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Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Titel: Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edi Graf
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seiner Handfläche glänzen, kann aber
damit nichts anfangen.
    »Rangabzeichen«,
sagt Ben und schließt seine Faust um den goldfarbenen Doppelpfeil.
    »Woher hast
du das?«
    »Bei den
Leichen gefunden.« Er schweigt.
    »Und du
meinst …?«
    »Ja«, sagt
er und nimmt ihre Gedanken vorweg, »ich glaube, dass Polizisten oder Soldaten diesen
Überfall begangen haben.«
    Die Reise
ist gefährlicher geworden, je weiter sie nach Norden kommen. Bis zum nächsten Wüstenlager
geht es zu Fuß weiter, ab dort sollen sie auf großen Lastwagen nach Maghnia an der
Grenze zu Marokko gebracht werden. Sie gehen jetzt bei Nacht, verstecken sich bei
Tag vor der Polizei. Es hat sich schnell herumgesprochen, dass Polizisten ihre wahren
Gegner sind, schlimmer noch als die Banditen und Wegelagerer. Wer einen Flüchtling
zurück nach Mali bringt, kassiert ein Prämie. Ben hat recht behalten.
    Hinter Tam
beginnt der schrecklichste Teil des Wegs, auch wenn Hadé denkt, dass es schlimmer
eigentlich nicht mehr kommen kann. Durst ist ihr täglicher Begleiter, Wasser wird
zum Zahlungsmittel, denn auf den geheimen Pfaden, die sie von Tamenghest nach Norden
zum Grand Erg Oriental, der westlichen großen Sandwüste, aus Angst vor der algerischen
Polizei benutzen, gibt es keine Tankwagen, die den Karawanen Wasser verkaufen. Auch
die Vorräte der Tuareg sind erschöpft.
    Für die
Frauen im Treck beginnt ein seltsamer Handel. Haben sie noch im Tamenghest Geld
für ihren Körper bekommen, verkaufen sie nun ihre Säfte. Der Handel der sich zunächst
im Geheimen, aber bald schon in der ganzen Karawane anbahnt, macht die Frauen zu
Händlern und die Männer zu Käufern und Bettlern. Nichts ist in diesen Tagen kostbarer,
als der Urin einer Frau, deren Körper mehr davon zu besitzen scheint, als der eines
Mannes. Es bleibt keine Zeit für Ekel und Scham, wer sich weigert, Urin zu trinken,
verdurstet. Ohne die Säfte der Frauen haben die Männer hier in der Wüste keine Chance.
Und wenn Hadé schon lange aufgehört hat, ihre Freier zu zählen oder die Toten am
Karawanenweg, so zählt sie jetzt wieder die Scheine, die ihr von durstigen Männern
in die Hand gedrückt werden.
    Als sie
eines Abends erschöpft das nächste Wüstenlager erreichen, wartet Akpan, der seit
ihrem Aufbruch aus Gao spurlos verschwunden war, auf sie. Drei Tage später brechen
sie mit 40 anderen Flüchtlingen auf der Ladefläche eines voll bepackten LKW auf.
Den letzten Teil der Reise, über den Djebel Aissa, einen Ausläufer des Sahara-Atlas,
zur algerischen Grenzstadt Maghnia, fahren sie mit anderen Fahrzeugen im Konvoi.
    Zweimal
stoßen sie auf Polizeikontrollen, beide Mal verhandelt Akpan und besticht die Polizisten.
Hadé ahnt, dass der Trolley das Geld am Ende der Reise durch die Wüste wieder einfordern
wird. Doch den Polizisten reicht das Geld allein nicht aus. Bei der letzten Kontrolle
suchen sie sich Frauen aus. Fünf bleiben in der verwahrlosten Polizeistation zurück.
Hadé und Sema haben diesmal Glück und dürfen weiterfahren. Der Targi, den sie an
diesem Tag zum letzten Mal sehen, hat dafür gesorgt.
    Rhissa ag
Jebrim blickt sich nicht ein einziges Mal nach Hadé um, als der LKW mit ihr und
ihrer Schwester weiterfährt.

43
     
    »Hier willst du also herausfinden,
ob ein oder zwei Container dieser Schrottmasse von einer deutschen Firma kommen?
Na, denn mal los!«, sagte Ulla und ging mit gezieltem Schritt auf eine Gruppe Jugendlicher
zu, die am Fuß des Müllbergs mit bloßen Händen Computerplatinen in ihre Einzelteile
zerlegten.
    Alan erschauderte.
Er kannte sich zwar mit Computern und all diesen neumodischen Errungenschaften wie
I-Pods und Tralala nicht aus, doch dass diese Menschen hier mit ihrem Leben spielten,
war ihm durchaus bewusst. Er sah weder Schutzbrillen noch Handschuhe, geschweige
denn Atemschutzmasken. Was immer diese Kinder mit nackten Fingern aus dem Elektroschrott
pulten, sie riskierten, dass sie – ohne es zu wissen – mit giftigen Bauteilen in
Berührung kamen, beim Schmoren der Kupferkabelisolierung ätzende Dämpfe einatmeten
und dadurch bleibende gesundheitliche Schäden davontrugen.
    Mindestens
so giftig schienen jedoch die Blicke zu sein, die die Jugendlichen ihnen zuwarfen.
Sicher verirrten sich selten Weiße hierher, und wenn, hatte es oft unangenehme Folgen,
das ahnte Alan. Er war sich nicht sicher, ob diese Menschen sich legal auf der Deponie
herumtrieben, ob die Suche nach den wertvollen Bestandteilen dieses Hightechmülls
von den Behörden

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