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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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hervor.
    Das Gas verbreitete sich schnell und vermischte sich mit Dampf und Korditrauch. Es füllte den ganzen Raum, man sah die Hand vor Augen nicht.
    Fünf Männer und ein Hund stöhnten, jaulten und husteten in der Wohnung.
    Im Treppenhaus saß der Gasexperte, presste die rechte Hand gegen die linke Schulter und wimmerte. Bulldozer Olsson stürzte aus der nächsthöheren Etage herbei und fragte aufgeregt:
    »Was ist passiert? Was ist los? Was geht hier vor?« Aus dem gaserfüllten Raum drangen entsetzliche Laute. Ersticktes Heulen, Hilferufe und heisere, unverständliche Flüche. »Operation abbrechen«, kommandierte Bulldozer mit versagender Stimme und begann, heiser und bollernd zu husten. Er zog sich treppaufwärts zurück, fort von der Gaswolke, die ihn verfolgte. Er drückte das Kreuz durch und wandte sich der kaum noch erkennbaren Türöffnung zu. »Malmström und Mohren«, rief er gebieterisch, aber mit herabströmenden Tränen im Gesicht. »Werft eure Waffen weg und kommt mit erhobenen Händen heraus. Ihr seid verhaftet.«

19
    Donnerstagmorgen, den 6. Juli 1972, war die Sonderkommission zur Bekämpfung von Banküberfällen blass, aber gefasst. In ihrem Hauptquartier herrschte verbissenes Schweigen. Niemand fühlte sich sonderlich wohl bei dem Gedanken an die Ereignisse des Vortags. Vor allem Gunvald Larsson nicht.
    In einem Film mag es lustig sein, aus dem Fenster zu fallen und fünf Stockwerke über dem Erdboden zu baumeln, in der Wirklichkeit dagegen nicht. Zerschnittene Hände und ruinierte Kleider stimmen einen da auch nicht unbedingt fröhlicher. Im Grunde war es die Sache mit der Kleidung, die Gunvald Larsson am meisten grämte. Er wählte seine Garderobe mit großer Sorgfalt, außerdem schluckte sie einen Großteil seines Gehalts. Und nun waren wieder einige seiner liebsten Kleidungsstücke im Dienst ruiniert worden, er wusste nicht mehr, zum wievielten Mal.
    Einar Rönn war auch nicht froh, und selbst Kollberg fiel es schwer, etwas Positives in der fast schon grotesken Situationskomik des Ganzen zu finden. Zu gut erinnerte er sich noch an das Kribbeln in der Magengrube, als er wirklich für einen Moment geglaubt hatte, er und Gunvald Larsson hätten nur noch fünf Sekunden, bis sie auf der Erde zerschmettert würden. Übrigens war er nicht einmal religiös und glaubte folglich nicht an geflügelte Kriminalpolizisten in einem großen Polizeipräsidium auf Wolke sieben.
    Die Schlacht auf Danviksklippan war genau analysiert worden, dennoch war der schriftliche Bericht eigentümlich vage und ausweichend formuliert. Kollberg hatte ihn verfasst.
    Die Verluste ließen sich allerdings nicht wegdiskutieren. Drei Männer hatten ins Krankenhaus gebracht werden müssen, aber keiner von ihnen war lebensbedrohlich verletzt oder lief Gefahr, bleibende Schäden zurückzubehalten. Der Tränengasexperte hatte eine Fleischwunde in der Schulter und Zachrisson Verbrühungen im Gesicht. Außerdem behaupteten die Arzte, er stehe unter Schock, wirke »eigenartig« und habe Probleme, einfache Fragen klar zu beantworten, was jedoch eventuell daran liegen mochte, dass sie ihn nicht kannten und seine intellektuellen Möglichkeiten überschätzten. Sie zu unterschätzen erschien dagegen fast unmöglich. Der vom Hund gebissene Beamte konnte sich darauf einstellen, wochenlang krankzufeiern; zerfetzte Muskulatur und gerissene Sehnen verheilen nicht von heute auf morgen.
    Am schlechtesten stand es allerdings um den Hund. Die Chirurgie der Veterinärhochschule ließ mitteilen, es sei zwar gelungen, die Kugel zu entfernen, eine Einschläferung könne aber immer noch notwendig werden, falls sich die Wunde infiziere. Boy sei ein junges und kräftiges Tier, hieß es abschließend, sein Allgemeinzustand sei zufriedenstellend. Für jemanden, der mit der Terminologie vertraut war, klang das wenig hoffnungsvoll.
    Die Anwesenden waren auch nicht gerade in Form. Rönn hatte ein großes Pflaster auf der Stirn und zwei prächtige blaue Flecken, die seine von Natur aus rote Nase noch zusätzlich hervorhoben.
    Gunvald Larsson hätte eigentlich zu Hause bleiben sollen, da jemand, dessen rechte Hand und rechtes Knie fest bandagiert waren, nur begrenzt diensttauglich genannt werden konnte. Darüber hinaus hatte er eine ordentliche Beule am Kopf. Über Kollberg ließ sich sagen, dass sein körperlicher Zustand etwas besser war, aber er litt unter schweren, bohrenden Kopfschmerzen. Er war überzeugt, dass die wenig gesundheitsförderliche

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