Verruchte Nächte - One Night with a Spy (03 Royal-Four)
Männern erreicht haben, die nicht wie er durch ihre Rivalität beeinträchtigt waren?
Einen kurzen, atemlosen Moment lang sah er seine Zukunft als Protegé des Löwen vor sich. Dienst ohne Macht, Verpflichtung ohne Vorteil, für immer und ewig zweite Wahl.
Er schüttelte sich leicht. Er bewegte sich auf dünnem Eis, denn die Vier sollten nicht nach ihrem eigenen Vorteil trachten. Das war einer der Gründe, warum sie nur aus dem Hochadel gewählt wurden, aus der Klasse der Mächtigen - denn dort war es weniger wahrscheinlich, dass jemand auf sozialen Aufstieg oder finanzielle Kompensation aus war. Es war viel schwieriger, jemanden zu bestechen, der bereits alles besaß.
Und als er das Angebot des Löwen angenommen hatte, hatte er gewusst, dass er sich einem jungen, gesunden Mann verpflichtete, der ihn möglicherweise überleben würde.
Sein Blick richtete sich auf die Quelle seiner Wut. Sie saß da und erlaubte Elliot, ein Lächeln auf ihre Ich-verspeise-Männer-zum-Frühstück-Lippen zu zaubern. Sofort hellte sich ihr Gesicht auf, sie grinste wie ein Wildfang, und aus der zwar außergewöhnlichen, aber unerreichbaren Statue wurde eine warme, umgängliche Frau.
Alle Männer im Raum hielten den Atem an. Marcus fühlte sich, als legte sich eine Eisenklammer um seine Brust, und zwang sich auszuatmen. Der alte Barrowby mochte ihrem Zauber verfallen gewesen sein, aber Marcus war ihr auf die Schliche gekommen. Sie würde schon merken, dass ihre Krallen nichts auf seinem Körper verloren hatten.
Ihr weiches Lachen durchquerte den Raum und kroch unter seine Haut im Nacken. Sein Kopf mochte sich gegen sie wehren, aber sein Körper gehorchte ihm nicht besonders.
Er konnte das Glühen ihrer Schönheit auf seiner Haut spüren wie die Hitze des Kaminfeuers in seinem Rücken. Es war fürchterlich, aber er konnte fühlen, wie er steif wurde.
Er machte ein paar Schritte weg vom Kaminsims - es war da ohnehin viel zu warm - und schlenderte hinüber zum Fenster, um hinaus in die graue Kälte des Tages zu schauen. Vielmehr hatte er das vor, aber sein Blick blieb stattdessen an ihrem Spiegelbild in der Fensterscheibe hängen. Sie saß golden schimmernd im Schein der Lampe. Die Scheibe gab sie zum Glück nicht exakt wider, sodass es Marcus gelang, seinen Körper wieder in den Griff zu bekommen.
Er spielte müßig mit einer Schmuckkassette, die auf einem Beistelltischchen stand, lenkte seine Aufmerksamkeit auf die kunstvollen Intarsien, bis sein Herzschlag sich normalisiert hatte und sich sein Halstuch nicht mehr gar so eng anfühlte. Schließlich fühlte er sich in der Lage, sich wieder der Gruppe im Zimmer zuzuwenden. Als er sich umdrehte, war ihr Blick auf ihn gerichtet. »Ist es Euch zu warm hier drinnen, Mr. Blythe-Goodman?«
Marcus begegnete ihrem neugierigen Blick mit wohldosierter Ruhe. »Keine Sorge, Mylady, ich empfinde die Atmosphäre als äußerst angenehm.«
»Die Atmosphäre ist das schon, aber Ihr nicht.« Auch Elliot schaute ihn neugierig an. »Habt Ihr überhaupt schon mehr als zehn Wörter gesprochen, seit Ihr dieses Haus betreten habt?«
Marcus warf Elliot einen Blick zu. »Gerade eben.«
Lady Barrowby lächelte darüber. Marcus fühlte einen Anflug lächerlichen Stolzes, dass er sie wieder dazu gebracht hatte. Dann wies er das Gefühl weit von sich.
»Mr. Blythe-Goodman, ich muss Euch korrigieren«, sagte sie in leicht spöttischem Ton. »Es waren genau zehn Wörter, nicht ›mehr als zehn‹.«
Die wohldosierte Melodie ihrer Stimme drohte in Marcus
das Verlangen zu wecken, sie immer wieder zu hören. Er konnte jetzt sehr gut verstehen, warum sie ein derartiges Gefolge von ihr ergebenen Verehrern hatte. Sie war eine höchst talentierte Schauspielerin und wusste genau, wie sie jeden einzelnen Mann zu nehmen hatte. Im Augenblick hatte sie es auf Elliot abgesehen.
Marcus brannte darauf zu erfahren, warum das so war.
Du meinst, warum sie Elliot ihre Aufmerksamkeit schenkt und nicht dir?
Also gut, wenn Elliot bereits die Rolle des schmeichelnden, harmlosen Charmeurs eingenommen hatte, dann würde Marcus eben die des arroganten Herausforderers übernehmen.
Er verneigte sich. »Sehr gut. Ich beuge mich Euren überlegenen mathematischen Fähigkeiten, Mylady.« Seine Worte waren ihrem leichten Spott durchaus angemessen, aber sein Ton ließ vermuten, dass er bezweifelte, dass sie weiter als zehn zählen konnte, ohne die Zehen zu Hilfe zu nehmen.
Elliot war zum ersten Mal sprachlos.
Lady Barrowbys blaugraue
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