Verrat im Zunfthaus
nichts mit Weglaufen, Kleine. Komm schon.»
«Lasst sofort meine Magd los!», schrie Adelina, als er Franziska wieder mit sich zerrte. Sie sah, dass Franziskas Kleid an der Seite bereits zerrissen war, und ihr wurde eiskalt vor Angst. «Lasst sie sofort los!»
Sie wollte sich an Achim vorbeischieben, um Franziska zu helfen, die schrie und wild um sich schlug, jedoch gegen den kräftigen Gustav keine Chance hatte.
«Nee, Meisterin, so nicht.» Achim packte sie wieder. «Oder wollt Ihr etwa, dass Gustav Euch auch mit raufnimmt? Vergiss nicht, sie anzubinden!», rief er Gustav hinterher.
Adelina versuchte sich loszureißen. «Nein! Franziska!»
Franziska gelang es nun doch, sich von Gustav zu befreien, und sie versuchte, an Achim vorbei zur Hinterhoftür zu rennen. Doch wieder hielt er sie auf, diesmal, indem er ihr ein Bein stellte. Sie schlug der Länge nach hin, und sofort war Gustav wieder über ihr und zerrte sie hoch.
Plötzlich öffnete sich die Tür zu Alberts Kammer. Mit seinem Gehstock bewaffnet, ging er ungelenk auf Achim und Gustav zu. «Loslassen!», rief er mit aufgeregter Stimme. «Lasst sofort meine Tochter und das Mädchen los, sage ich!» Er schwang erstaunlich heftig seinen Gehstock und ließ ihn auf Gustavs Schulter niedersausen. Der Soldat heulte vor Schmerz auf. «Lasst sie los, ihr Mistkerle!» Wieder hob Albert den Stock, doch diesmal war Gustav schneller: Er packte den Gehstock und schleuderte ihn beiseite.
Seiner einzigen Waffe beraubt, stürzte sich Albert auf ihn, doch Gustav verpasste dem alten Mann einen gezielten Hieb in den Magen. Adelinas Vater war von seiner Krankheit so ausgezehrt, dass ihn der Schlag von den Füßen riss. Er flog rücklings gegen die Wand und krachte mit dem Schädel gegen den Türrahmen. Albert sackte in sich zusammen und rührte sich nicht mehr.
«O Gott, Vater!», schrie Adelina entsetzt auf.
Gustav hatte Franziska wieder gepackt und zerrte sie unbarmherzig die Stiege hinauf. Adelina kniete sich neben ihrem Vater nieder.
Sie tastete ihm sanft übers Gesicht, doch er rührte sich nicht. Vorsichtig schüttelte sie ihn. «Vater? Vater!» Sie schüttelte ihn heftiger. «VATER! Nein!» Sie richtete sich auf und ging auf Achim los. «Ihr habt ihn umgebracht!»
Achim fuhr zurück. «Nichts dergleichen habe ich, Weib!» Er schob sie grob zur Seite und beugte sich nun selbst über Albert. Dann stieß er einen gotteslästerlichen Fluch aus.
Achim wandte sich wieder zu Adelina. «Los, Ihr kommt mit!»
«Nein!» Sie blickte auf ihren Vater. Im Obergeschoss heulte und kreischte Franziska. In der Küche schrie Colin, der von all dem Lärm natürlich aufgewacht war.
Warum hörte das denn draußen niemand und half ihnen?
Mit einem Mal wurde es oben still. Adelina erstarrte vor Entsetzen. Hatte Gustav ihre Magd nun ebenfalls getötet?
Achim zerrte sie grob mit sich in die Apotheke, wo die anderen Männer an der Tür auf sie warteten.
«Holt den Büttel herein», befahl er.
Hinter ihnen kam polternd Gustav die Stiege herunter; sein Gesicht wies blutige Kratzer auf.
«He, was sollte das denn?», fuhr Achim ihn an. «Du hast dem alten Mann das Genick gebrochen, verdammt!»
«Er hätt sich halt nicht gegen uns auflehnen sollen», brummte Gustav unbeeindruckt. «Die Kleine bleibt erst mal oben. Soll sie auch abgeholt werden?»
«Was habt Ihr mit ihr gemacht?», fuhr Adelina dazwischen, doch die Männer beachteten sie gar nicht.
«Nein.» Achim schüttelte den Kopf. «Die Familie steht unter Beobachtung. Die hier nehmen wir mit.» Er wiesauf Adelina, der vom Büttel gerade Eisenschellen um die Handgelenke gelegt wurden.
«Wo bleibt der Hauptmann?», wollte Mattes wissen.
«Der wird schon gleich kommen», meinte Achim und nickte dem Büttel zu. «Nimm sie mit und sperr sie in den Bayenturm. Aber nicht zu den anderen Verrätern. Am Ende sprechen sich die noch ab.»
Adelina wurde hinaus auf den Marktplatz gestoßen, wo sie großes Aufsehen erregten. Adelina war in der Stadt bekannt, und die Menschen, die bislang vom Büttel zurückgehalten worden waren, liefen erneut zusammen.
Stimmen wurden laut, die nach dem Grund für die Verhaftung fragten. Hausfrauen mit großen Körben am Arm drängten sich vor und riefen Adelina ermunternde Worte zu. Ein paar benachbarte Handwerker, der Bäckermeister von gegenüber und Meister Winkler, ein weiterer Apotheker, kamen herbeigeeilt und verlangten Adelinas sofortige Freilassung.
Zur gleichen Zeit preschte ein Reiter auf einem
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