Verrat der Welten - Niven, L: Verrat der Welten - Betrayer of Worlds
Öffentlichkeit wiederzugewinnen«, sang Hermes zum Abschluss seiner Rede. Er war der neu ernannte Informationsminister. »Selbstverständlich muss das oberste Priorität haben.«
Wenn das so selbstverständlich ist, dachte Achilles, warum brauchst du dann für deine Forderung eine so lange Melodie? Während die Diskussion endlos weiterging, verließ Achilles seinen Platz am Ende des lang gestreckten ovalen Tisches und bediente sich an dem Getreidebüfett, das man für die Debattierenden auf einer Anrichte aufgebaut hatte. Schon als Minister hatte Achilles Kabinettssitzungen verabscheut. Als Hinterster aber waren die endlosen Debatten noch viel eintöniger.
Er hatte so hart darum gekämpft, bis zum Gipfel der Macht auf Hearth aufzusteigen. Alles war so glorreich und prachtvoll, wie er sich das hohe Amt vorgestellt hatte – anfänglich. Der Jubel der Massen angesichts seiner triumphalen Rückkehr. Die spektakuläre Residenz in den Bergen. Die kriecherischen Diener. Die Schmeicheleien seiner Gefolgsleute. Doch vor ihm lag jetzt eine andere Zukunft, eine Ära der Besprechungen, der bürokratischen Trivialitäten und der geisttötenden Details.
»Sicherheit und Ordnung sorgen für Vertrauen!«, trällerte Themis. Seine Verantwortung war das Ministerium für Öffentliche Sicherheit. »Wenn wir also das Budget für Maßnahmen zum Erhalt der öffentlichen Sicherheit ...«
»Nur wahre Sicherheit sorgt für Vertrauen!«, fiel ihm Vesta in die Melodie. Auch unter der neuen Regierung hatte er die Leitung des Geheimen Direktorats inne. »Unsere Priorität muss ein besseres Verteidigungssystem sein. Und wir müssen Mittel und Wege finden, die wertvollen Archive zu rekonstruieren, die Nessus gelöscht hat!«
Verflucht sei Nessus, dachte Achilles, und Louis Wu gleich noch dazu! Der Ausbruch aus dem Gefängnis war nur die jüngste von Wus Schandtaten.
In der Zwischenzeit ging der Zank um die Verteilung der Finanzmittel weiter. Der Industrieminister schlug vor, neue Arbeitsplätze für all diejenigen zu schaffen, die unbedingt Ablenkung benötigten. Zum gleichen Zweck schlug der Kultusminister neue Lernmöglichkeiten vor. Der Wohnungsbauminister forderte Ressourcen, um ein Apartment nach dem anderen nach all den Milliarden Bürgern abzusuchen, die immer noch vermisst waren. Der Landwirtschaftsminister sang drängende Melodien, die Getreidelieferungen wieder auf das normale Maß zu bringen. Der Verkehrsminister fragte, wie und wann die gestohlenen Getreidefrachter wieder von New Terra geholt würden.
»Wir werden diese Schiffe zurückerhalten«, sang Achilles. »Vesta, ich brauche neue Vorschläge, wie man New Terra dazu bewegen könnte ...«
»Das ist keine gute Idee«, sang Chiron unverblümt.
Der neue Wissenschaftsminister nahm per Hologramm an der Sitzung teil. Dies waren die ersten Töne, die er an diesem Tag überhaupt herausgebracht hatte. Erstaunt schlängelten sich rings um den Tisch Hälse. Wer war dieser Neuankömmling überhaupt, dieser Fremde, dass er es wagte, dem Hintersten so rundheraus zu widersprechen!
Anders als sie wusste Achilles Bescheid. Seinem geheimen Herrn und Meister, der hinter dem Hologramm steckte, hinter der künstlichen Intelligenz, musste er gehorchen. »Dann kehren wir doch noch einmal zu der Frage nach den Prioritäten zurück!«, sang der Hinterste nachsichtig.
Alle Minister und Unterminister am Tisch blickten erneut neugierig zu Chiron hinüber, und mit einem Mal war Respekt in ihrer Körpersprache zu erkennen.
Achilles schluckte derweil seinen Zorn hinunter. »Hermes, wir sollten mehr über Ihren Vorschlag erfahren!«
Und während der Informationsminister weiter und weiter sang, ließ Achilles seine Gedanken treiben. Er dachte darüber nach, was so alles geschah, von dem Ol’t’ro nichts erfuhren. Wirklich wichtige Dinge. Dinge, die ihn , den Hintersten, mit Freude erfüllten. Er würde Nessus und Louis Wu finden!
Und sie würden ebenso sehr leiden, wie Baedeker jetzt litt.
Mitten in der Nacht wurde Louis aus dem Schlaf gerissen. Er musste sich in aller Eile anziehen, durfte sich nur einige persönliche Habseligkeiten in die Taschen stecken. Dann geleitete ihn ein Trupp ernst dreinblickender bewaffneter Männer und Frauen nach ... er wusste nicht, wohin. Irgendeinen nichts sagenden Ort. Die Digitaltapeten verrieten ihm nichts darüber, wo er sich befand. Seine Entführer trugen gewöhnliche Kleidung, verhielten sich aber ganz wie Soldaten. In Ermangelung eines besseren Begriffs
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