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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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verhalten.
    Erst als Perry mit dem Aufschlag an der Reihe war, begann sein wahres Können sich zu zeigen. Sein erster Ball war hoch und kraftvoll, und er schlug ein wie eine Bombe. Nummer zwei, drei und vier genauso. Die Zuschauerschar wuchs,die Spieler waren jung und gutaussehend, die Balljungen entwickelten ganz neue Energien. Gegen Ende des ersten Satzes kam Mark der Pro angeschlendert, um nach dem Rechten zu sehen, blieb für drei Spiele und kehrte mit gedankenvoll gerunzelter Stirn in seinen Laden zurück.
    Nach einem langen zweiten Satz stand es eins beide. Im dritten und letzten Satz führten Perry und Gail 4 zu 3 . Gail hätte die anderen gern noch mal rankommen lassen, doch bei Perry gab es kein Halten mehr, und das Spiel endete, ohne dass das indische Paar noch einen Ballwechsel hätte gewinnen können.
    Die Menge zerstreute sich. Die vier blieben noch etwas, tauschten Komplimente aus, vereinbarten ein Rückspiel – und vielleicht sah man sich ja später auf einen Drink in der Bar? Unbedingt! Die Inder zogen ab, Perry und Gail packten ihre Ersatzschläger und die Pullover ein.
    Sie waren fast fertig, da kehrte der australische Pro auf den Platz zurück, im Schlepptau einen muskulösen Kahlkopf mit enormem Brustkorb und sehr aufrechter Haltung, der eine brillantenfunkelnde goldene Rolex trug und dazu eine graue Trainingshose mit Zugband, das vor dem Bauch zu einer Schleife gebunden war.
    * * *
    Weshalb Perry die Schleife eher bemerkte als die restliche Erscheinung des Mannes, ist leicht erklärt. Er vertauschte gerade seine betagten, aber bequemen Tennisschuhe gegen ein Paar Strandschuhe mit Hanfsohle, und als er seinen Namen hörte, stand er noch vornübergebeugt. Daher hob er seinen langen Kopf so langsam, wie es die Art großer, knochiger Männer ist, und registrierte als Erstes ein Paar Lederespadrilles an nackten, fast frauenhaft kleinen Füßen, so breitbeinig in den Boden gepflanzt wie Seeräuberstiefel,dann zwei stämmige, in graues Trikot gehüllte Waden und darüber die Schleife, die die Hose an ihrem Platz hielt, doppelt gebunden, wie es ratsam war bei einer Schleife, der solch immense Verantwortung zukam.
    Und über der Buglinie einen gewaltigen, in feinste tiefrote Baumwolle gehüllten Rumpf, bei dem der Bauch nahtlos in den Brustkorb überging, gekrönt von einem Russenkragen, der in zugeknöpftem Zustand der vereinfachten Version eines priesterlichen Kollars entsprochen hätte, nur hätte er dann niemals um den dicken Hals gereicht.
    Und über dem Kragen ein faltenloses Gesicht – seelenvolle braune Augen, bittend hochgezogene Brauen –, das sich auffordernd schräglegte: das Lächelgesicht eines Delphins. Seine Faltenlosigkeit verlieh ihm nichts Unerfahrenes, im Gegenteil, Perry, dem Freiluft-Abenteurer, schien es sogar ein besonders markantes Gesicht. Vom Leben geformt , wie er es später gegenüber Gail nannte – noch so ein Prädikat, nach dem er für sich selber strebte, aber das er trotz mannhaften Einsatzes noch nicht für sich in Anspruch nehmen mochte.
    »Perry, gestatten Sie mir, Ihnen meinen guten Freund und Stammkunden Mr Dima aus Russland vorzustellen«, sagte Mark noch eine Spur salbungsvoller als sonst. »Dima fand, dass Sie da vorhin ein fabelhaftes Spiel hingelegt haben, nicht wahr, Sir? Als ein großer Kenner und Liebhaber des Tennissports hat er Ihnen mit dem höchsten Genuss zugeschaut, das darf ich doch so sagen, Dima, oder?«
    »Ein Match, ja?« Dima fragte es, ohne die bittenden braunen Augen von Perry abzuwenden, der mittlerweile in seiner vollen, ungelenken Größe über ihm aufragte.
    »Hallo«, sagte Perry atemlos und streckte die verschwitzte Hand aus. Die von Dima war erstaunlich zart, aber gepolstert; in den zweiten Daumenknöchel war ein Kreuzchen oder Sternchen tätowiert. »Und das ist Gail Perkins, meineKomplizin bei dieser Schandtat hier«, fügte er hinzu, um das Tempo ein wenig zu drosseln.
    Aber bevor Dima etwas erwidern konnte, schnaubte Mark schon in katzbuckelnder Empörung. » Schandtat , Perry?«, protestierte er. »Glauben Sie dem Mann kein Wort, Gail! Sie haben Ihre Sache super gemacht, und das meine ich ernst. Ein paar von diesen Rückhandpassierschlägen waren erste Sahne, stimmt’s, Dima? Das haben Sie selbst gesagt. Wir haben vom Shop aus zugeschaut. Videoüberwachung.«
    »Mark sagt, Sie spielen Queen’s«, sagte Dima, sein Delphinlächeln unverändert auf Perry gerichtet, die Stimme tief und kehlig mit einem entfernten amerikanischen

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