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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Zuhausegebliebenen teilte, wurden allmählich immer älter. Bis es bald nichts mehr zu teilen geben würde.
    »Ich freue mich schon darauf, Sil«, sagte sie.
    »Okay, dann machen wir es so«, sagte er, löste sich von ihr und stand auf. »Dann muss ich mich jetzt erst mal um ein paar Dinge kümmern. Ich sitze hier schon seit drei Tagen herum wie eine Treibhauspflanze. Es wird Zeit, etwas zu unternehmen.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch.
    »Ich fahre nach Zeist«, erklärte er. »Es gibt viel zu tun. Zum Beispiel will ich das Haus verkaufen. Ich will es loswerden, und zwar so schnell wie möglich. Es weckt einfach zu viele böse Erinnerungen.«
    »Willst du auf eigene Faust los?«, fragte Susan mit einem Blick auf die Armschlinge und den Verband um seine Finger.
    »Ja. Der Makler kennt mich, und er würde sich sehr darüber wundern, wenn ich schon so bald nach Alice′ Tod mit einer neuen Freundin aufkreuzte. Ich möchte keine schlafenden Hunde wecken.«
    »Kannst du denn fahren?«
    Er nickte. »Ja, es wird schon gehen.«
    Tatsächlich klappte es einigermaßen mit dem Autofahren. Mit dem Handballen zu schalten war gar kein Problem, nur das Lenken fiel ihm schwer. Er konnte seinen linken Arm nicht gebrauchen, ohne sich äußerst schmerzhafte Stiche in der Schulter einzuhandeln. Deshalb klemmte er das Lenkrad zwischen die Knie, wenn er schalten musste. Das funktionierte prima. Als Führerscheinneuling hatte er es als Sport betrachtet, kilometerweit so zu fahren. Manches verlernte man eben nie, und in dem Corsa war das Lenkrad so tief angebracht, dass es ihm nicht mal besonders schwerfiel.
    Sven hatte ihm prophezeit, dass er noch eine Weile Schmerzen in seiner Schulter haben würde. Außerdem war es lästig, dass er nur durch den Mund atmen konnte. Glücklicherweise tat ihm die Nase überhaupt nicht weh. Jedenfalls, solange er sie nicht berührte. Im Großen und Ganzen ging es ihm recht gut. Keine ungelösten Probleme mehr.
    Er schaltete das Radio ein und suchte gute Musik. Das Programm der meisten Radiosender war tödlich langweilig. Leute konnten anrufen und an Spielen teilnehmen oder ihre Meinung über ein bestimmtes Thema äußern. Es gab ebenso heftige wie unsinnige Diskussionen über Normen und Werte und die Notwendigkeit eines gewählten Bürgermeisters. Er suchte lange, bis etwas aus den kleinen Lautsprechern kam, was nach Musik klang.
    Er atmete tief ein und ließ den Blick über die grünen Weiden mit den schwarzbunten Kühen und den Schafen wandern, an denen er mit gemächlichen hundertzwanzig Stundenkilometern vorbeifuhr. Es war ein schöner Novembertag. Hoch oben in der Luft schwebten zarte Zirruswölkchen, durch die die Sonne hindurchschien. Stone Sour spielte ein Stück mit dem Titel Bother, das er noch nie zuvor gehört hatte und das ihm unglaublich gut gefiel. Er drehte die Lautstärke auf und summte mit. Auf einer einigermaßen guten Anlage musste es fantastisch klingen. Er nahm sich vor, sich demnächst eine CD von dieser Gruppe zu kaufen. Wenn der Rest ihrer Stücke nur halb so gut war wie diese Nummer, war es kein rausgeschmissenes Geld.
    Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlte er sich ausgeglichen und entspannt. Er sah nicht in den Rückspiegel. Musste nicht mit Verfolgern rechnen. Das gefiel ihm ausnehmend gut. Von nun an wollte er nur noch geradeaus schauen.

29
     
    Der Vorgarten lag unter einer dicken Schicht Herbstlaub. Das Gras war zu lang geworden. Es würde ihn einen ganzen Tag kosten, den Garten wieder einigermaßen herzurichten, bevor sich Interessenten das Haus anschauen konnten. Er dachte an seine Schulter und überlegte, vielleicht besser einen Gärtner zu engagieren. Er konnte nicht warten, bis er körperlich wieder in derselben Topform war wie vor den Geschehnissen in Venlo, Moustiers und Almere. Er hatte in der letzten Zeit gehörige Schläge einstecken müssen, und das machte sich in jeder Hinsicht bemerkbar. Körperlich fühlte er sich wie ein alter Mann. In dem neuen Haus oder wo immer Susan und er auch wohnen würden, würde er sich vielleicht wieder im Keller oder in einem Nebenzimmer einen Fitnessraum einrichten. Vielleicht hatte Susan auch Spaß am Training. Es war immer schöner, Dinge, die einem selbst Freude bereiteten, mit jemandem zu teilen.
    Und wer weiß, vielleicht könnte er sie sogar dazu überreden, ihre Wohnung aufzugeben und eine Weile mit ihm in der Weltgeschichte herumzuziehen, immer der Nase nach. Sie hatten noch so viel Zeit, irgendwann an einem Ort wohnen

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