Verrückt nach Emma
ließ sich nicht leugnen. Ich brach mir noch ein Stück ab.
Oma starrte in ihre Kaffeetasse und seufzte.
»Vermisst du ihn?«, fragte ich mit vollem Mund.
Oma seufzte noch einmal. Dann nickte sie. »Ja, ich glaube schon. Aber manchmal bin ich auch furchtbar wütend. Er hat sich auf dem Gemeindefest wirklich unmöglich benommen! Außerdem steht bei ihm die Kirche immer an erster Stelle. Das ist doch keine Basis für eine dauerhafte Beziehung …«
»Ich weiß, was du tun musst!«, rief ich und griff nach der Tageszeitung. »Frag einfach die Sterne! Was bist du für ein Sternzeichen?«
»Widder«, antwortete Oma.
Ich schlug die Zeitung auf und las vor:
»Diese Woche kann Ihr Herzenswunsch in Erfüllung gehen. Wenn Sie sich offen dafür zeigen, steht einer lange herbeigesehnten Wiedervereinigung nichts im Weg. Trauen Sie sich – Sie werden es nicht bereuen!«
Ich ließ die Zeitung sinken. »Na also! Das ist ja wohl eindeutig.«
»Ich weiß nicht …« Oma machte ein skeptisches Gesicht. »Das kann doch alles bedeuten … Außerdem sind Horoskope totaler Humbug.«
»Das hab ich zuerst auch gedacht«, sagte ich. »Aber inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher. Vielleicht solltest du es wirklich noch einmal mit Pfarrer Pauli versuchen.«
»Und das sagst ausgerechnet du?«, fragte Oma. »Du warst doch immer der Meinung, wir würden sowieso nicht zueinander passen.«
Ich wunderte mich selbst ein bisschen darüber, dass ich mich auf einmal so für Pfarrer Pauli einsetzte. Aber er hatte sich in letzter Zeit wirklich viel Mühe gegeben, um sich wieder mit Oma zu vertragen. Außerdem war das Urteil der Sterne eindeutig. Und wie Oma immer sagt: Gegen wahre Liebe ist kein Kraut gewachsen.
Ehe wir uns weiter unterhalten konnten, öffnete sich die Küchentür, und Mona kam herein.
»Na, wie war die Probe?«, fragte Oma.
»Geht so.« Mona legte die Flötentasche auf den Küchentisch und zog ihre Jacke aus. »Zu Hause konnte ich die Lieder noch, aber bei der Probe hab ich mich ständig verspielt.«
»Das war bestimmt nur die Aufregung«, behauptete Oma. »Du musst dich einfach entspannen, dann klappt das schon.«
»Ich weiß nicht …« Mona sah nicht besonders überzeugt aus. »Wenn ich nur an das Vorspiel denke, bekomme ich vor lauter Aufregung schon Magenschmerzen.« Sie zog die Nase kraus und schnupperte. »Hier riecht’s ja lecker! Gibt’s Kuchen?«
Oma nickte. »Schokoladenkuchen.«
»Aber der ist für den Flohmarkt morgen«, sagte ich. »Ein Stück für einen Euro.«
»Schade.« Mona warf einen sehnsüchtigen Blick zum Ofen hinüber. »Brauchst du noch Sachen zum Verkaufen? Wenn du willst, kannst du ein paar von meinen alten Heftchenromanen haben.«
»Klar, warum nicht?« Ich versuchte, begeistert zu klingen. Mona las für ihr Leben gern kitschige Liebesromane und hortete die Hefte stapelweise in ihrer Zimmerhälfte. Wahrscheinlich würde mir kein Mensch das Zeug abkaufen. Aber ich hatte immer noch ein schlechtes Gewissen wegen der geplatzten Verabredung, darum wollte ich Monas Angebot nicht ablehnen. War ja schließlich nett gemeint.
»He – soll ich morgen vielleicht mitkommen?«, fragte Mona plötzlich. »Ich könnte dir beim Verkaufen helfen.«
»Nein, danke, Lea hilft mir schon«, sagte ich schnell. »Ich glaube, zu dritt wird’s ein bisschen eng hinter dem Stand.« Außerdem hatte Lea garantiert keine Lust, den ganzen Sonntag mit Mona zu verbringen. Und ich hatte keine Lust, mir ihre ständigen Sticheleien anzuhören.
»Ach so. Na ja, wenn du meinst …« Mona stand auf und griff nach ihrer Flötentasche. Sie sah enttäuscht aus. »Ich üb noch ein bisschen.«
Sie ging aus der Küche, und ich steckte mir schnell noch ein Stück Schokolade in den Mund. Aber gegen mein schlechtes Gewissen half das kein bisschen.
[zurück]
8 . Kapitel
Money, Money, Money
« B illig, billiger, am billigsten! Bei uns gibt es die besten Angebote! Kommen Sie, und staunen Sie!« Lea hatte beide Hände wie einen Trichter an den Mund gelegt, und ihre Stimme schallte laut über den Platz.
Auf dem Marktplatz herrschte dichtes Gedränge. Offenbar war halb Dederstadt zum Flohmarkt gekommen. Die Leute schoben sich zwischen den Ständen hindurch, blieben hier und da stehen und wühlten in den angebotenen Sachen. Hier gab es wirklich alles! Neben uns wurden alte Schallplatten verkauft, und gegenüber war ein großer Bücherstand. Kinder boten Spielzeug an, und ihre Mütter versuchten, altes Geschirr und
Weitere Kostenlose Bücher