Verruchte Nächte - One Night with a Spy (03 Royal-Four)
Zucken. Er war vor Schreck wie gelähmt, verlor den Halt, kratzte für den Bruchteil einer Sekunde wirkungslos an der Wand entlang und stürzte dann wie ein Stein zu Boden.
Plumps.
Er landete flach auf dem Rücken; alle Luft wich aus seiner Lunge. Er biss sich fest auf die Zunge.
Sein erster Gedanke war: Autsch!
Sein zweiter: Was zum Teufel war das?
Die Bestie von Barrowby? Sicherlich nicht. Und doch: Was auch immer es war, es war zweifellos groß und ein Raubtier; und Marcus hatte keinerlei Lust dazu, die Beute abzugeben. Er rang nach Luft und rappelte sich, den Rücken fest an die Hauswand gepresst, auf.
Wie konnte irgendjemand bei diesem schrecklichen Geräusch weiterschlafen? Es sei denn, man war daran gewöhnt - oder, was wahrscheinlicher war, wusste, woher es stammte, und überhörte es. Was wiederum bedeutete, dass ein jeder in diesem Haushalt etwas wusste, was er selbst nicht wusste.
Marcus hasste dieses Gefühl.
Das Brüllen wiederholte sich nicht. Fast wünschte er sich, es wieder zu hören. Vor einer Bestie zu fliehen - äh, einen strategischen Rückzug anzutreten - war sehr viel einfacher, wenn man wusste, wo die besagte Bestie sich gerade aufhielt. Auch wenn die Neugier in ihm geweckt war, so war der Gedanke, ein in der Morgendämmerung liegendes fremdes Anwesen nach einem riesigen Raubtier abzusuchen, selbst
für jemanden mit seinem impulsiven Wesen eine zu dumme Idee.
Nein, es war besser, sich davonzumachen, solange er es noch konnte. Vorsichtig und geräuschlos zog er sich auf demselben Weg zurück, den er gekommen war, wie ein Schatten zwischen Schatten. Das Geheimnis der Bestie konnte warten.
Da knackte es hinter ihm.
Julia war immer noch erzürnt über die Störung ihrer geschätzten Privatsphäre. Es sah danach aus, als brauchte wenigstens einer ihrer ehemaligen Verehrer länger, um davon überzeugt zu sein, dass sein Werben zwecklos war.
Sie war vollständig angezogen, hatte einen ihrer Slipper bereits über ihren bestrumpften Fuß gezogen und griff gerade nach dem zweiten. Wenn es dieser übereifrige Langweiler Eames war, würde sie seinen aufgeblasenen …
Plötzlich erschütterte ein ohrenbetäubendes Brüllen die Morgenstille - und dieses Brüllen kam definitiv nicht aus dem beheizten Stallanbau, den sie so weit wie möglich von den Pferden entfernt hatte errichten lassen.
Auch war es kein Mir-ist-langweilig-und-ich-brauche-Unterhaltung-Brüllen, auch nicht das Jemand-hat-vergessen-mich-zu-füttern-Brüllen.
Es war das Brüllen eines Jägers.
Sie sprang auf und rannte aus ihrem Schlafzimmer, hüpfte auf einem Fuß, um den zweiten Schuh anzuziehen, während sie unterwegs war. Im Flur traf sie auf Beppo und Pickles. Beide rannten.
Es war nicht nötig, sich abzusprechen - das gesamte Personal wusste, was zu tun war.
Sebastian war frei - und ein Fremder war auf ihrem Grund und Boden.
Die Bestie stand auf Marcus’ Brustkorb, sein großes Gewicht drückte das Leben aus seiner Lunge, sein heißer, stinkender Atem erweckte in ihm den Urinstinkt der Angst, sein mächtiger Fang öffnete sich weit, um …
In seinem Maul war kein einziger, verdammter Zahn. Nicht mal ein einsamer weißer Überlebender.
Oh, das war ja ganz toll! »Verdammt noch mal!«, keuchte Marcus. »Du bist jemandes verfluchtes Kuscheltier, nicht wahr?«
Der Löwe beugte sich vor und schnüffelte über sein Gesicht, sabberte ihm begeistert die Wange voll. Marcus schnappte nach Luft, als das Gewicht sich verlagerte und noch fester auf seinen Brustkorb drückte.
»Hau … ab!« Er schob mit beiden Händen die breite Schnauze beiseite. Er fing schon an, Sterne zu sehen, aber er bemerkte doch den beleidigten Gesichtsausdruck des Löwen, als seine freundlichen Annäherungsversuche abgewehrt wurden. Vielleicht würde er ja abhauen, wenn er ihn weiter beleidigte.
»Du haarst« - keuch - »und du sabberst« - keuch - »und bei dem Mundgeruch solltest du wirklich Minzeblätter kauen …«
Das Geräusch eiliger leichter Schritte kam näher. »Oh!« Der Ausruf einer Frau, die unzufrieden war. »Schämt Euch, Mr. Blythe-Goodman! So etwas zu einem armen, wehrlosen Tier zu sagen!«
Marcus schaute nach oben und erblickte die auf dem Kopf stehende Lady Barrowby. Sie hatte die Hände in die Hüften gestützt und starrte ihn an.
»Er hört« - keuch - »mir sowieso nicht zu. Befreit mich« - keuch - »von diesem verdammten« - keuch - »Vieh!«
Er konnte in ihrem Gesicht lesen, dass sie ihn für die größte Memme
Weitere Kostenlose Bücher