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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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Mensch Ihres Schlages haben Sie den Drang, Gail nur ja aus diesem Minenfeld herauszulotsen, und zwar ein für alle Mal. Ihnen ist außerdem klar, wenn ich mich nicht sehr irre, dass Sie ganz persönlich, einfach weil Sie sich Dimas Angebot angehört und an uns übermittelt haben und von ihm zum Schiedsrichteroder Beobachter oder was immer bestimmt worden sind – dass Sie dadurch nach den Wory-Regeln, also in den Augen derjenigen, die Dima ans Messer liefern will, ein legitimer Kandidat für die Höchststrafe sind. So weit richtig?«
    Richtig.
    »Bis zu welchem Grade Gail als möglicher Kollateralschaden anzusehen ist, bleibt dahingestellt. Auch das haben Sie sicher bedacht.«
    Ebenfalls richtig.
    »Dann rekapitulieren wir doch mal die großen Fragen. Große Frage Nummer eins: Sind Sie, Perry, moralisch dazu berechtigt, Gail über die Gefahr im Unklaren zu lassen, in der sie sich befindet? Ich würde sagen, nein . Und wenn sie einmal im Bilde ist, große Frage Nummer zwei: Sind Sie moralisch dazu berechtigt, ihr die Entscheidung darüber abzunehmen, ob sie an Bord kommen will oder nicht? So, wie ihr die Kinder am Herzen liegen – von ihren Gefühlen für Sie ganz zu schweigen? Ich würde auch wieder sagen, nein, aber das können wir nachher noch ausdiskutieren. Und Frage Nummer drei, die müssen wir stellen, obwohl sie ziemlich haarsträubend ist: Juckt es Sie, Perry, juckt es Gail, juckt es Sie beide als Paar, was so richtig Scheißgefährliches für Ihr Land zu tun, für letztlich keinen anderen Lohn als das, was man so schön die Ehre nennt, und nie, nie, nie damit angeben zu dürfen, nicht mal vor Ihren Liebsten und Nächsten, weil wir Sie sonst wie Furien bis ans Ende der Welt verfolgen werden?« Er ließ eine Pause, damit Perry antworten konnte, und als Perry stumm blieb, fuhr er fort:
    »Sie sind aktenkundig als jemand, nach dessen Meinung unsere schöne grüne Insel dringend vor sich selbst gerettet werden muss. Dieser Meinung bin ich auch. Ich habe die Seuche studiert, ich bin drin gewesen in dem Sumpf. Es ist meine begründete Überzeugung, dass wir, als die große Nationvon einst, an Kollektivfäulnis von der Spitze abwärts leiden. Und das ist nicht nur die Ansicht eines tattrigen alten Knackers. Eine Menge Leute in meinem Dienst geben sich alle Mühe, die Dinge nicht schwarzweiß zu sehen. Nicht, dass ich mit ihnen viel gemeinsam hätte. Ich bin ein spätberufener Radikaler mit Schaum vor dem Mund. Können Sie mir folgen?«
    Widerstrebendes Nicken.
    »Was Dima Ihnen bietet – und was ich Ihnen biete –, ist die ganz große Chance, etwas zu tun, statt nur herumzutönen. Und was machen Sie? Zerren an der Leine, aber geben nicht zu, dass Sie an der Leine zerren, was ich persönlich als etwas verlogen empfinde. Deshalb meine ganz entschiedene Empfehlung: Rufen Sie Gail jetzt an, erlösen Sie sie aus der Ungewissheit, und wenn Sie nach Primrose Hill zurückkommen, setzen Sie sie über alles in Kenntnis, über jedes noch so kleine Detail, das Sie ihr bis jetzt vorenthalten haben. Dann kommen Sie mit ihr morgen um neun wieder hierher. Heute um neun, sollte ich wohl sagen. Ollie holt Sie ab. Dann unterzeichnen Sie beide ein noch drakonischeres und unleserlicheres Dokument, als Sie heute schon unterzeichnet haben, und wir erzählen Ihnen so viel vom Rest der Geschichte, wie wir können, ohne dass es Ihnen die Petersilie verhagelt, falls Sie sich wirklich nach Paris wagen – und so wenig, wie Sie es uns durchgehen lassen, wenn Sie sich dagegen entscheiden. Sollte es Gail lieber sein, sich hinter Rechtseinwänden zu verstecken, dann ist das ihre Sache, aber ich wette mit Ihnen hundert zu eins, dass sie bis zum bitteren Ende an Bord bleibt.«
    Perry hob nun endlich doch den Kopf.
    »Wie?«
    »Was, wie?«
    » Wie sollen wir England retten? Wovor? Gut, vor sich selbst. Vor welchem Teil seiner selbst?«
    Jetztwar es Hector, der erst nachdenken musste. »Da muss Ihnen unser Wort reichen.«
    »Das Wort Ihres Dienstes?«
    »Fürs Erste, ja.«
    »Was nützt mir das? Seid ihr nicht die Gentlemen, von denen es heißt, sie lügen, um ihrem Land zu dienen?«
    »Das sind die Diplomaten. Wir sind keine Gentlemen.«
    »Dann lügt ihr eben, um eure Haut zu retten.«
    »Das sind die Politiker. Welten dazwischen.«

8
    An einem sonnigen Sonntagmittag, zehn Stunden nachdem Perry Makepiece nach Primrose Hill zurückgekehrt war, um sich mit Gail auszusöhnen, erhob sich Luke Weaver in seinem überteuerten roten Reihenhaus am

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