Verrückte Zeit
Er saß mit anderen um einen Tisch herum: einer Frau mit blinzelnden Augen, die flehte, daß Bertie kommen möge, einem Mann, der sich danach sehnte, daß es vorbei wäre, einem anderen Mann, der dachte, daß es sehr gespenstisch sei, wenn Arthur Conan Doyle wirklich das gleiche in eben diesem Raum getan hatte, mit einer anderen Frau, die auf irgendein Ereignis hoffte und wünschte, es möge nicht eintreten, und während der ganzen Zeit umkreiste ihn das sonderbare Teilchen, befahl ihm, zu erscheinen, sich zu zeigen. Dem Befehl konnte er sich nur schwer widersetzen, und wenn auch nur aus dem einen Grund, weil ihn sonst niemand auf der ganzen Welt haben wollte, niemand ihn rief oder auch nur seine Anwesenheit wahrnahm. Er ließ seine Partikel in dem kleinen Raum zusammenfließen.
»Als Rechtsanwalt«, sagte Morris soeben, »höre ich natürlich so allerhand, wie Sie als Therapeutin wahrscheinlich auch. Sie wissen, daß Sie sich auf meine Diskretion verlassen können, ebenso, wie ich mich bei Ihnen darauf verlassen würde. Was bedrückt Sie, Lauren? Befreien Sie sich davon, lassen Sie es heraus, damit wir uns anderen Dingen zuwenden können. Dingen, die sich meinem Gefühl nach als wichtig erweisen werden.«
Seine ausdrucksvollen blauen Augen waren offen und ehrlich, seine Hand auf ihrer war fest und warm, seinem ganzen Wesen schien jede Spur von Hinterlist fernzuliegen. Lauren dachte mit deutlicher Klarheit an den kleinen rothaarigen Mann, sah seine Umrisse vor dem hohen Fenster, sah ihn verschwinden und nackt vor demselben Fenster wieder erscheinen.
Auf der anderen Seite des Erdballs fühlte das Medium eine Veränderung, spürte genau, wie der Geist, den sie gerufen hatte, wieder davonschwebte. Und Corky sauste schneller als mit Lichtgeschwindigkeit, um einem wahrhaften Ruf nach ihm zu folgen, zu jemandem, der wußte, wen sie rief, wenn auch nicht, warum.
Lauren schloß die Augen, dankbar für die Wärme der Hand, die auf ihrer lag; sie fühlte sich behaglich in Gegenwart dieses starken und liebenswürdigen Mannes, der ihr beim Essen gegenübersaß. Wo sollte sie anfangen, fragte sie sich, und wußte, daß er sie für verrückt halten würde, wenn sie ihm alles von Anfang an erzählen würde.
Corky hielt, kurz bevor er vollends Substanz annahm, inne. Er ließ seine Teilchen rings um den Tisch ausschwärmen, rings um Lauren und Morris. Er wußte, daß Morris log, wußte, daß Lauren verzweifelt war, und er wußte nicht, was er tun sollte. Er war mehr als ein Phantom, weniger als eine Person, und er wußte, daß diese Frau, der er den Namen Minerva gegeben hatte, diese Göttin von einer Frau, in Nöten war und daß irgendwie, auf eine Art, die er nicht begriff, er die Ursache dafür war. Er versuchte, sich mit ihr zu vereinigen, wurde jedoch zurückgestoßen; sie hob die Hand und befühlte ihr Haar, als ob etwas darauf gelandet wäre. Er versuchte, mit Morris zu verschmelzen, und es war, als ob er gegen eine Wand angerannt wäre.
Morris würde ihr helfen, dachte Lauren. Sie mußte ihm die ganze Geschichte erzählen, wie lächerlich sie auch klingen mochte, damit er entscheiden könnte, was sie als nächstes tun sollte. Ihre Schwester hatte immer gesagt, große Mädchen müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen, dürfen nicht auf Hilfe warten, doch sie mußte sich jetzt eingestehen, daß sie dringend Hilfe brauchte. Lauren hatte einen langen Atemzug ausgestoßen und öffnete die Augen. Er betrachtete sie besorgt, seine Miene war jetzt sehr ernst, voller Mitgefühl. Sie öffnete den Mund zum Sprechen, und mit einemmal schien sein Glas lebendig zu werden, es hob vom Tisch ab, kippte um, schüttete Eiswürfel und Wasser über seine Anzugjacke, über sein Hemd und verwandelte das Dunkelrot seiner Krawatte in das Hellrot von frischvergossenem Blut.
Morris griff unwillkürlich nach dem Glas, als es an den Rand des Tisches wackelte, und Corky packte ihn am Ärmel und zog seinen Arm in einer weiten Bewegung weg, so daß er gegen seine Kaffeetasse und eine kleine Schale mit Beeren stieß, die daraufhin quer über den Tisch rutschten. Lauren unterdrückte einen Aufschrei und brachte sich zappelnd aus der Schußweite. Der Kellner war beim ersten Anzeichen der sich anbahnenden Katastrophe herbeigeeilt; jetzt war er langsamer geworden und näherte sich vorsichtig, wobei er Morris nicht aus den Augen ließ.
Die Zeit für Enthüllungen war verstrichen. Als sich Morris und Lauren ein paar Minuten später vor dem
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