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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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die Shipwreck Bar an und bestellte eine Dose Ginger-Ale, an der er sich die folgenden zwei Stunden festhielt, fuhr sie fort, um das Heft nicht aus der Hand zu geben. Der Mann mit der Schottenmütze – ein Vetter laut Mark, einer der zahlreichen Vettern aus Perm, der Stadt des Permafrosts – kletterte trotz seiner Leibesfülle die wackligen Stufen des Bademeisterturms hinauf, zog aus seiner Buckskin-Westeeinen Gummiring hervor, blies ihn auf und schob ihn sich unters Gesäß, Hämorrhoiden vermutlich. Die beiden kleinen Mädchen, in gebührendem Abstand gefolgt von der üppigen Elspeth mit ihrem prallvollen Korb, gingen die sandige Böschung hinunter zu der Stelle, wo Perry und Gail ihr Lager aufgeschlagen hatten, mitsamt Hüpfball und Krokodil.
    »Sie gingen «, wiederholt Gail, eigens für Yvonne. »Kein Hüpfen, kein Hopsen, kein Juchzen. Sie gingen , und zwar genauso glupschäugig und leichenbittermäßig wie schon auf dem Tennisplatz. Irina mit Daumen im Mund und einem Riesenflunsch im Gesicht, Katja mit einer Stimme, die ungefähr so freundlich klang wie die Zeitansage im Telefon: ›Wollen Sie mit uns schwimmen, bitte, Miss Gail?‹ Worauf ich sagte – um die Stimmung ein bisschen aufzulockern, nehme ich an –: ›Miss Katja, es ist Mr Perry und mir eine Ehre, mit euch schwimmen zu gehen.‹ Also sind wir geschwommen. Nicht wahr?« – dies zu Perry, der zustimmend nickte und schon wieder die Hand auf ihre legte, entweder zum Zeichen der Unterstützung oder um sie zu bremsen, ganz konnte sie es nicht deuten, aber hinaus lief es auf das Gleiche: Sie musste die Augen schließen und ein paar Sekunden verstreichen lassen, ehe sie weiterreden konnte, in einem neuerlichen Wortschwall:
    »Es war eine einzige Inszenierung. Wir wussten, dass es eine war. Die Kinder wussten, dass es eine war. Aber wenn je zwei Mädchen eine Runde Plantschen mit Krokodil und Hüpfball nötig hatten, dann diese zwei, oder, Perry?«
    »Unbedingt«, bestätigt Perry mit Nachdruck.
    »Jedenfalls packte Irina meine Hand und führte mich quasi ab in die Wellen. Katja und Perry kamen mit dem Krokodil hinterher. Und die ganze Zeit über dachte ich: Wo um Himmels willen sind ihre Eltern, und warum machen wir das alles und nicht sie? Ich wollte Katja nicht direkt danach fragen. Ich hatte wohl schon so eine Ahnung, dasses die falsche Frage sein könnte. Scheidung, irgendwas in der Art. Also fragte ich sie, wer denn der nette Herr mit der Mütze sei, der auf der Leiter. Onkel Wanja, sagt Katja. Ah, sage ich, und wer ist Onkel Wanja? Antwort: Ach, ein Onkel. Aus Perm? Ja, aus Perm. Keinerlei weitere Erklärung. So wie: Wir gehen nicht mehr in Rom zur Schule. Irgendein Fußfehler bis hierher, Perry?«
    »Alles bestens.«
    »Dann mach ich weiter.«
    * * *
    Eine Zeitlang tun Sonne und Meer das ihre, fährt sie fort: »Die Mädchen plantschen und spritzen herum, und Perry ist ein Bild für die Götter als der mächtige Poseidon, der aus den Fluten auftaucht und seine Seeungeheuer-Grunzer ausstößt – nein, ganz ehrlich, Perry, du warst großartig, gib’s zu.«
    Dann taumeln sie erschöpft ans Ufer, wo schon Elspeth wartet, um die Mädchen abzutrocknen, anzuziehen, einzucremen.
    »Aber buchstäblich in Sekunden sind sie wieder da und hocken am Rand meines Handtuchs. Und ein einziger Blick auf ihre Gesichter zeigt mir, dass die düsteren Schatten nicht weg sind, sie hatten sich nur versteckt. Also gut, denke ich: Brause und ein Eis. Perry, so was ist Männersache, sage ich zu ihm, walte deines Amtes. Stimmt’s, Perry?«
    Brause? , wiederholt sie für sich. Warum klinge ich schon wieder wie meine bescheuerte Mutter? Wahrscheinlich weil ich selber eine gescheiterte Schauspielerin mit einer Gießkannenstimme bin, die immer durchdringender wird, je länger ich spreche.
    »Stimmt«, bekräftigt Perry verspätet.
    »Also zieht er los, um sie zu besorgen. Walnuss-Karamell-Waffeln für alle, Ananassaft für die Mädchen. Aber alsPerry es auf seine Rechnung setzen lassen will, sagt ihm der Barmann, dass alles bereits bezahlt ist. Und von wem?«, quasselt sie mit der gleichen falschen Fröhlichkeit weiter, »von Wanja! Von dem ach-so-gütigen fetten Onkel mit der Schottenmütze oben in seinem Ausguck! Aber was Perry ist, dem kommt so was nicht in die Tüte, hab ich recht?«
    Abwehrendes Schütteln des schmalen Kopfes, zum Zeichen, dass er beide Hände fürs Seil braucht, aber die Botschaft vernommen hat.
    »Er hat eine krankhafte Abneigung dagegen, sich

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