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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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Joyce, Susan und er blieben besser nicht zu lange am selben Ort: Bewegliche Zielscheiben waren weniger leicht zu treffen. Sie würden von einem Hotel zum nächsten ziehen, immer weiter, und sich an die goldene Regel halten, sich nirgends länger als zwei oder drei Tage aufzuhalten. Und zwar so lange, bis er Wadim aufgespürt und ausgeschaltet hätte. Oder umgekehrt.
    Das konnte einen Tag dauern. Eine Woche. Einen Monat. Jahrelang … er wurde ganz mutlos, wenn er nur daran dachte.
    Maier wollte sich am liebsten gar nicht damit befassen. Noch nicht.
    First things first.
    Er ging ins Badezimmer, suchte Susans Kulturbeutel heraus und sah nach, ob sich Parfüm und Nachtcreme darin befanden. Dann ging er ins Schlafzimmer und machte ihren Kleiderschrank auf. Hob den Koffer vom Boden, legte ihn aufs Bett und öffnete den Reißverschluss. Suchte etwas Unterwäsche zusammen, die er in kleinen Stapeln darin verstaute.
    Während er damit beschäftigt war, klingelte das Telefon. Ein gellender, altmodischer Klingelton. Erst wollte er den Anruf ignorieren, bis ihm einfiel, dass es möglicherweise Wadim war.
    Dieser Gedanke ließ Maier noch wachsamer werden als er ohnehin schon war. Er war durchaus nicht gedankenlos an die Sache herangegangen. Zunächst einmal hatte er das Auto von Joyce genommen und dieses ein Stück entfernt in der Innenstadt abgestellt. Dann war er viermal die Straße auf- und abgegangen und hatte dabei alles und jeden scharf ins Visier genommen, ehe er es für sicher befunden hatte, die Wohnung zu betreten.
    Er ging in das Zimmer mit dem Telefon und nahm ab.
    »Hallo?«, sagte er in nicht besonders freundlichem Tonfall.
    Eine Frauenstimme fragte spitz: »Wer ist da?«
    »Sie rufen hier an, nicht ich«, entgegnete er unwirsch.
    »Sil? Sil Maier? Meine Güte, endlich bekomme ich mal jemanden an die Strippe. Was ist denn bloß los? Ich habe schon tausendmal angerufen. Auch auf Susans Handy, ich war schon kurz davor …«
    Jeanny.
    Sie lebte.
    Und wusste von nichts.
    »Schön, dich zu hören«, sagte er wahrheitsgemäß.
    »Hattest du sie nicht verlassen? Ein für alle Mal?«
    »Ich bin wiedergekommen.«
    »Wie erfreulich.« Kurz blieb es still, dann fragte sie: »Ist Susan auch da?«
    »Nein.«
    »Wo ist sie denn?«
    Maier schwieg. Er wusste nicht recht, was er sagen sollte.
    »Hallo? Bist du noch da?«
    »Ja.«
    »Kann ich sie irgendwo erreichen?«
    Seine grauen Zellen arbeiteten auf vollen Touren. Wie er es auch drehte und wendete: Mit der liebevollen Fürsorge ihrer Mutter wäre Susan sicher sehr geholfen. Seine eigene Anwesenheit wirkte offensichtlich eher kontraproduktiv. Er merkte es an der Art und Weise, wie Susan ihn ansah, an ihrem vielsagenden Schweigen. Die körperlichen und seelischen Verletzungen, der ganze Wahnsinn – alles, was sie erlitten hatte, machte sie ihm zum Vorwurf.
    Und zu Recht.
    »Wo bist du?«, fragte er.
    »In Illinois, wo du jetzt auch wärest, wenn du Wort gehalten hättest … warum fragst du?« Plötzlich brach Panik in ihrer Stimme durch. »Irgendwas stimmt nicht, hab ich recht? Irgendwas ist mit Susan.«
    »Meinst du, du kannst kurzfristig einen Flug bekommen?«
    »Natürlich. Was ist denn in Gottes Namen los?«
    »Du wirst hier gebraucht. Susan braucht dich. Es … es geht ihr nicht gut.«
    Jeanny schrie jetzt beinahe. »Was ist mit ihr?«
    »Nicht am Telefon.«
    »Du kannst mir doch wohl sagen, wie es ihr geht?«
    »Ihr Zustand ist stabil«, sagte er, und als ihm bewusst wurde, dass das für eine beunruhigte Mutter klingen musste, als läge ihre Tochter im Sterben, fügte er hinzu: »Sie kann laufen und reden, sie wird sich erholen. Aber … sie hat eine Menge mitgemacht. Sie braucht Unterstützung.«
     
    Keine sechs Meter von Sil Maier entfernt saß Wadim, die Hände an einem altmodischen Kopfhörer, und hörte dem Telefongespräch gespannt zu. Sein Blick war glasig, er hatte alle anderen Sinnesorgane ausgeschaltet, um sich ganz auf das nervige Niederländisch zu konzentrieren.
    An der Wand hatte er seine Empfangsgeräte aufgebaut, ordentlich nebeneinander; wenn es zu Schwierigkeiten kam, konnte er das Zeug schnell einladen. Alte, krachende Apparatur, mit der ein moderner Soldat wohl nicht gern losgeschickt würde. Wadim aber arbeitete seit Jahren damit, und auch jetzt hatte der Kram sich wieder als nützlich erwiesen.
    Er benutzte diese Wohnung, seit Susan verschwunden war. Eine bessere Operationsbasis hätte er sich kaum wünschen können. Von hier aus war wunderbar

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