Verruchte Nächte - One Night with a Spy (03 Royal-Four)
lächerliche Eingebung. Lady Barrowby war trickreich und gewitzt, aber Marcus mochte nicht glauben, dass sie irgendwie mehr war als das. Er weigerte sich, in Betracht zu ziehen, dass sie eine echte Konkurrenz im Kampf um den Sitz des Fuchses war.
»Ich wusste es nicht«, sagte Marcus schließlich. »Ich war es einfach leid, dass Ihr alle um sie herumgeschwärmt seid wie die Motten ums Licht. Das ist ekelhaft. Zeigt ein bisschen Stolz, Mann.«
Er wendete sein Pferd und nahm die weniger benutzte Abzweigung. Er drehte sich um und sah, dass Elliot sich in den Steigbügeln aufgerichtet hatte.
»Ich habe keinen Stolz!«, rief Elliot ihm zu. »Hatte nie welchen und werde nie welchen haben!« Er winkte Marcus unbekümmert hinterher.
Marcus ritt mindestens zwei Meilen im schnellen Galopp, bis die Spannung in seinem Körper endlich nachließ, gemildert vom rhythmischen Schlagen der Hufe auf dem Boden. Er brauchte einen Plan, eine Geheimtür in Lady Barrowbys Vertrauen. Er brauchte Informationen, die über den allgemeinen Klatsch und Tratsch hinausgingen. Als der Weg sich zurück in Richtung Barrowby krümmte, folgte Marcus ihm.
Elliot beobachtete mit zusammengekniffenen Augen, wie Blythe-Goodman davonritt. Der Mann gab vor, einfach nur ein weiterer, nach seinem Glück suchender jüngerer Sohn zu sein, aber Elliot war sich da nicht sicher. Es musste Dutzende von vermögenden Damen geben, die danach lechzten, dass ein so großer, gut aussehender Kerl ihnen den Hof machte.
Und dann dieses Pferd - es war ein sehr edles Tier. Natürlich hatte Elliot auch schon Gentlemen getroffen, denen ein gutes Pferd wichtiger war als ein guter Schneider, aber das kam nicht allzu oft vor.
Und doch schien da sowohl mehr als auch weniger zu sein als diese Äußerlichkeiten, die nicht ganz stimmten. Tatsache war, auch wenn es sich selbst in Elliots Gedanken schon komisch anhörte: Der Kerl hatte ein Auftreten wie ein Lord.
In Gedanken versunken ritt Elliot zurück zum Gasthaus. Auch Lady Barrowby schien schwer beeindruckt. Elliot hatte vorgehabt, die anderen Verehrer in den Schatten zu stellen, und bisher war ihm das ein Leichtes gewesen. Und doch hatten sich in der Sekunde, in der Blythe-Goodman den
Mund aufgemacht hatte, Elliot und der Rest der Verehrer in Luft aufgelöst.
Lady Barrowby hatte sichtlich gestrahlt, erregt durch den Geist des Wettstreits. Verdammt, er hätte selbst auf diese Taktik kommen müssen. Schließlich war das der Beruf, den er sich ausgesucht hatte. Und doch schien nichts nach Plan zu laufen.
Er war in der Hoffnung hierhergekommen, das zu tun, was alle anderen auch taten, nämlich der Witwe Barrowby nahe zu sein. Doch da er sie jetzt ein wenig kennen gelernt hatte, konnte er sie nicht länger als Mittel zum Zweck sehen, sondern hatte angefangen, sie als Frau wahrzunehmen, als eine reizende und amüsante Person.
Er hasste es, wenn das passierte. Jetzt war er gezwungen zu bedenken, welchen Einfluss sein Handeln auf sie haben würde, auf ihre Gefühle und das alles. Er stieß einen tiefen Seufzer aus. Hatte er es denn nicht auch so schon schwer genug?
4. Kapitel
I ch verbringe meine Tage mit Gedanken an meine Nächte...«
Von Tag zu Tag brach die Abenddämmerung früher an. Der Himmel verdunkelte sich, und die Feuer wurden ihrer Wärme wegen angezündet und nicht mehr nur als Dekoration. Ihre Verehrer hatten Barrowby verlassen, aber zum ersten Mal hatte ihre Einsamkeit nichts Tröstliches mehr. Ruhe und Frieden brachten nicht immer ein ruhiges Gemüt mit sich.
Julia bemerkte die Spur aus Blütenblättern, die sie auf dem kostbaren Läufer im Flur hinterlassen hatte; sie stammten von dem Bukett, das Elliot ihr geschenkt und an dem sie auf ihrem Weg nervös herumgezupft hatte.
Enttäuscht schaute sie auf die zerzausten Stängel, die sie noch in der Hand hielt. Oje. Dabei hatte er wahrscheinlich seine letzten Schillinge dafür ausgegeben.
Und daran war nur Mr. Blythe-Goodman schuld!
Sie stopfte das Überbleibsel des Buketts in ihre Tasche und ging weiterhin ruhelos auf und ab. »Das Kleid einer anderen Frau.« Was für ein schrecklicher Satz! Ja, es stimmte, aber darum ging es ja gar nicht. Die derzeitige Lady Barrowby hatte nur farbenprächtige Kleider, denn es hatte Aldus’ nachlassendem Augenlicht gut getan, sie so leuchtend angezogen zu sehen. Sie hatte bei Aldus’ Tod nicht eine Elle graue Seide besessen.
Was töricht gewesen war, denn er hatte seit einiger Zeit im Sterben gelegen. Sie hätte
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