Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
Vom Netzwerk:
Staal. Ich bin nicht da oder will nicht gestört werden. Wenn es wichtig ist, hinterlassen Sie bitte eine Nachricht oder schicken Sie mir eine Mail.«
    »Verdammt nochmal, Susan!« Er schrie beinahe. »Tu mir das nicht an!«
    Frustriert hieb er mit der Faust auf den Schreibtisch. Durch den Stoß wackelte die Schreibtischlampe und fiel von ihrem Sockel. Zerbrach auf dem Fußboden.
    Alice fuhr zurück. Vergaß zu atmen. Stand da wie angewurzelt. Zitterte am ganzen Leib. Schlich leise zurück in die Diele. Nahm ihre Schuhe in die Hand und rannte die zwanzig Meter bis zu ihrem Auto auf Strümpfen. Stieg ein, drehte den Zündschlüssel um und fuhr los. Ein paar Straßen weiter parkte sie den Porsche am Straßenrand, weil der Asphalt wie ein wässriges Kaleidoskop mit dem Horizont und den Alleebäumen zusammenfloss. Sie holte ein Papiertaschentuch aus dem Handschuhfach und schnäuzte sich die Nase. Tupfte die Tränen ab, doch es quollen neue hervor und nach einer Minute war das Taschentuch durchweicht.
    Es stimmte also. Sie hatte ihn schon vor Jahren verloren, und sie hatte es die ganze Zeit über gewusst. Die ganze Zeit. Sie fühlte sich verstoßen. Allein.
    Plötzlich kamen ihr Pauls Worte in den Sinn: »Wenn er dir jemals wehtut, komm zu mir.«
    Ohne zu zögern fuhr sie zurück zu Programs4You.
    Der Anrufbeantworter war während ihrer Abwesenheit zehn Mal angesprungen. Oder noch öfter, sie hatte gar nicht mehr richtig mitgezählt. Immer dieselbe Nummer leuchtete auf der LCD-Anzeige auf.
    Sils Nummer.
    Sie hatte den Stecker des Telefons herausgezogen und sich auf ihre Umsatzsteuervoranmeldung konzentriert. Und jetzt klingelte es an der Tür. Sie schaute auf die Uhr. Sieben. Beunruhigt eilte sie in die Küche und schaute aus dem Fenster. Am Rande der schmalen Einbahnstraße sah sie nur ihren eigenen schwarzen Vitara und die Autos der Nachbarn stehen. Keinen dunkelblauen Porsche. Bevor sie die Tür öffnete, warf sie zur Sicherheit einen Blick durch den Spion. Sven.
    Sie machte auf.
    »Bist du gerade beschäftigt?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, mit nichts Wichtigem jedenfalls.«
    »Ich wollte dich mal was fragen, ich weiß, es klingt vielleicht komisch, aber hättest du eventuell Lust, bei mir drüben einen gemütlichen Abend auf dem Sofa zu verbringen?«
    Sie schaute ihn fragend an.
    »Ganz ohne irgendwelche Hintergedanken«, versicherte er rasch. »Ich dachte mir einfach, zu zweit wäre fernsehen vielleicht gemütlicher als allein.«
    Wieder schaute sie ihn an. Zuckte dann mit den Schultern. Eigentlich gar keine so schlechte Idee. Sie griff nach ihren Schlüsseln und folgte ihm in sein Apartment.
    Sie blickte sich um. Wohin sie auch sah: überall aufeinandergestapelte Kisten. In der Ecke stand eine alte Stehlampe mit Stoffschirm, die sogar ihre Großmutter auf den Speicher verbannt hätte. An den Wänden hing noch immer die grüne Tapete, Modell Fünfzigerjahrebarock, die ausgezeichnet zur Einrichtung des früheren Bewohners gepasst hatte, sich aber schrecklich mit dem modernen, violetten Sofa biss, das jetzt davorgerückt worden war. Das blaue, schief hängende Rollo vor dem Wohnzimmerfenster erkannte sie sofort als Sonderangebot aus dem letzten Baumarktblättchen.
    »Wie ich sehe, hast du dich hier bereits häuslich eingerichtet«, bemerkte sie.
    Er schaute sich kurz um. »Tja, tut mir leid. Ich hatte einfach noch keine Zeit, hier alles fertig zu machen. Ich wohne ja auch nur vorübergehend hier. Setz dich doch.« Er zeigte auf das Sofa und ging in die Küche. Sie hörte ihn herumfuhrwerken und kurz darauf kehrte er mit zwei großen Tassen ins Wohnzimmer zurück.
    »Mit Zucker, aber ohne Milch, stimmt’s?«
    Sie nickte und nahm ihm einen Becher ab. Er hockte sich zu dem Fernseher, der dem Sofa gegenüber auf dem Boden an der Wand stand. Dahinter und daneben lag ein Wirrwarr von Kabeln. Er kniete sich vor das Gerät und versuchte verzweifelt, den Kabelsalat zu sortieren. Susan schloss daraus, dass es noch eine Weile dauern würde, bis die Vorstellung beginnen konnte. Sie blickte sich im Zimmer um. Es sah aus wie in einer Studentenbude. Ein bisschen schlampig, aber es hatte etwas. Sie hatte nie viel auf den äußeren Schein gegeben und fühlte sich wohler in einer Umgebung wie dieser als in einem sorgfältig gestylten Haus, wo man schon Angst hatte, das Sofa schmutzig zu machen, wenn man sich nur daraufsetzte.
    »Musst du heute Abend nicht arbeiten?«
    Er schüttelte den Kopf und zog ein weißes Kabel

Weitere Kostenlose Bücher