Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
davor gewarnt, als Zeugin aufzutreten, so kurz nachdem …«
»Pinkie!«, wiederholte Kari scharf und zeigte dadurch wieder einen Funken Leben, obwohl sie kurz vor dem Zusammenbrechen war.
»So kurz nachdem …?« Hunter folgte ihnen durch den Raum.
Pinkie öffnete die Tür und bedachte ihn mit einem letzten nachdenklichen Blick. Der Kerl hatte Kari durch die Hölle gehen lassen. Trotzdem sah er wie ein anständiger
Mann aus. Vielleicht würde es sich lohnen, ihm ein paar Gewissensbisse zu verursachen. »So kurz nach ihrer Fehlgeburt«, erklärte er über Karis Protest hinweg. »Sie hat vor drei Tagen ihr und Thomas Wynnes Kind verloren.«
Sprachlos blickte Hunter ihnen hinterher und wurde von Pinkie mit einem wissenden Blick bedacht, bevor er die Bürotür schloss. Er bohrte sich die Handballen in die Augenhöhlen, belegte sich selbst mit einem üblen Kraftausdruck, wiederholte ihn noch einmal lauter und schlug, während er vor Wut über das Schicksal brüllte, mit der Faust gegen die nächste Wand.
Pinkie trottete auf Socken – eine mit einem riesengroßen Loch am großen Zeh – zur Wohnungstür. Sein Hemd hing über seiner Hose, in seinem Mundwinkel steckte eine Zigarette, und er hielt ein Glas Whiskey in der Hand.
Er öffnete die Tür, starrte den Besucher an und stellte schließlich fest: »Eins muss man Ihnen lassen. Sie haben wirklich Mumm.«
»Darf ich hereinkommen?«
»Das ist nicht meine Wohnung.«
»Darf ich trotzdem reinkommen?«
Pinkie stärkte sich mit einem weiteren Schluck Scotch und starrte sein Gegenüber weiter an.Vielleicht lag es an dem Strauß gelber Rosen, den er in den Händen hielt. Oder vielleicht an den unübersehbaren Zeichen der Erschöpfung in seinem Gesicht oder an den tiefen Furchen links und rechts von seinem Mund. Aus welchem Grund auch immer hatte Pinkie plötzlich
Mitleid mit dem armen Kerl. Deshalb trat er zur Seite und lud Hunter McKee in Karis Wohnung ein.
Der Staatsanwalt drehte sich zu ihm um und fragte ohne große Vorrede: »Wie geht es ihr?«
»Nicht wirklich super, aber es wird sicher wieder werden. Der Arzt hat ihr erklärt, entweder sie bliebe zwei Wochen daheim im Bett oder einen Monat im Krankenhaus.«
Hunter musste sichtlich schlucken. »Geht es ihr so schlecht?«
»Sie leidet an geistiger und körperlicher Erschöpfung, Anämie und Unterzuckerung.«
Ohne dass ihn Pinkie dazu aufgefordert hätte, ließ sich Hunter in den nächsten Sessel fallen und starrte reumütig den Boden zwischen seinen Füßen an. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er wieder aufblickte und sagte: »Ich hatte ja keine Ahnung von der … Krankheit. Ich schwöre, ich wollte ihr nicht weh tun.«
Noch am Morgen hätte Pinkie diesen Mann am liebsten umgebracht. Aber jetzt … verdammt, er glaubte ihm. Im Gerichtssaal mochte er ein Teufel sein, doch er hatte Kari sicher nicht absichtlich weh getan. Trotzdem galt Pinkies Loyalität in erster Linie ihr, und er ließe diesen Kerl ganz sicher nicht so leicht davonkommen. »Wollen Sie was trinken?«, knurrte er.
Hunter blickte ihn mit einem etwas schiefen Grinsen an. »Ja, bitte.« Dann legte er die gelben Rosen auf dem Couchtisch ab und knöpfte seine Jacke auf.
Pinkie füllte ein Glas mit Scotch, verzichtete auf Wasser oder Eis und hielt es Hunter hin.
Der Mann leerte das Glas mit einem Zug, ohne dass
er wusste, dass er dadurch ungemein an Ansehen gewann. Typen, die an ihren Gläsern nippten, hatte Pinkie jedenfalls noch nie gemocht.
»Wohnen Sie … uh … mit ihr zusammen?« Hunter drehte das leere Glas in seiner Hand.
Pinkie ließ sich von dem gleichmütigen Ton nicht täuschen. Man könnte beinahe meinen, der Mann wäre eifersüchtig, dachte er. Verdammt. Er war eindeutig eifersüchtig, eine andere Erklärung gab es nicht.
Jetzt trat er mit der Flasche vor den ungebetenen Gast und schenkte Hunter noch mal nach. »Nein, ich wohne nicht mit ihr zusammen. Bonnie und ich sind nach der Arbeit hergekommen, um ihr was zu essen vorbeizubringen und zu sehen, wie es ihr geht.«
»Ist Bonnie Ihre Frau?«, fragte Hunter ihn in hoffnungsvollem Ton.
Pinkie verschluckte sich an seinem Drink. »Gott bewahre. Sie arbeitet beim Sender, und wir hängen ab und zu zusammen rum. Kari mag sie und vertraut ihr. Sie ist gerade bei ihr und hilft ihr, sich bettfertig zu machen.«
»Verstehe.« Hunter war das Unbehagen deutlich anzusehen. Er hatte den ganzen Nachmittag lang überlegt, ob er sie besuchen kommen sollte oder nicht. Schließlich
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