Verrat im Zunfthaus
Hauwe deshalb in Siegburg: um nach Beweisen gegen meinen Vater zu suchen.»
Meister Jupp stand wieder auf und ging im Raum auf und ab. «Habt Ihr denn mitbekommen, was zwischen Laufer und vom Hauwe gesprochen wurde?»
«Nur Bruchstücke. Ich konnte mich ihnen ja nicht allzu weit nähern. Sie sprachen aber auf jeden Fall über meinen Vater und Bela.»
Adelina rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht und stand ebenfalls auf. «Eginhard Laufer und einer der Schreiber aus dem Rathaus, Caspar heißt er, waren vorhin hier und haben mich ebenfalls über Euren Vater befragt.Auch mir scheint es, als suchten sie nach Beweisen gegen ihn.»
Marie nickte und wurde ganz grau im Gesicht. «Versteht Ihr nun, warum ich Angst habe? Was soll ich denn jetzt tun?»
Meister Jupp blieb vor ihr stehen und legte ihr die Hände auf die Schultern. «Zunächst einmal solltet Ihr heimgehen, denn wenn man erst nach Euch sucht, macht Ihr damit die Sache noch schlimmer.»
«Nein!», schrie Marie auf. «Niemals gehe ich nach Hause. Das kann ich einfach nicht. Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Wenn mein Vater tatsächlich noch mit Walter in Verbindung steht und zusammen mit Bela und Avarus den Edelsteinschmuggel und die Bestechungen organisiert hat, wäre das schlimm, denn dann wäre er in großer Gefahr. Aber wenn er damit nichts zu tun hat, sondern als Freischöffe das Todesurteil gegen Bela und Avarus mitgefällt hat, wäre das noch viel schrecklicher. Ich könnte ihm nie wieder gegenübertreten.»
«Aber Ihr glaubt doch gar nicht wirklich, dass er etwas mit Belas Tod zu tun hat. Und auch nicht mit dem Edelsteinschmuggel.»
«Nein, ich kann es einfach nicht glauben.»
«Dann geht jetzt heim.» Meister Jupp brachte sie dazu aufzustehen. «Wenn Ihr wollt, begleite ich Euch.»
«Nein, nein, ich …»
«Ihr geht nicht allein durch die Stadt!», erklärte Meister Jupp, und seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu. «Ich schicke einen meiner Gesellen mit Euch. Und nun geht.» Er schob sie in Richtung Küchentür. «Geht!»
«Was habt Ihr vor?»
«Wir werden versuchen, die Wahrheit herauszufinden»,sagte er in wesentlich sanfterem Ton. «Bleibt einstweilen daheim. Sobald wir mehr wissen, werdet Ihr es erfahren.»
«Aber mein Vater …»
«Macht Euch keine Sorgen, Jungfer Marie. Tut mir nur den Gefallen und geht jetzt.»
«Aber …»
«Bitte!» Er umfasste ihre Schultern erneut und zog sie mit einem Mal heftig zu sich heran. Sie blickte ihm erschrocken und atemlos in die Augen. «Bitte, geht jetzt. Und was geschehen muss, wird geschehen. Ihr braucht keine Angst zu haben, ich verspreche es Euch.» Abrupt ließ er sie los.
Marie blickte von ihm zu Adelina, die überrascht, aber schweigend zugesehen hatte. «Danke, Meisterin Burka.»
«Wofür?», fragte Adelina erstaunt.
«Ihr seid eine gute Freundin. Aber nehmt Euch vor diesem Caspar in Acht. Er ist einer von Gerlachs Leuten.» Sie nickte Meister Jupp steif zu. «Ich vermute, ich finde Euren Gesellen nebenan?» Jupp nickte, und Marie wandte sich ab und verließ die Küche.
Meister Jupp ging zur Ofenbank zurück und ließ sich schwer atmend darauf nieder.
Adelina nahm einen Krug Wein und einen Becher aus dem Regal und drückte ihm beides in die Hände. «Ihr wisst, dass sie als nun älteste Tochter eine bessere Partie als einen Chirurgen machen müsste.»
Meister Jupp füllte den Becher und trank ihn in einem Zug aus. «Wenn diese Sache vorüber ist, kann die Familie froh sein, wenn sich überhaupt noch ein Mann für Marie begeistern kann.»
Adelina stieß einen amüsierten Laut aus. Sie nahm sichebenfalls einen Becher und ließ sich von ihm eingießen. «Glaubt Ihr, dass Maries Vater tatsächlich mit Walter von der Weiden gemeinsame Sache gemacht hat?»
«Oder dass er seine Stieftochter grausam ermorden ließ?» Der Chirurg stürzte einen zweiten Becher Wein hinunter. «Ich glaube gar nichts. Aber ich fürchte, dass eines von beiden die bittere Wahrheit ist.»
«Nur welches?», fragte Adelina.
16
Nachdem die Kinder und das Gesinde sich schlafen gelegt hatten, saß Adelina noch lange in ihrer Kammer auf dem Bett und dachte nach. Sie hatte die Schuhe von den Füßen gestreift, Fine lag auf ihrem Schoß und ließ sich den Bauch kraulen; Moses hatte sich am Fußende des Bettes zusammengerollt und schlief. Colin stieß im Schlaf leise Laute aus, und sie fragte sich, was er wohl träumen mochte.
Bei ihrem Rundgang durchs Haus hatte sie hinter der Tür der Gästekammer
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