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Verrückt bleiben

Verrückt bleiben

Titel: Verrückt bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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dafür ein kaltes, steinernes ein. Kohlenmunk-Peters Träume erfüllen sich. Es dauert nicht lange, da kriegt er mit, dass Ezechiel, der Geschäftsmann, und Hannes, der Tanzbodenkönig, auch steinerne Herzen haben, genau wie er. Sie alle sind böse, und auch er wird ein böser Mensch, was auch dem letzten Zuschauer klar wird, als er seine Frau erschlägt, weil sie freundlich zu einem Bettler ist.
    Seitdem vermute ich in der Brust jedes Menschen, der maßgeschneiderte Schuhe trägt, ein aus grobem Fels gehauenes Herz. »Ein reicher Mann ist oft nur ein armer Mann mit sehr viel Geld«, hat Aristoteles Onassis gesagt. Schon allein bei der Vorstellung, reich zu sein, bricht mir der Schweiß aus. Ichhätte immerzu Angst um mein Geld. Was mache ich, wenn die Aktienkurse fallen? Wenn der Euro entwertet wird? Wenn die Inflation kommt? Wie lege ich mein Geld am besten an? Goldbarren, Immobilien? Welchem Anlageberater kann man vertrauen? Man hört und liest ja so viel. Wo verstecke ich mein Geld, vor Finanzamt, Dieben, falschen Freunden? Wie kann ich sicher sein, dass mich jemand um meiner selbst willen liebt? Wissen Sie, was Bill Gates in Interviews auf die Frage: »Wofür liebt Sie Ihre Frau?« antwortet? »Nächste Frage!« Bierernst. »Nächste Frage!« Das ist nämlich sein wunder Punkt, denn obgleich seine Frau sicher nicht müde wird, ihm zu versichern, dass sie ihn auch lieben würde, wenn er bettelarm wäre – der Beweis kann nicht ohne weiteres geführt werden. Ich hab mal von einem Milliardär gelesen, der überall auf der Welt Apartments hat und der Einfachheit halber hängen überall die gleichen Klamotten. Vielleicht ruft ein gewisser Grad an Reichtum eine gewisse Einfallslosigkeit hervor – das Festhalten an sauteurem Gewohntem. Reich zu sein muss ein Alptraum sein! Man kriegt nicht mal mehr die Zinsen alle. Das Geld vermehrt sich und vermehrt sich, und es bleibt einem nichts anderes übrig, als sich mit anderen Reichen anzufreunden, denn Arme machen einem ja ein schlechtes Gewissen, deswegen müssen auch die Kinder reiche Freunde haben und gute Partien machen, damit das Geld zusammenbleibt und keine falschen Intentionen im Spiel sind. Sie merken schon, ein Spaß ist das nicht! In letzter Zeit ist es mir gelungen, ein paar tausend Euro auf meinem Konto anzuhäufen. Prompt rief mich ein Bankbeamter an und faselte von Schatzbriefen, in die ich investieren solle. Schatzbriefe? Investieren? Gott, wie peinlich! Ich hatte eine schlechte Nacht und grübelte, wie ich mein Geld möglichst unauffällig loswerden könnte. Ich könnte es abheben und vergraben. Ich könnte es in kleinen Scheinen aus dem Fenster werfen, verbrennen, im Klo runterspülen. Ich könnte mir einen Rock daraus machen und tanzen, tanzen wie Josephine Baker. Am nächsten Tag kam dasFinanzamt und buchte alles ab. Da hatte ich aber noch mal Glück!
    Sind Sie arm und leiden darunter? Können Sie nachts nicht schlafen, weil Ihnen Ihre Zukunft ungewiss erscheint? Wollen Sie ein dickes Auto und können es sich nicht leisten? Denken Sie, Ihr Leben geht erst los, wenn Sie ein Einfamilienhaus mit Carport haben? Beneiden Sie andere, die mehr besitzen als Sie? Hören Sie auf damit. Kaufen Sie sich ein Sparschwein und werfen Sie jedes Mal, wenn sie jemanden beneiden, einen Euro hinein. Und überhaupt: Sie könnten schlimmer dran sein. Es wird nicht besser, wenn es anders ist, es ist bereits gut. So, wie es ist, ist es gut.

8. Hose runter! Letters to myself
    »Eine schlimme Nacht. Ich will nicht lesen, was ich in ihr geschrieben habe. Es war sicher schwach, es war unerlaubt, aber es hat mich beruhigt.«
    Elias Canetti

Jeder Mensch ist wie eine Matroschka, wie eine russische Puppe: ein Geheimnis ist im Bauch des nächsten versteckt. Wo bin ich? Wie bin ich da hingekommen? Wohin geht die Reise? Was hindert mich am Glücklichsein? Auch wenn sich diese Fragen nicht ohne weiteres beantworten lassen – man kann sie aufschreiben. Ganz altmodisch, mit dem Stift auf Papier. Ich spreche vom klassischen Tagebuch, das keiner liest – das Gegenteil also vom Bloggen.
    Seit ich 2009 nach knapp zehn Jahren mein Internet-Tagebuch geschlossen habe, führe ich wieder ein privates Tagebuch. Ich bewahre es in meinem Nachttisch auf. Es sieht ein bisschen kindisch aus, silbern, so, wie ich es mir als Kind gewünscht hätte – und es dockt auch an die Kindheit an. Ich schreibe mit einem Tintenfüller (königsblaue Tinte), in Fällen von Eile auch mit allem, was mir in die Hand

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