Verr�ter wie wir
würde« – die Ausrede, die sie beim Mitternachts-Malt mit Luke und Ollie ausgeheckt haben.
Dima starrt enttäuscht von einem zum anderen, während er seine Gedanken in eine neue Ordnung bringt.
Unruhe in den Reihen hinter ihm: Können wir irgendwann weitergehen?
Der Gearschte hat immer den Schwarzen Peter …
Lösung!
»Dann hörst du, Professor, okay? Hörst du« – sein Finger bohrt sich in Perrys Brust –, » okay? «, wiederholt er mit bedrohlichem Nicken. » Nach dem Spiel. Hörst du? Gleich wenn gottverdammtes Spiel aus ist, ihr kommt zu uns zu VIP .« Mit Schwung dreht er sich zu Gail um: Wehe, sie torpediert seinen großartigen Plan. »Okay, Gail? Sie bringen diesen Professor zu VIP . Und trinken Champagner mit uns. Ist noch nicht zu Ende hier, wenn das Match aus ist. Kommen noch Reden, Präsentationen, lauter Scheißkram. Federergewinnt, oder? Sollen wir wetten, fünftausend Dollar, okay? Drei zu eins, er gewinnt. Vier zu eins.«
Perry lacht. Wenn er einen Gott hätte, dann wäre dieser Gott Federer. Vergessen Sie’s, Dima, sagt er. Nicht mal bei hundert zu eins. Aber so leicht kommt er nicht davon.
»Und wir machen morgen Revanche, Professor, hörst du?« – der Finger pickt immer noch auf Perrys Brust ein – »Schick ich wen nach dem Match, dass er geht und euch holt, kommt ihr zu uns in VIP und wir machen Revanche aus, kein Schwuchteltennis, okay? Und ich mach dich platt, kriegst Massage nachher. Wirst du brauchen, Massage. Okay?«
Perry bleibt keine Zeit für weitere Einwände. Aus dem Augenwinkel sieht Gail, wie sich der Reiseleiter mit dem silbrigen Haar und dem roten Regenschirm aus der Gruppe löst und sich Dimas ungeschütztem Rücken nähert.
»Wollen Sie uns nicht mit Ihren Freunden bekanntmachen, Dima? Sie können doch eine so schöne Dame nicht einfach für sich behalten«, sagt eine samtweiche, vorwurfsvolle Stimme in lupenreinem Englisch mit schwachem italienischem Beiklang. »Dell’Oro«, stellt er sich vor. »Emilio Dell’Oro. Ein alter Bekannter von Dima, noch aus grauer, grauer Vorzeit. Sehr erfreut.« Und er schüttelt ihnen beiden die Hand, erst die von Gail, mit einem galanten Neigen des Kopfes, dann die von Perry, ohne Kopfneigen, was ihr einen Tanzstunden-Casanova namens Percy ins Gedächtnis ruft, der sie als Siebzehnjährige ihrem besten Freund ausspannen wollte, um sie dann fast auf der Tanzfläche zu vergewaltigen.
»Und ich bin Perry Makepiece, und das ist Gail Perkins«, sagt Perry. Und in einem saloppen Nachsatz, der Gail schwer beeindruckt: »Keine Angst, ich bin eigentlich gar kein Professor. Das sagt Dima nur, um mir mein Tennis zu verleiden.«
»Dann willkommen im Stade Roland Garros, Gail Perkinsund Perry Makepiece«, erwidert Dell’Oro mit einem Strahlen, das, so Gails Verdacht, niemals aus seinem Gesicht weicht. »Welche Freude, dass wir das Vergnügen haben werden, Sie nach dem historischen Match noch bei uns zu begrüßen. Wenn es zum Match kommt«, fügt er mit theatralisch emporgereckten Händen und einem anklagenden Blick in den grauen Himmel hinzu.
Aber das letzte Wort behält Dima.
»Ich schick wen, dass er euch holt, okay, Professor? Nicht mir abhauen! Und morgen ich mach dich platt. Ich lieb diesen Burschen, hört ihr?«, ruft er der blasierten Armani-Gang zu, die mit verwässertem Lächeln hinter ihm versammelt steht, und nachdem er Perry ein letztes Mal trotzig an seine Brust gezogen hat, kehrt er zu ihnen zurück, und die Gruppe schlendert weiter.
12
Während sie und Perry ihre Plätze in der zwölften Reihe der Westtribüne einnehmen, betrachtet Gail ungläubig die Musiker der Garde Républicaine mit ihren blitzenden Helmen, roten Kokarden, hautengen weißen Beinkleidern und schenkelhohen Stiefeln, die ihre Pauken wummern lassen und ein letztes Mal in ihre Hörner stoßen, ehe der Kapellmeister sein hölzernes Podest besteigt, die weißbehandschuhten Hände über den Kopf hebt, die Finger spreizt und damit flattert wie ein Modeschöpfer. Perry sagt etwas zu ihr, aber er muss es wiederholen. Sie dreht ihm das Gesicht zu und lehnt den Kopf dann an seine Schulter, um sich zu beruhigen, denn sie zittert. Aber Perry zittert ja auch, auf seine Weise, sie fühlt den Pulsschlag in seinem Körper, tief und dumpf.
»Ist das hier das Herrenfinale im Einzel oder die Schlacht von Borodino?«, ruft er übermütig und deutet auf die napoleonischen Truppen. Jetzt hat sie verstanden, sie lacht laut auf und drückt seine Hand, um sie beide auf den
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