Verruchte Lady
wirklich dumm, daß sie ihn in diesem Punkt hatte anlügen müssen. Aber sie hatte keine andere Wahl gehabt. Sie konnte ihm einfach nicht die Wahrheit sagen. »Das war sehr clever von Ihnen.«
»Es war nötig«, sagte er. »Wir sind noch nicht miteinander fertig. Wie Sie sich vielleicht erinnern, hatten Sie es in jener Nacht sehr eilig.«
Phoebe musterte den strengen Knoten seiner Krawatte. »Ich nehme an, Sie verzeihen mir meine Eile, Mylord. Ich war ziemlich erregt. Das Abenteuer war schließlich gänzlich anders verlaufen, als ich es geplant hatte.«
»Das haben Sie mir deutlich zu verstehen gegeben. Weder das Abenteuer noch ich hatten offensichtlich Ihre Erwartungen erfüllt.«
»Nun, um ehrlich zu sein, nein.«
»Vielleicht hatten Sie einfach zu viel erwartet?« schlug Gabriel vor.
»Vielleicht.« Sie wünschte sich, sie könnte seine Augen und seinen Gesichtsausdruck sehen. Sein Ton verriet nichts von seiner Stimmung, aber sie spürte eine grimmige Anspannung. Es war, als bereite er sich auf eine Schlacht vor. »Vielleicht aber auch nicht. Darf ich fragen, weshalb Sie sich die Mühe gemacht haben, mich zu finden?«
»Ich hätte gedacht, die Antwort auf diese Frage wüßten Sie bereits. Ich habe etwas für Sie.«
Phoebe hielt den Atem an. »Sie haben Der Ritter und der Zauberer gefunden?«
»Ich sagte Ihnen doch, daß ich Ihnen das Buch zurückholen würde.«
»Ja, ich weiß, aber ich hätte mir niemals träumen lassen, daß Ihnen das wirklich gelingen würde.«
»Ihr großes Vertrauen in meine ritterlichen Fähigkeiten ist wirklich schmeichelhaft.«
Sie ignorierte seinen Sarkasmus. »Mylord, das ist wirklich aufregend. Wie haben Sie den Straßenräuber gefunden? Wie haben Sie ihn dazu gebracht, Ihnen das Manuskript zu geben?« Phoebe blinzelte, als ihr ein Gedanke kam. »Sie mußten ihn doch nicht etwa erschießen, oder?«
»Nein. Mr. Nash und sein Sohn waren durchaus kooperativ.«
Phoebe blieb der Mund offenstehen. »Mr. Nash? Er war derjenige, der uns das Manuskript gestohlen hat?«
»Anscheinend ertrug er es einfach nicht, das Buch fortzugeben. Aber er brauchte unbedingt Geld. Also haben er und sein Sohn einen Plan ausgeheckt, wie sie sowohl das Manuskript als auch das Geld bekommen könnten. Der hilfsbereite Egan hat dann die Rolle des Straßenräubers übernommen.«
»Gütiger Himmel.« Phoebe runzelte die Stirn. »Eigentlich war es ein recht cleverer Plan, und ich kann Mr. Nash gut verstehen. Es muß ihm wirklich schwergefallen sein, das Manuskript zu verkaufen. Wie sind Sie den beiden nur auf die Schliche gekommen?«
»Ich dachte, es sei ein etwas eigenartiger Zufall, daß wir kaum zehn Minuten, nachdem wir Nashs Cottage verlassen hatten, ausgeraubt wurden. Außerdem zeigte der Straßenräuber kein allzu großes Interesse an unseren Geldbeuteln, aber den Kasten mit dem Manuskript wollte er unbedingt haben.«
»Das stimmt.« Phoebe riß die Augen auf. »Sie wußten also sofort, wer der Straßenräuber war?«
»Ich hatte so eine Vermutung.«
»Wie brillant von Ihnen.« Phoebe war voll der Bewunderung. »Kein Wunder, daß Sie dann keinen Widerstand geleistet haben. Sie wußten genau, wo Sie das Manuskript wiederbekommen würden. Mylord, ich nehme all die unfreundlichen Dinge zurück, die ich über Sie gesagt habe.«
»Es erleichtert mich, daß ich in Ihren Augen als Ritter kein totaler Versager bin.«
Phoebe merkte, daß sie seinen Stolz verletzt hatte. Sie berührte ihn leicht am Arm. »Ich versichere Ihnen, daß ich Sie niemals für einen totalen Versager gehalten habe.«
»Ich glaube, Sie haben mich einen Feigling genannt.«
»Ja, nun, meine Stimmung war damals nicht die beste. Ich hoffe doch, daß Sie mir noch einmal verzeihen werden?«
»Warum nicht?« erwiderte Gabriel trocken. »Ich nehme an, Damen, die Ritter mit einer heiligen Mission betrauen, haben das Recht, anspruchsvoll zu sein.«
Phoebe lächelte. »Und ich nehme an, daß Ritter, die darum gebeten werden, Kopf und Kragen zu riskieren, das Recht haben, hin und wieder etwas eigenwillig und reizbar zu sein.«
»Dann sind wir uns ja zumindest in einem Punkt einig.« Gabriel machte einen Schritt auf sie zu und hob ihr Kinn an. Sein kräftiger Schenkel strich dabei über die Seidenröcke ihres Kleides.
Phoebe erschauderte. Seine Berührung weckte all die Gefühle in ihr, die sie in der Nacht auf der Straße verspürt hatte, als sie in seinen Armen lag. Nie zuvor in ihrem Leben war ihr die Nähe eines Mannes so bewußt
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