Verr�ter wie wir
Herzchen.«
Zu kurzer Schwenk auf einen schönen bärtigen Jüngling in weißem Glitzersmoking, der gestenreich mit zwei juwelenbehängten Matronen parliert.
»Das neueste Spielzeug von Karl dem Kleinen«, verkündet Hector. »Von einem Madrider Gericht letztes Jahr wegen schwerem Raub zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, aber dank Karl aufgrund eines Verfahrensfehlers freigekommen. Seit kurzem im Aufsichtsrat der Arena-Unternehmensgruppe, derselben, der auch die Jacht des Prinzen gehört – ah, hier ist jemand, den wir uns anschauen müssen«– ein Tastenklick –, »Doktor Evelyn Popham aus der Mount Street, Mayfair, von seinen Freunden kurz Bunny genannt. Jurastudium in Neuchâtel und Manchester. Anwaltszulassung in der Schweiz, Höfling und Zuhälter der Surreyer Bonzen-Clique und einziger Partner seiner eigenen florierenden Kanzlei im West End. Völkerrechtler, Lebemann, verdammt guter Jurist. Ein Schlitzohr vor dem Herrn. Wo ist seine Website? Moment, ich hab’s gleich. Nein, lassen Sie, Luke. Ah, hier. Kommt schon.«
Und während Hector fummelt und grummelt, schmunzelt vom Plasmabildschirm Dr. Nennt-mich-ruhig-Bunny Popham geduldig auf sein Publikum herab. Er ist ein vergnügter, molliger Herr mit Pausbacken und Koteletten, der aussieht wie einem Beatrix-Potter-Buch entstiegen. Erstaunlicherweise ist er im Tennisdress und hält neben seinem Schläger auch noch eine attraktive Tennispartnerin im Arm.
Von der Homepage der Popham-minus-Kollegen-Website, die schließlich tatsächlich erscheint, blickt dasselbe fröhliche Gesicht; wohlgemut lächelt es über einem quasi-königlichen Wappen hervor, das die Waage Justizias zeigt. Darunter ist des Doktors Firmenphilosophie zu lesen:
Unser hochspezialisiertes Expertenteam bietet unter anderem:
– erfolgreiche Wahrung der Rechte führender Persönlichkeiten aus der internationalen Banken- und Unternehmenswelt gegen Ermittlungen des Betrugsdezernats
– erfolgreiche Vertretung hochstehender internationaler Mandanten in Fragen der Offshore-Rechtsprechung und Durchsetzung ihres Schweigerechts vor internationalen wie auch britischen Untersuchungsausschüssen
– erfolgreiche Niederschlagung von lästigen behördlichen Nachforschungen, Steuerfahndungen sowie Anklagen wegen unbotmäßiger oder illegaler Zahlungen an Leute mit Einfluss.
» Aber Tennis spielen«, knurrt Hector, und weiter geht’s in seiner Schurkengalerie, im selben Höllentempo wie zuvor.
* * *
In schnellem Lauf jagen wir durch die Sportclubs von Monte Carlo, Cannes, Madeira und der Algarve. Wir jetten von Biarritz nach Bologna. Wir versuchen Schritt zu halten mit Yvonnes Untertiteln und dem dazugehörigen Bilderkarussell, zusammencollagiert aus diversen Gesellschaftsmagazinen, aber es ist schwer, wenn man nicht wie Luke schon im Voraus weiß, worauf man zu achten hat.
Doch so rasant Gesichter und Orte unter Hectors launischer Regie auch wechseln, so viele Reiche und Schöne in topmodernem Tennisdress auch an uns vorüberflitzen, fünf Spieler tauchen immer wieder auf:
– der verschmitzte Bunny Popham, Fachanwalt für die Niederschlagung von lästigen behördlichen Nachforschungen und Anklagen wegen illegaler Zahlungen an Leute mit Einfluss
– der bornierte Ehrgeizling Aubrey Longrigg, Exspion, Parlamentarier und Campingurlauber, mit seiner mildtätigen blaublütigen neuen Gattin
– der Minister in spe und designierte Experte für Bankenethik
– der charmante, polyglotte Gesellschaftslöwe Emilio Dell’Oro, Autodidakt, Eigenkreation, Schweizer Staatsbürger und weltenbummelnder Finanzier, der, so verrät ein eingescannter Zeitungsausschnitt dem, der schnell genug lesen kann (obwohl Dell’Oro dank einem technischen Aussetzer übergebührlich lange im Bild bleibt), süchtig nach »Adrenalinsport jedweder Art« ist, »ob Hochgeschwindigkeitstennis, Bareback-Reiten im Ural, Heli-Skiingin Kanada oder Aktien-Jonglieren in Moskau« – und, zum guten Schluss:
– der weltmännische Patrizier und PR -Maestro Captain a. D. Giles de Salis von der Royal Navy, Drahtzieher und Kenner korrupter Peers – oder in Hectors Worten »einer der miesesten Schleimscheißer in Westminster«.
Licht an. Neuer USB -Stick. Ein Thema, ein Stick, so lautet die Regel. Hector trennt gern zwischen den einzelnen Geschmacksrichtungen. Zeit für einen Abstecher nach Moskau.
10
Hector hüllt sich zur Abwechslung einmal in Schweigen: Von seinen leidigen Technikerpflichten erlöst, lehnt er sich im Stuhl zurück und
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