Verrat im Zunfthaus
dort Ordnung zu schaffen, doch ich benötige noch einen weiteren Mann, der mir hilft, eines der Betten dort abzuschlagen, damit wir mehr Platz haben.»
«Aber natürlich, Meister Jupp. Ludowig wird Euch gerne helfen. Geht nur durch, er ist vermutlich draußen im Stall.» Sie wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. «Zu Mittag muss er allerdings Griet von ihrem Unterricht abholen.»
«Der Knecht?» Meister Jupp sah sie überrascht an. «Schickt Ihr nicht sonst eine der Mägde?»
Adelina rückte die Waage mit der Arsenikmischung beiseite und stützte sich auf den Tisch. Vielleicht war es vernünftig, Meister Jupp wenigstens teilweise in ihre Probleme einzuweihen. Er war ein kluger Mann und wusste vielleicht Rat. Sie erzählte ihm, unter welchen Umständen Griet im vergangenen Jahr zu ihnen gekommen war, vermied es jedoch, von ihrer Vergangenheit als Kindhure zu sprechen. Sie berichtete nur von Griets anfänglichen Albträumen und dass diese nun wiedergekehrt seien. Auch von der Sache am Mühlbach und dem Fremden, den Thomasius gesehen hatte, erzählte sie.
Als sie geendet hatte, verfinsterte sich Meister Jupps Miene sorgenvoll. «Eine schlimme Sache, Frau Adelina. Ich begreife, dass Ihr das Kind unter diesen Umständen beschützen müsst. Thomasius hat sie aus dem Wasser gezogen, sagt Ihr? Erstaunlich. Andererseits … vielleicht auch nicht erstaunlich, denn was auch immer man ihm vorwerfen kann, Untätigkeit gehört nicht dazu. Nein, natürlich hätte er das Mädchen nicht ertrinken lassen.»
«Er sagte mir, ich habe ein gutes Herz und das würde auf Neklas abfärben.»
«Wie bitte?» Verblüfft starrte er sie an.
«Ich hatte den Eindruck, er hat die Lust verloren, Neklas zu verfolgen.»
«Niemals!»
«Er meinte, er würde ihn zwar im Auge behalten, sonst aber nichts mehr unternehmen.»
«Hatte er getrunken?»
«Bestimmt nicht.»
Meister Jupp schüttelte den Kopf und strich sich durch den Bart. «Mein Onkel ist kein Mensch der Barmherzigkeit. Vergebung liegt ihm nicht. Womöglich …» Sein Gesicht verzog sich grimmig. «War Neklas bei ihm, bevor er zum Erzbischof aufbrach?»
«Nicht, dass ich wüsste.»
«Er muss bei ihm gewesen sein, der Bastard! Er hat es wieder einmal selbst in die Hand genommen, dieser Verrückte.»
«Was hat er in die Hand genommen?», hakte Adelina beunruhigt nach.
Meister Jupp fuhr sich erneut durch den Bart. «Hat er Euch von meinen Mädchen erzählt? Und von ihrer Mutter? Natürlich hat er.» Er nickte ihr zu. «Dann wisst Ihr auch, welche Rolle Thomasius in dieser Sache gespielt hat? Dass er Ruths Taufe verhindert hat? Eine schwere Sünde für einen Mönch. Er predigt das Wort Gottes, will die Menschen zum rechten Glauben bekehren und dann das: Er verhindert die Taufe einer Jüdin.»
«Könnte er dafür bestraft werden?»
«Für die Art und Weise, wie er es tat, ja.»
«Aber das lässt sich nicht beweisen», wandte Adelina ein.
«Doch.» Meister Jupp lehnte sich gegen den Türrahmen.«Es gibt da ein Schriftstück, das Thomasius aufgesetzt hat, und welches er den entsprechenden Instanzen zukommen ließ.» Er schloss kurz die Augen, die Erinnerung schien ihn zu schmerzen.
«Und dieses Schriftstück ist in Eurem Besitz?», fragte Adelina.
Er nickte und seufzte. «Ich bin kein rachsüchtiger Mensch, Frau Adelina. Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr ändern. Doch nachdem ich hörte, dass Thomasius Neklas bis hierher verfolgt hat und nun Eurer Familie zusetzt, sprachen wir darüber, das Schreiben doch noch zu verwenden.»
«Und Ihr glaubt nun, Neklas sei ohne Euer Wissen zu Thomasius gegangen?»
Meister Jupp zuckte mit den Schultern. «Wenn er es getan hat – und Thomasius’ seltsames Verhalten lässt sich nicht anders deuten –, dann nur, um Euch und die Kinder zu beschützen. Ich kann es ihm nicht verübeln. Wenn es um meine Mädchen ginge, würde ich auch nicht zögern.»
«Hm.» Adelina blickte auf die Tischplatte.
«Ihr solltet Euch nicht zu viele Sorgen machen. Neklas weiß, was er tut, auch wenn es nicht immer den Anschein hat.» Er grinste. «Dennoch beruhigt es mich, dass es nun Euch gibt. Schaut ihm ruhig immer mal wieder auf die Finger. Ich denke, Ihr seid wirklich dazu in der Lage, seine Flausen in Grenzen zu halten.» Er stieß sich vom Türrahmen ab. «Ludowig ist im Stall, sagtet Ihr? Bis zum Mittag werden wir auf jeden Fall fertig sein.» Er hob die Hand zum Gruß und verließ sie.
Adelina stellte das Rattengift fertig und machte sich
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