Verrückt nach Emma
echte Sammlerstücke. Aber du musst sie ja nicht nehmen, wenn sie dir zu teuer sind. Es gibt jede Menge
Bergdoktor
-Fans, die sich garantiert darum reißen werden.« Ich streckte die Hand nach den Heften aus, doch Simone drückte sie fest an sich.
»Auf keinen Fall! Ich nehm sie.« Sie holte ihr Portemonnaie heraus und zählte fünfzehn Euro ab.
»Danke sehr. Und viel Spaß beim Lesen.« Ich konnte mir ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Wer hätte gedacht, dass Monas alte Kitschromane so viel Geld bringen würden? Einen Moment lang überlegte ich, ob es fair gewesen war, Simone so über den Tisch zu ziehen. Andererseits: Wenn sie so bescheuert war, ihr gesamtes Taschengeld für diesen Schrott auszugeben, war es doch nicht meine Schuld, oder?
Liebevoll verstaute Simone die Hefte in ihrer Umhängetasche. »Macht’s gut, Leute. Ich muss los.«
»Jetzt schon?« Lea klang etwas enttäuscht, und das versetzte mir einen Stich. »Du bist doch gerade erst gekommen. Ich dachte, du wolltest noch nach Pferdebüchern Ausschau halten.«
»Die brauch ich jetzt nicht mehr.« Simone klopfte gegen ihre Tasche. »Fürs Erste hab ich genug zu lesen. Der Nachmittag ist gerettet. Ich hau mich jetzt aufs Sofa und mach’s mir mit dem
Bergdoktor
gemütlich. Wir sehen uns morgen in der Schule, okay?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sich Simone um und verschwand zwischen den Flohmarktbesuchern. Auf ihrem Gesicht lag ein seliges Lächeln.
Ich sah ihr kopfschüttelnd nach. »Die hat sie doch nicht mehr alle.«
Lea runzelte die Stirn und schwieg. Es schien ihr nicht zu passen, dass Simone gleich wieder abgezogen war. Ganz im Gegensatz zu mir. Ich war heilfroh, die alte Nervkuh so schnell losgeworden zu sein, und pfiff fröhlich vor mich hin, während ich Monas restliche Heftchenromane sortierte. Sie gehörten zu Monas zweiter Lieblingsserie:
Krankenhaus Sankt Anna – Liebe auf der Unfallstation.
Vielleicht kam ja noch ein verrückter
Sankt-Anna
-Fan vorbei und kaufte sie mir ab. Heute war offenbar mein Glückstag …
»Ich wusste gar nicht, dass du auf Kitschromane stehst.«
Eine Hand griff nach einem der Heftchen, und ich sah auf. Vor mir stand Daniel und betrachtete interessiert den knallbunten Umschlag.
»
Küsse im
OP
– das klingt echt vielversprechend. Kannst du die Folge empfehlen? Oder sollte ich doch lieber zuerst
Erste Hilfe für gebrochene Herzen
lesen?« Daniel zeigte auf eins der anderen Heftchen und grinste.
Ich wurde knallrot. »Keine Ahnung. Ich lese so was nicht«, sagte ich schnell. »Die Hefte gehören Mona.«
»Ja, natürlich.« Daniel zwinkerte mir zu. »Das würde ich an deiner Stelle auch behaupten.«
»Nein, ehrlich … Du glaubst doch nicht im Ernst … ich meine …«, stammelte ich.
Daniels Grinsen wurde noch etwas breiter. »Erwischt, was?«
»Jetzt hör mir doch erst mal zu, du Blödmann!«, rief ich.
Stattdessen prustete Daniel los.
Ich winkte ab. »Glaub doch, was du willst.« Ich zeigte auf das Heft in seiner Hand. »Möchtest du das kaufen? Kostet nur zwei Euro. Das ist ein echtes Schnäppchen!«
Daniel tippte sich an die Stirn. »Bist du verrückt? Wer zahlt denn zwei Euro für diesen Unsinn?«
»Ob du’s glaubst oder nicht, es gibt tatsächlich Leute, die sind so bescheuert.«
»Ehrlich?« Daniel schüttelte den Kopf. »Nicht zu fassen. Was soll denn der Vogel da kosten?« Er zeigte auf eine von Omas Porzellanenten.
»Drei Euro.« Ich nahm die Ente in die Hand und hielt sie Daniel hin. »Echte Handarbeit.«
»Wer’s glaubt, wird selig.« Leider ließ sich Daniel nicht so leicht bequatschen wie der Opa mit dem Puppengeschirr. »Für eins fünfzig kauf ich sie dir ab.«
Ich schüttelte den Kopf. »Zwei Euro und keinen Cent weniger.«
»Okay.« Daniel gab mir eine Zweieuromünze und griff nach der Porzellanente.
»Für dein Zimmer?«, fragte ich.
»Quatsch! So was stell ich mir garantiert nicht hin. Die Ente ist für meine Mutter, die steht auf Kitsch.«
»Ja, natürlich.« Ich grinste. »Würde ich an deiner Stelle auch behaupten.«
Daniel sah mich einen Moment lang verdutzt an, dann mussten wir beide lachen.
»Was ist denn so lustig?«, fragte Lea.
»Nichts«, kicherte ich. Ich konnte ihr schließlich schlecht erklären, dass wir lachten, weil zwischen uns alles wieder in Ordnung war.
In diesem Moment entdeckte ich Bastian neben einem Flohmarktstand. Er lächelte und hob den Arm. Mein Herz setzte einen Augenblick lang aus und hämmerte dann wie verrückt los.
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