Verraeterisches Herz
auch der Fall war. Vor dem Hotel angekommen, streckte sie die Hand aus.
„Vielen Dank. Es war ein wunderschöner Zufall, Sie zu treffen.“ Sie lächelte schüchtern. „Und es hat mir viel Spaß gemacht.“
Zu ihrer Freude beugte Francesco sich vor und küsste ihre Hand. „Mir auch, Miss Alicia Cross. Ich hoffe, Ihrer Freundin geht es mittlerweile wieder besser. Arrivederci .“
Noch ganz verzaubert betrat Alicia den Aufzug und starrte ihre Hand an, als habe Francescos Kuss dort ein Zeichen hinterlassen. Erst als die Türen sich öffneten, kam sie wieder zu sich. Hastig stürmte sie zu ihrem Zimmer, klopfte leise an und rief: „Megan, ich bin es.“
Völlig verschlafen öffnete Megan die Tür. „Du bist ja schon zurück. Ich dachte, du wärst viel länger unterwegs.“
„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“ Alicia musterte sie eingehend. „Wie fühlst du dich?“
„Immer noch ein bisschen schwach, aber wenigstens muss ich mich nicht mehr übergeben.“ Megan seufzte. „Kein großer Trost. Immerhin ist heute dein Geburtstag.“
„Dann feiern wir eben morgen. Und jetzt leg dich wieder hin. Du siehst ganz blass um die Nase aus.“
„Okay, Lally“, meinte Megan, nachdem sie sich wieder in die Kissen gekuschelt hatte. „Erzähl mir, was du dir angesehen hast.“
„Die Piazza della Signorina war ganz leicht zu finden. Sie ist nicht weit weg von hier. Der ganze Platz gleicht einem Skulpturenpark. Der Palazzo Vecchio ist großartig, allerdings bin ich nicht hineingegangen. Dann bin ich am Neptunbrunnen vorbei zur Kopie von Michaelangelos David geschlendert und weiter zu den Statuen in der Loggia dei Lanzi. Der Raub der Sabinerinnen sieht ziemlich realistisch aus“, führte Alicia begeistert aus. „Aber am besten gefällt mir Perseus mit dem abgeschlagenen Kopf der Medusa in der Hand.“
„Ich kann es gar nicht erwarten, das auch zu sehen! Hast du anschließend eine heiße Schokolade im Rivoire getrunken?“
„Gewissermaßen, ja.“
„Was heißt das denn?“
Alicia atmete tief ein. „Du wirst nie erraten, wen ich getroffen habe.“
Megans Augen weiteten sich. „Kaum dass du eine Minute in Florenz bist? Wen?“
Gestenreich beschrieb Alicia den Unfall mit ihrer Tasche und den Beinahezusammenstoß mit dem Mann, der sie gerettet hatte.
Megan schnaubte. „Nach all meinen Warnungen lässt du dich von einem Fremden antatschen?“
„Ja, du Glucke! Sonst wäre ich auf die Nase gefallen.“
„Dein Retter … war er Italiener?“
„Was denkst du denn? Jemand aus Cardiff?“ Alicia grinste. „Sitzt du bequem? Jetzt kommt der Teil, den du nicht glauben wirst. Es war Francesco da Luca.“
Mit halb geöffneten Mund starrte Megan die Freundin an. „Der italienische Stürmer von deinen Rugbypostern?“
„Genau der.“ Sie legte eine Hand über ihr Herz. „Das Objekt meiner mädchenhafter Schwärmereien.“
„Hast du ihm das gesagt?“
„Natürlich nicht! Aber ich habe erzählt, dass ich Rugbyfan bin.“
„Was ist dann passiert?“
„Er hat darauf bestanden, mich zu einem Drink einzuladen, damit ich meinen Schreck überwinde. Ich habe mich für die heiße Schokolade entschieden. Und dann saßen wir an einem der Tische vor dem Rivoire und haben uns Ewigkeiten unterhalten. Anschließend hat er mich bis zum Hotel begleitet.“ Sie lächelte verträumt. „Bestimmt war es eine glückliche Fügung des Schicksals, dass ich ausgerechnet vor ihm gestolpert bin.“
„Und dieselbe Macht hat mich krank werden lassen, damit du alleine unterwegs sein kannst!“, fügte Megan düster hinzu, nur um gleich darauf zu grinsen. „Ich freue mich so, dass du einen schönen Geburtstag hattest.“
„Meine Mutter wird mir das nie glauben.“
„Meine auch nicht.“ Megan gähnte laut. „Mir ist noch nicht nach fester Nahrung zumute, aber du musst hungrig sein.“
„Nicht wirklich. Bist du müde? Pass auf, du schläfst noch ein bisschen, ich setze mich auf die Terrasse und lese.“ Alicia wedelte mit ihrem dicken Roman. „Endlich keine Schulbücher mehr! Wir sehen uns später.“ Doch als sie kurz darauf unter dem Sonnenschirm saß, war sie viel zu aufgeregt, um sich auf die Worte zu konzentrieren. Stattdessen lehnte sie sich zurück, schloss die Augen und ließ die unverhoffte Begegnung mit Francesco noch einmal Revue passieren. Schließlich schlenderte sie wieder ins Zimmer, um nachzusehen, ob Megan etwas brauchte.
„Oh, gut … ich wollte dir schon eine SMS schreiben. Die sind gerade
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