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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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Verdammt noch mal, nein. Ich stand draußen auf dem Flur, als du zur Welt kamst. Wegen der Hebamme, ich durfte nicht dabei sein. Aber als ich ein Baby weinen hörte, bin ich reingestürmt, ich konnte mein Glück nicht fassen. Ein Junge. Mollig und gesund, ein Siebenpfünder, schwarzes Haar. Absolut großartig.« Seine Augen trübten sich. »Es tut mir leid, Junge. Es tut mir wirklich leid, dass ich nicht für dich da war. Ich hätte mich dahinterklemmen müssen, aber als du ein paar Monate alt warst, bin ich fortgegangen.«
    »Wohin denn?«
    Mit wegwerfender Geste sagte Flint: »Einfach fort.«
    Maiers Blick fiel auf eine weiße Morgenjacke, die an einem Haken in der Ecke hing. Innen, oben am Kragen, befand sich ein eingenähtes Etikett. Maier stand auf und ging hin.
    Klappte den einen Kragen zur Seite, um die Schrift zu lesen. SILVESTER H. FLINT, in Schwarz eingestickt. Er strich mit den Fingerspitzen darüber. »Wofür steht das ›H‹?«
    »Harold. Mein Großvater mütterlicherseits hieß so.«
    »Und wer hieß Silvester?«
    »Mein Vater.« Er wandte den Blick ab. »Und du und ich.«
    Maier ließ sich wieder in den Sessel sinken. Draußen hörte er jemanden rufen. Eine andere Stimme reagierte mit einem kurzen »Oui!« . Er ließ den Kopf an die Rückenlehne sinken und starrte zur Decke. Die war grau, genau wie die Wände. Der Raum erinnerte ihn noch am ehesten an ein Krankenhauszimmer. Lediglich die länglichen Wandfluter und die Blumen fehlten – nicht zu vergessen, die fröhlichen Karten am Kopfende des Bettes. Ob Flint jemals Karten geschickt bekam?
    »Bist du nach Amerika zurückgegangen?«
    »Wie gesagt, nein. Ich hatte da nichts mehr zu suchen. Ich kannte ein paar Jungs aus der Warner-Kaserne. Dort gab es ein Kino, deshalb sind wir regelmäßig hingefahren. Dort wurde auch viel mit Haschisch gehandelt – schnell verdientes Geld. Zu denen habe ich Kontakt aufgenommen, nachdem ich bei deiner Mutter meine Siebensachen gepackt hatte.«
    »Du hast angefangen, mit Drogen zu handeln?«
    »Mehr oder weniger. Es war vielleicht kein ehrenwertes Geschäft, aber ich kam gut über die Runden.« Flint hielt die Hände still und suchte Maiers Blick. »Ich musste oft an dich denken. Und an deine Mutter. Ich habe euch regelmäßig Geld geschickt, aber Maria hat es konsequent zurücküberwiesen. Sie wollte ums Verrecken keinen Cent von mir annehmen.« Er machte eine hilflose Geste.
    »Immer wenn ich jemanden traf, der ganz okay war und nach München musste, habe ich ihm ein bisschen Geld mitgegeben, damit er es persönlich bei euch vorbeibrachte. Maria hat den Leuten die Tür vor der Nase zugeknallt. Ihr verdammter Stolz. Irgendwann hab ich damit aufgehört. Die Sache war für mich erledigt. Ich hatte mein Möglichstes getan, fand ich. War natürlich Blödsinn.«
    »Dabei hatten wir nie Geld.«
    »Nein, natürlich nicht. Das war mir auch klar. Gerda ist später umgezogen, hab ich gehört, aber Maria ist mit dir da wohnen geblieben.« Zögernd schaute er auf. »Ich wusste nicht, dass es so ernst war. Wenn ich das gewusst hätte …«
    »Dann?«
    Flint schüttelte widerstrebend den Kopf und verzog das Gesicht, als hätte er Schmerzen. »Wenn, wenn, wenn. Sinnloses Geschwätz. Es ist gekommen, wie es gekommen ist, und fertig.« Kurz sagte er nichts, dann blickte er wieder zu Maier auf. »Hast du noch Zeit? Oder musst du noch irgendwohin heute?«
    »Zeit wozu?«
    Flint wandte den Blick zum Fenster. »Ich würde gern ein bisschen frische Luft schnappen. Spazieren gehen.«
    Maier deutete mit einem Nicken auf den Rollator, der neben dem Bett stand. »Mit dem Ding da?«
    »Wenn es dir nichts ausmacht, mich zu schieben: Auf dem Flur steht ein Rollstuhl.«
     

42
     
    Maxim saß Wadim im De Hemel gegenüber, einem Grand Café mit hohen Decken, unweit vom Bahnhof. Die Scheiben waren teilweise gesandstrahlt, sodass die Gäste, die drinnen an dunklen Holztischen saßen, von der Straße aus nur verschwommen zu erkennen waren.
    Am Sonntagnachmittag waren wie üblich ziemlich viele Jugendliche auf den Beinen. Eine Gruppe lärmiger, übermütiger Studenten hing an der Bar ab. Die Musik war laut aufgedreht. Niemand achtete auf die beiden Männer, die an einem runden Tisch in der Ecke am Fenster saßen.
    Maxim nahm einen Schluck von seinem Wodka und sah Wadim aufgebracht an. Er hatte rote Flecken am Hals, wie Wadim auffiel, die ihn nicht gerade zierten. Er erinnerte dadurch noch mehr an einen polnischen Arbeiter.
    »Es war Robbys BMW, da

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