Verschlossen und verriegelt
nicht besonders weit gekommen. Warum fragst du?«
»Weil man mir den Fall bekanntlich als eine Art Therapie übertragen hat.«
»Jau«, sagte Rönn. »Das ist wirklich ein idiotischer Fall. Kommt einem vor wie der Anfang eines Detektivromans. Ein Erschossener in einem Zimmer, das von innen abgeschlossen ist. Außerdem…«
Er verstummte, so als schämte er sich für etwas. Das war eine seiner irritierenden Angewohnheiten. Man musste ihn ständig antreiben, zum Beispiel, indem man fragte: »Was wolltest du sagen?«
»Gunvald meinte, ich sollte mich gleich selbst verhaften.«
»Warum das?«
»Als Tatverdächtigen. Jau, du siehst es wohl selbst, oder? Ich könnte ihn erschossen haben, hier aus meinem Zimmer. Durchs Fenster.«
Martin Beck erwiderte nichts, und Rönn wurde sofort unsicher.
»Jau, das sollte natürlich nur ein Witz sein. Außerdem war Svärds Fenster ja von innen verschlossen und das Rollo heruntergelassen und die Scheibe heil. Und außerdem…«
»Was wolltest du sagen?«
»Außerdem bin ich ein hundsmiserabler Schütze. Einmal habe ich aus acht Metern Entfernung einen Elch verfehlt. Danach hat mein Vater mir nicht mehr erlaubt zu schießen. Ich durfte nur noch die Thermoskanne, den Schnaps und die Stullen tragen. Also…«
»Ja?«
»Jau, es sind zweihundertfünfzig Meter bis dahin. Und jemand, der mit einem Gewehr auf acht Meter Entfernung einen Elch verfehlt, würde mit einer Pistole wahrscheinlich nicht einmal den Häuserblock dahinten treffen. Oh, ich wollte nicht… Entschuldige…«
»Was wolltest du nicht?«
»Jau, es muss für dich natürlich unangenehm sein, dass ich so viel über Pistolen und Schießen und so rede.«
»Überhaupt nicht. Wie viel Arbeit hast du auf den Fall verwandt?«
»Wie gesagt, nur ein bisschen. Ich habe mich um die kriminaltechnische Untersuchung gekümmert, aber zu der Zeit war da drüben ja schon alles zertrampelt. Dann hab ich noch in der Gerichtsmedizin angerufen und gefragt, ob jemand Paraffinproben von Svärds Händen genommen hat. Das hatte keiner gemacht und leider…«
»Ja?«
»Jau, die Leiche war nicht mehr da. Sie war schon verbrannt worden. Eine schöne Bescherung. Was für eine Ermittlung.«
»Hast du Nachforschungen zu Svärds Leben angestellt?«
»Nein, dazu bin ich nicht mehr gekommen. Aber eins habe ich noch in die Wege zu leiten versucht.«
»Was denn?«
»Jau, wenn er erschossen wurde, musste es doch eine Kugel geben. Aber eine ballistische Untersuchung war nicht gemacht worden. Also habe ich die Obduzentin angerufen, eine junge Frau, und sie hat gesagt, sie habe die Kugel in einen Umschlag gesteckt und ihn irgendwo hingelegt. Von vorne bis hinten Schlamperei.«
»Und?«
»Sie konnte ihn nicht finden. Den Umschlag, meine ich. Ich habe ihr gesagt, dass sie ihn finden und die Kugel zur ballistisehen Untersuchung schicken muss. Dann hat man mir den Fall abgenommen.«
Martin Beck blickte zur fernen Häuserzeile an der Bergsgatan hinüber und rieb sich nachdenklich mit Daumen und Zeigefinger über die Nasenwurzel.
»Du, Einar«, sagte er. »Was ist deine private Meinung dazu, wie es passiert ist? Was denkst du persönlich?«
Als Polizist verrät man persönliche Ansichten über offizielle Ermittlungen nur im engsten Freundeskreis.
Martin Beck und Rönn waren, solange sie sich kannten, weder Freunde noch Feinde gewesen.
Rönn schwieg, offenbar unangenehm berührt, längere Zeit. Dann sagte er:
»Jau, ich glaube, dass ein Revolver in der Wohnung war, als die Jungs von der Streife die Wohnung aufgebrochen haben.« Warum ein Revolver? Die Antwort war einfach: Man hatte keine Patronenhülse gefunden. Rönns Kopf arbeitete trotz allem ziemlich gut. Irgendwo auf dem Fußboden hatte ein Revolver gelegen, zum Beispiel unter der Leiche. Später hatte ihn jemand an sich genommen.
»Das setzt voraus, dass einer der Beamten lügt, nicht wahr?« Rönn schüttelte missmutig den Kopf.
»Jau«, sagte er. »Naja, so würde ich es nicht gerade ausdrücken. Vielleicht haben sie geschlampt und wollten sich hinterher gegenseitig decken. Angenommen, Svärd hat sich erschossen, und der Revolver lag unter der Leiche. Dann konnten doch weder die Streifenpolizisten noch Gustavsson, der da war und sich alles angeschaut hat, den Revolver sehen, solange die Leiche noch da lag. Und dass sie den Fußboden abgesucht haben, nachdem die Leiche weggebracht worden war, ist alles andere als sicher.«
»Kennst du Aldor Gustavsson?«
»Jau.«
Rönn wand sich
Weitere Kostenlose Bücher