, dich zu hassen …“
„Versucht?“
„Meine Gefühle für dich ließen sich nicht von einer Sekunde auf die andere ins Gegenteil verkehren. Auch wenn du mich nicht wolltest, ich konnte nicht aufhören, dich zu lieben … obwohl ich es verdammt intensiv versucht habe.“
„Und mit der Zeit war dir mehr Erfolg beschieden?“
„Zumindest dachte ich das. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr ganz so sicher.“ Erleichtert wandte sie sich ab, weil Giacomo in diesem Moment den Kaffee brachte. „Grazie.“ Sie suchte all ihre Fremdsprachenkenntnisse zusammen und erklärte ihm, dass sie später zu Pina in die Küche kommen würde.
„Du hast Italienisch mit ihm gesprochen, und das mit einem bezaubernden Akzent, jetzt gehört Giacomos Herz für immer dir“, bemerkte Francesco, nachdem der alte Mann lächelnd gegangen war.
„So lange werde ich nicht hier sein.“
„Du hast mir erzählt, du hast zwei Wochen Urlaub. Die solltest du auf jeden Fall bleiben … falls du willst, dass Gareth an unsere Versöhnung glaubt.“
„Wenn ich dir die Wahrheit sagen soll …“
„Besser nicht, aber sag sie mir trotzdem.“
„Es fällt mir nicht so schwer, wie ich gedacht habe. Ich empfinde die Atmosphäre viel entspannter als damals.“
„Weil meine Mutter nicht mehr hier ist“, sagte er traurig.
„Ja. Ich habe alles versucht, um es ihr recht zu machen, damit sie mich mag. Aber natürlich kann man niemanden zwingen, einen zu mögen.“ In diesem Moment traf Alicia eine Entscheidung. „Da wir schon einmal so vernünftig miteinander reden, will ich dir auch sagen, weshalb genau ich damals in Paris vor dir geflohen bin.“
Überrascht runzelte Francesco die Stirn und beugte sich ein wenig vor. „Ich dachte, das wüsste ich bereits. Ich habe schreckliche Dinge zu dir gesagt und dir das Herz gebrochen.“
„Es waren nicht nur die Dinge, die du
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