Verrat der Welten - Niven, L: Verrat der Welten - Betrayer of Worlds
Visionär, der ihnen überhaupt erst den Zugang zu dieser großartigen Errungenschaft erschlossen hatte?
Und doch ...
Immer und überall war er von Feinden umzingelt. Wie lahme Kälber würden sie wegen Nichtigkeiten blöken. Er hätte die Argo unberechtigt auf einen anderen Kurs gebracht. Er hätte die Behörden in die Irre geführt. Sie würden ihm vorwerfen, er habe einen Krieg mit den Pak riskiert.
Und doch ...
Auf Hearth hatte er treue Anhänger, loyale Parteigänger. Einflussreiche obendrein. Solche in wichtigen Positionen.
Baedeker und Nike hatten sich Achilles’ Willen gefügt, sei es, um ebenjene zu besänftigen, die ihn rückhaltlos unterstützten, oder um ihn von ebenjenen Loyalen fernzuhalten. Wie sie das geärgert haben musste! Um in Übereinstimmung mit dem zu handeln, was in den Parteifraktionen konsensfähig war, hatten sie ihm gestattet, als Erster und allein auf die Große Bibliothek zuzugreifen und deren Wissen für sich zu nutzen. Mit einem solchen Schatz würde er ihren unwürdigen Mündern den größten aller nur denkbaren Preise entreißen. Ein neuer Konsens der Experimentalisten musste her. Sie mussten ihn zum Hintersten machen.
Und doch ...
Seine Feinde würden vor nichts haltmachen.
Nun, dann eben er auch nicht.
Mit zusammengekniffenen, vor Müdigkeit roten Augen betrachtete Louis einen Ausschnitt aus der Pak-Bibliothek, der gerade über seinen Bildschirm scrollte.
Der Speicherauszug enthielt ein verwirrendes Gemisch verschiedenster Textformen: zweidimensionale Bilder – in Farbe oder Schwarzweiß –, holographische Darstellungen, Animationen und Simulationen. Die Darstellung der zugrunde liegenden Rohdaten hatte Louis unterdrückt. Denn diese Datasets gab es in einer noch viel verwirrenderen Vielzahl von Dimensionalitäten und Strukturen. Hyperlinks in Grün, Rot und Gelb verwiesen auf weiteres Material, das sich entweder bereits an Bord befand oder von dem schon bekannt war, dass es sich eindeutig noch nicht an Bord befand beziehungsweise über dessen Speicherort noch nichts ausgesagt werden konnte.
Es genügte bereits, diese Oberfläche zu betrachten, um eines zu bemerken: Diese Bibliothek war wirklich alt .
Ein Großteil der darin gespeicherten Mathematik ging weit über Louis’ Verständnis hinaus. Die meisten Graphiken waren eher geeignet, dass Louis die Augen verdrehte als etwas lernte. Ein Großteil der Textpassagen war nach wie vor unübersetzt. Vereinzelt gab es übersetzte Texte, meist aber sehr kurze Passagen, die sich Louis’ Versuchen, sie zu verstehen, hartnäckig widersetzten.
Er erinnerte sich daran, dass Ausfaller erwähnt hatte, Pak-Protektoren liebten es kurz und bündig. Ein-Satz-Antworten oder kurze Satzfolgen wurden bevorzugt; der Verstand der Pak-Protektoren füllte Leerstellen rascher aus, als sich ein komplexer Sachverhalt in Worte fassen ließ. Es sah ganz so aus, als folgte ihre Schriftsprache diesem Muster.
Daher enthüllte sich das Pak-Wissen Louis, wenn überhaupt, nur hier und da, sozusagen schlaglichtweise – und selbst diese Bröckchen waren hochgradig faszinierend. Mehrmals vergaß er zu essen, zu trinken oder zu schlafen, und immer, wenn ihm etwas besonders bemerkenswert vorkam, diktierte er persönliche Anmerkungen. Vielleicht machten diese Anmerkungen es ja den Wissenschaftlern auf Hearth einfacher, das ganze komplexe Gebilde zu begreifen. Oder sie könnten sich wenigstens herrlich über seine lächerlichen Spekulationen amüsieren.
»Ihr Fleiß ist löblich«, sagte Achilles.
Louis stellte fest, dass er die Augen geschlossen hatte. Sein Kopf lag auf den Unterarmen, die er auf einer von allem Möglichen und Unmöglichen überfüllten Arbeitsbank verschränkt hatte. Er öffnete die Augen wieder und richtete sich im Sitzen auf. »Man tut, was man kann.«
Achilles betrat den Arbeitsraum; seine Hufe klapperten über Deck. Er hatte einen Mehrzweckgürtel mit tiefen Taschen angelegt, nicht die Amtsschärpe, die er üblicherweise trug. »Die Fahrt ist wirklich ermüdend lang.«
»In der Großen Bibliothek gibt es mehr als genug Datenmaterial zum Anschauen. Das reicht auch für zwei.«
»Das wohl.« Achilles blickte sich im Raum um, als fragte er sich, wo er wohl am besten anfangen sollte. Kurz warf er einen Blick auf das Display neben Louis, über das immer noch Textzeile um Textzeile scrollte. Er betrachtete die Arbeitsbänke, die unter der Last der verschiedensten Gerätschaften fast zusammenbrachen, und die drei Pak-Computerracks,
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