Verscharrt: Thriller (German Edition)
Tomatoes niedergeschlagen hat? «
» Ach, kommen Sie? « , sagt O’Hara. » Sie waren dabei? «
» So dicht dran wie Sie jetzt an mir. Das war aufregend. Irgendein Arschloch wollte sich vordrängeln, und Ben hat ihm den Marsch geblasen. Er hätte es nie zugegeben, aber ich glaube, er wollte mich beeindrucken. Auf jeden Fall hat’s funktioniert. Ich bin sogar ein bisschen feucht geworden. «
O’Hara blickt Wawrinka an, die ihre Serviette kaum noch rechtzeitig an ihre Lippen reißen kann, um zu verhindern, dass ihr der Eistee aus dem Mund spritzt.
O’Hara gibt ihrer Partnerin einen Augenblick, um die Fassung wiederzuerlangen, dann schenkt sie erneut der agilen Di Nunzio ihre Aufmerksamkeit.
» Sie haben also an seine Tür geklopft « , sagt O’Hara. » Und was dann? «
» So schnell ich konnte, aber ich fürchte, leider nicht schnell genug, bin ich diese schrecklichen Treppen wieder raufgelaufen und habe die Notrufnummer gewählt. Natürlich hätte ich das besser sofort gemacht. «
» Als Sie aus dem Museum zurückgekommen sind « , fragt O’Hara, » haben Sie da jemanden zu Ben gehen oder aus seiner Wohnung kommen sehen? «
Di Nunzio schüttelt den Kopf. » Nein. «
» Und als Sie die Treppe zu Ben runtergerannt sind, haben Sie einen Wagen wegfahren sehen? «
» Nein. «
» Ich weiß, dass das alles schon sechs Monate her ist, aber ist Ihnen vielleicht ein Wagen vor der Tür aufgefallen? «
Di Nunzio konzentriert sich. » Ja. Da stand ein dunkelgrüner Transporter auf dem Besucherparkplatz, also direkt bei Ben vor der Tür. Ich weiß das noch, weil er von der Sarasota Water Authority war und ich einen Schrecken bekommen habe. Ich dachte, dass mit dem Wasser was nicht stimmt und ich es nicht trinken sollte. «
» Und Sie erinnern sich noch genau an die Farbe? Auch noch nach sechs Monaten? «
» Ja. Dunkelgrün mit schwarzen Buchstaben. «
» Als die Polizei und der Notarzt eingetroffen sind, stand der Transporter immer noch da? « , fragt Wawrinka.
Di Nunzio verengt die Augen, als würde sie dahinter ein Band zurückspulen. » Kann er gar nicht, weil die Streifenwagen und der Notarzt da geparkt haben, wo vorher der Transporter stand. «
» Sie haben erwähnt, dass Sie mit Ben bei Sweet Tomatoes essen waren. Standen Sie sich denn nahe? «
» Ich bin billig zu haben. Der Abend kann ihn nicht mehr als neun Dollar gekostet haben, aber mir ist das egal. Ich habe Ben dreißig Jahre lang gekannt und ihn immer vergöttert. Seine Frau fand ich auch wunderbar, aber ich will nicht abstreiten, dass ich mir nach ihrem Tod Hoffnungen gemacht habe. Ich war verrückt nach ihm. Ich hab ein Huhn für ihn in den Ofen geschoben, und zum Nachtisch gab’s, was alle Männer am liebsten mögen. «
» Nämlich was? « , fragt O’Hara.
» Ich hab ihm einen geblasen. «
Ein Röcheln kommt aus Wawrinkas Richtung.
» Wie schon gesagt, ich war verrückt nach ihm. Aber er stand nun mal auf jüngere Frauen. Tun sie ja alle. Liegt an ihrer Eitelkeit. «
Di Nunzio verzieht das Gesicht und legt die Hand an ihr Ohr.
» Alles klar? «
» Mein Hörgerät. Manchmal gibt es einen schrecklichen, schrillen Ton von sich. «
» Wie ein Schuss? « , fragt Wawrinka.
» Nein, eigentlich nicht. Aber unerträglich, deshalb trage ich es meistens auch gar nicht. «
» Und wie hören Sie ohne, Sharon? «
» Ohne? « , fragt Di Nunzio und beißt zum ersten Mal von ihrem Keks ab, » ohne höre ich gar nichts. «
KAPITEL 33
Gleich hinter der Eingangstür zur Longboat Key Public Library befindet sich eine hölzerne Telefonzelle, die mindestens vierzig Jahre alt ist. Als O’Hara die Ziehharmonikatür hinter sich zuzieht, springt mit dem Licht auch ein winziger Ventilator an. Sie setzt sich und blickt aus der stillen Zelle hinaus in den fast ebenso stillen Lesesaal, in dem ein ehrenamtlicher Mitarbeiter einen Wagen durch die kurzen Regalreihen schiebt. Alle paar Meter bleibt er stehen und stellt ein Buch an seinen alten Platz zurück. Er erinnert an einen Farmer, der reifes Obst wieder in den Baum hängt.
Als O’Hara Di Nunzios Wohnung verließ und wieder ins sengende Licht hinaustrat, brauchte sie erst mal einen ruhigen Ort, um sich alles noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, und ihr war die kleine Bibliothek neben der Post hinter Publix wieder eingefallen. Di Nunzio ist die ermutigendste Vertreterin ihrer Altersgruppe, der O’Hara begegnet ist, seit Paulette aufs Revier spaziert kam und das ganze Theater um Vergreisung und
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