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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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Versenkung fallen ließ.
    Ihr mußte klar gemacht werden, daß sie eins der bestaussehenden Paare der Welt abgeben würden, dachte er. Die Tatsache, daß sie nicht zufällig zueinander gefunden hatten, sondern daß der Computer sie füreinander ausgesucht hatte, konnte keinen Deut daran ändern, daß sie wunderschön zusammen aussahen.

 
ZEHNTES KAPITEL
     
     
    Corky schwebte von Morris weg. Es überraschte ihn nicht, daß Morris mit Lauren ins Bett wollte. Corky hatte nur wenige Frauen in seinem Leben kennengelernt, mit denen er nicht ins Bett wollte. Manche hatten sich darüber lustig gemacht; manche waren pikiert; manche benahmen sich, als ob er etwas für sein Alter Frühreifes gesagt hätte; einige willigten ein, zu wenige. Er dachte an Joanna, den Mehlkloß, und flutete aus Morris’ Büro hinaus, um sich auf die Suche nach Joanna zu machen. Während er durch die Stadt strömte, hielt der unklar umrissene Mittelpunkt, der Corky war, nicht mehr zusammen. Solange er bei Lauren war oder bei Morris, war er in der Lage gewesen, diesen Muskel, der ihm immer noch etwas fremd war, zu beherrschen. Sobald er wieder allein war, ging ihm diese Fähigkeit verloren, er vergaß sogar, daß er sie besessen hatte. Sobald sein Mittelpunkt nicht mehr intakt war, versagten auch sein Wille, seine Entschlossenheit, sein Gedächtnis. Wieder einmal wurde er jeder, war überall.
     
    Grace Dolittle war eine Seufzerin. Sie saß Lauren am Schreibtisch gegenüber und seufzte bei jeder Frage, jeder Antwort.
    »Sie haben zwei Jahre lang die Handelsschule besucht«, sagte Lauren, der die junge Frau auf die Nerven ging. »Warum haben Sie das gemacht, wenn Sie die Büroarbeit verabscheuen?«
    Seufz. »Mein Daddy wollte es so.«
    Und jetzt hatte Daddy gewollt, daß sie sich psychologisch beraten ließ. Lauren warf einen Blick auf das Formular, das sie Grace gebeten hatte auszufüllen; die meisten Fragen waren nicht beantwortet. »Hier, in der Spalte ›Was hat Ihnen bei Ihrem letzten Job am besten gefallen‹, haben Sie nichts eingetragen. Irgend etwas mußte Ihnen doch gefallen haben.«
    Seufz. »Das Wasserkühlgerät.«
    Lauren nickte und sagte fast automatisch: »Gut. Wir wollen uns darauf konzentrieren. Was hat Ihnen daran gefallen?«
    Seufz. »Bobby Boyles. Er hat es bedient. Aber er war schon verheiratet.«
    Lauren sah zur Uhr; noch eine halbe Stunde. »Lassen Sie es uns andersherum versuchen«, sagte sie. »Was gefiel Ihnen an Ihrem Job nicht?«
    Grace machte ein verständnisloses Gesicht. Sie war hübsch, wie eine leere Hülle, in der noch nicht gelebt worden war; sie wartete darauf, daß das Leben sie fertig prägen würde mit dem Bewußtsein einer Welt, die ihr stets einen halben Meter voraus war. Sie war vierundzwanzig. Sie sah Lauren erwartungsvoll an, als ob sie von ihr den entscheidenden Schlüssel erwartete.
    »Warum haben Sie gekündigt?«
    »Ooch, na ja. Es war einfach nicht das Richtige für mich.«
    Und so ging es weiter, bis die Stunde vergangen war, ohne daß irgend etwas erreicht worden wäre. Lauren hätte ihr am liebsten einen Schrieb mit nach Hause gegeben: Haben Sie noch zehn oder zwölf Jahre mit ihr Geduld, bis sie erwachsen wird. Statt dessen gab sie Grace einen weiteren Formularsatz mit Fragen und bat sie sehr freundlich, ob sie versuchen könnte, alles vor der kommenden Woche auszufüllen.
     
    Joanna lächelte den Mann, der ihr in der Nische gegenübersaß, mit ihrem Grübchenlächeln an. »Das glaube ich Ihnen nicht, daß Sie schon wieder ganz zufällig in der Gegend waren«, sagte sie glücklich.
    »Sie haben recht. Ich dachte, daß Sie ungefähr um diese Zeit herauskommen würden.«
    Er war jung, sah aus wie ein Student, kurz vor dem Abschluß, dachte sie. Er hatte irgend etwas Unbestimmtes über die Universität erwähnt, einige Blocks von der Praxis des Arztes entfernt, bei dem sie arbeitete. Und jetzt war er wieder hier, hatte sie erwartet und gab ihr eine Pizza aus. Sie hatte noch nie mit einem Mann so reden können wie mit ihm; es war fast, als ob sie mit einer ihrer Freundinnen spräche. Er hörte ihr wirklich zu und stellte gerade die ausreichende Menge Fragen, und zwar die richtigen an der richtigen Stelle, und als sie jammerte, daß sie überhaupt nicht verstehen könnte, warum Corky sie wegen einer Giraffe versetzt hatte, war er auf ihre Seite gekommen und hatte sich neben sie gesetzt und den Arm tröstend um sie gelegt.
    »Es ist noch keine Woche her«, sagte sie mit Erstaunen in der Stimme,

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