Verraten für 1000 Dollar
seinen schlanken Kolben aus dunkelbraunem Holz. Bügel und Abzug waren aus Messing. Die Trommel wirkte ähnlich langgestreckt wie der Lauf.
"Ein .44er Colt-Dragoon." Trevor reichte auch O'Hara und Kennedy eine Waffe vom Wagen. "Kannst du dich noch an Samuel Walker erinnern?"
"Der Texas Ranger?" Eric machte ein überraschtes Gesicht. "Natürlich! Ich hab mit ihm bei El Paso gegen die Komanchen gekämpft!"
"Der hat zwischen Samuel Colt und der Regierung vermittelt, und Washington hat Tausende der Dinger von Colt gekauft. Unsere Schwadronen sind die ersten, die damit ausgerüstet werden."
Wie ein Junge, dem man ein heiß ersehntes Spielzeug geschenkt hatte, strahlte Eric. "Ein Colt-Walker-Revolver also, so muss man ihn doch nennen, oder...?" Zärtlich streichelte er die Waffe. "Probieren wir ihn doch gleich einmal aus!"
Er ließ ein paar Dutzend leere Flaschen auf die Palisadenspitzen stellen und sechs weiteren Kavalleristen den neuen Revolver aushändigen. Kurz darauf dröhnten Schüsse über den Exerzierhof. Glas splitterte, und Wolken aus Pulverdampf stiegen in den Frühlingshimmel.
"Alles was Recht ist!", brüllte O'Hara, der massige Ranchersohn aus Missouri. "Mit dem Ding kann man Büffel jagen!"
Die Männer waren begeistert. "Sollen sie kommen, Santa Annas Mordbuben!", rief Eric. "Wir werden ihnen einen Empfang bereiten, den sie nicht vergessen werden!"
Sie kamen schneller, als Eric und Trevor es erwartet hatten. Einen Tag nach Kriegsausbruch Mitte Mai griffen die Mexikaner Fort Clark Springs mit hundertfünfzig Reitern und über vierhundert Infanteristen an. Drei Tage lang stürmten sie gegen die Palisaden an.
Colonel Eric VanHoven ließ es sich nicht nehmen die erste Schwadron persönlich bei einem Ausfall anzuführen. Die Mexikaner kämpften verbissen und ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Doch der Feuerkraft und der Zielgenauigkeit des .44er Colt-Walkers hatten sie nicht viel entgegenzusetzen.
Am Morgen des vierten Tages zogen sie mit achtzig Toten und über hundertzwanzig Verwundeten ab. Von der Südpalisade aus beobachteten Eric und seine Offiziere ihren Rückzug. "Sie werden sich so schnell nicht wieder in unsere Nähe wagen", knurrte O'Hara.
"Da wär ich mir nicht so sicher", sagte Eric. "Wieviele Ausfälle haben wir?"
"Dreiundzwanzig Mann sind gefallen und fünfunddreißig verwundet, Sir", sagte Kennedy.
"Irgendwelche Nachrichten von Lucrady und Asher?"
Lieutenant Lucrady und Captain Asher waren Anfang Mai mit der vierten und fünften Schwadron des dritten Regiments von Fort Worth aufgebrochen.
"Nein." Lieutenant Trevor Huntingtons Miene wirkte nicht besonders entspannt. "Noch keine Boten bisher. Hoffen wir, dass sie in den nächsten zwei Wochen hier ankommen. Für Santa Anna und seine Armee steht Fort Clark Springs auf mexikanischem Staatsgebiet. Sie werden keine Ruhe geben, bis es nur noch ein qualmender Trümmerhaufen ist..."
*
Eines Morgens Mitte Mai standen sie vor der Tür. Luisa war als einzige schon wach. Durchs Fenster ihres Schlafzimmers sah sie die Männer in den großen Hof der Hazienda reiten - mexikanische Dragoner, mindestens vierzig Reiter.
Kurz darauf pochte es an der Tür. Sie öffnete. Sechs uniformierte Männer standen auf der Veranda. Ihr Anführer musterte sie halb spöttisch, halb überrascht. Ein Offizier, soviel begriff Luisa. Die Sterne auf seinen Schulterstücken vermochte sie nicht zu deuten.
Der Offizier war ein großer, hagerer Mann von vielleicht vierzig Jahren. Das kurze, schwarze Haar pomadig und zurückgekämmt, der Schnurrbart gepflegt und mit langen gezwirbelten Spitzen. Seine Augenbrauen waren zusammengewachsen.
Als wäre er der Hausherr, schritt er wortlos an ihr vorbei. Seine fünf Begleiter folgten ihm. Ihre dunklen Augen begutachteten Luisas Gestalt, wie man ein Pferd begutachtete, dass man zu kaufen geneigt war.
"Machen Sie uns einen Kaffee, Senõra", sagte der Offizier. Seine Sporen klirrten, sein Degen schlug auf dem Holzboden auf, als er sich auf einen Stuhl am Tisch fallen ließ. "Und wecken Sie Looper."
Er sprach wie einer, der gewohnt war, die Menschen nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Luisa widersprach nicht und stellte keine Fragen - sie schürte Feuer, setzte Wasser auf und holte Jeremy aus dem Bett.
Als der endlich den Raum betrat, hatte sich der Hof längst in ein Heerlager verwandelt. Während Luisa den Kaffee servierte, sah sie durchs Fenster, wie die Soldaten in den verlassenen Gebäuden der Hazienda ein und
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