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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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nach, sobald ich sie gefunden habe. Das werde ich jetzt gleich Ollie sagen, und dazu brauche ich Rückendeckung von dir.«
    Perry hob beide Hände an den Kopf, als hätte er etwas vergessen, dann ließ er sie ergeben herabfallen: »Wo ist sie?«
    »Wo ist Kandersteg?«
    »Fahr nach Spiez und dann mit der Simplon-Bahn den Berg rauf. Hast du denn Geld?«
    »Jede Menge. Von Luke.«
    Perry sah hilflos zum Haus hinüber, dann zurück zu Ollie mit seinem Schlapphut, der ungeduldig neben dem Pferdetransporter wartete. Dann wieder zu Gail.
    »Menschenskind«, sagte er resigniert.
    »Ich weiß«, sagte sie.

15
    In Notsituationen kannten Perry Makepiece’ Bergkameraden ihn als klarsichtigen Denker und zupackenden Mann der Tat, und es machte ihn stolz, dass für ihn beides so nahe beisammenlag. Er sorgte sich um Gail, er wusste um die Tücken der Operation, er war bestürzt über Nataschas Schwangerschaft und erst recht über die Tatsache, dass Gail es für nötig gehalten hatte, sie vor ihm zu verheimlichen. Gleichzeitig respektierte er ihre Gründe und gab die Schuld daran sich selbst. Dazu noch Tamara, zerfressen von Eifersucht auf Natascha wie eine böse alte Vettel aus einem Dickens-Roman … der Gedanke ekelte ihn und stimmte ihn noch einmal weicher gegenüber Dima. Ihr Abschied in dem Massageraum hatte ihn auf eine Weise berührt, die er selbst nicht ganz begreifen konnte – ein ungeläuterter lebenslanger Verbrecher, bekennender Mörder und Nummer-Eins-Geldwäscher der ganzen Welt als mein Schutzbefohlener und Freund? Und so sehr er Luke respektierte, wünschte er doch, Hector hätte das Feld nicht just am Vorabend der Schlacht für seinen stellvertretenden Kommandeur räumen müssen.
    Aber inmitten dieses Ungewitters handelte er doch nach exakt denselben Maximen, wie wenn er in der Wand hing und das Seil riss: Ruhe bewahren, Risiken abwägen, sich der Schwächsten im Trupp annehmen, nach vorn blicken. Und so kauerte er zusammen mit Dimas leiblichen und adoptiertenKindern im Pferdetransporter, wo durch die Latten der Trennwand der unbeugsame Schatten Tamaras zu ahnen war, und blickte nach vorn, so gut es eben ging. Du hast zwei kleine russische Mädchen, zwei halbwüchsige russische Knaben und eine labile russische Frau an der Backe und sollst sie den Berg hinaufschaffen, ohne dass jemand euch sieht. Was machst du? Antwort: Du gehst es an.
    Viktor hatte in einem Rausch der Ritterlichkeit verlangt, Gail begleiten zu dürfen; wohin sie auch ging, er würde mitkommen. Er wolle sich doch bloß vor ihr wichtigmachen, hatte Alexej gestichelt, genauso wie Natascha vor ihrem Vater. Die kleinen Mädchen wollten ohne Gail überhaupt nirgends hin. Sie würden daheimbleiben und das Haus bewachen, bis Gail mit Natascha zurückkam. Bis dahin konnte doch Igor sich um sie kümmern! All diesen Sonderwünschen hatte Perry, der geborene Anführer, geduldig, aber nachdrücklich entgegengehalten:
    »Dima möchte, dass ihr jetzt gleich mitkommt. Nein, es wird eine Überraschung. Das hat er euch doch gesagt. Wo wir hinfahren, das erfahrt ihr, wenn wir ankommen, aber es ist sehr schön dort, und ihr wart noch nie da. Ja, er kommt heute Abend nach. Viktor, du nimmst die beiden Koffer hier, Alexej diese zwei. Nein, abschließen müssen wir nicht, lass nur, Katja. Igor muss jeden Augenblick zurück sein. Und die Katze bleibt hier. Katzen hängen mehr an Häusern als an Menschen. Viktor, wo sind die Ikonen von deiner Mutter? Im Koffer. Gut. Wem gehört dieser Teddy? Na, dann kommt er doch besser mit, oder? Igor braucht keinen Teddy und ihr schon. So, und jetzt wird noch mal aufs Klo gegangen, egal, ob ihr müsst oder nicht.«
    Nach dem Einsteigen waren die Mädchen erst stumm und dann schlagartig laut und aufgekratzt, hauptsächlich wegen Ollie und seinem großen schwarzen Schlapphut, den er feierlich vor ihnen gezogen hatte, als er sie in seine Staatskarosse klettern ließ. Alle mussten schreien, um sich durchden Lärm verständlich zu machen. Klapperige Pferdetransporter sind nicht schalldicht.
    »Wo fahren wir hin?«, schrien die Mädchen.
    »Nach Eton, kotz-würg« – Victor.
    »Geheimnis« – Perry.
    »Wem sein Geheimnis?« – die Mädchen.
    »Dimas, du Dämlack« – Viktor.
    »Wie lang ist Gail weg?«
    »Das weiß ich nicht. Das hängt von Natascha ab« – Perry.
    »Sind sie vielleicht schon vor uns da?«
    »Eher nicht« – Perry.
    »Warum können wir nicht hinten rausschauen?«
    »Weil es gegen die Schweizer Gesetze verstößt!«,

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