Verschlossen und verriegelt
Besen, eine Schneeschaufel und zwei Spaten. »In solchen Räumen bekomme ich immer Platzangst«, sagte Kollberg. »Wenn wir im Krieg eine Schutzraumübung hatten, habe ich immer dagesessen und mir vorgestellt, wie es wohl ist, unter einem zerbombten Haus eingeschlossen zu sein und nicht mehr rauszukönnen. O Mann.«
Er schaute sich um. In der Ecke hinter der Hobelbank stand eine alte Holzkiste mit der kaum lesbaren Aufschrift S A ND auf der Vorderseite. Auf ihrem Deckel stand ein Zinkeimer.
»Sieh mal«, sagte er. »Da steht noch eine alte Sandkiste aus dem Krieg.«
Er nahm den Eimer herunter und öffnete die Kiste. »Der Sand ist noch da«, sagte er.
»Er ist ja auch nie gebraucht worden«, erwiderte Gunvald Larsson.
»Jedenfalls nicht, um Brandbomben zu löschen. Was ist denn das?« Kollberg hatte sich über die Kiste gebeugt, die Hand hineingesteckt und etwas herausgehoben. Er legte den Gegenstand auf die Hobelbank.
Es war eine grüne Segeltuchtasche, ein amerikanisches Armeemodell. Kollberg öffnete sie und legte ihren Inhalt der Reihe nach auf die Bank. Ein zerknittertes hellblaues Hemd. Eine blonde Perücke.
Ein blauer Jeanshut mit breiter Krempe. Eine Sonnenbrille. Und eine Pistole, eine Llama Auto, Kaliber .45.
24
Die junge Frau, die sich Monita nannte, war Filip Trofast Mauritzon an dem Sommertag vor drei Jahren, als sie an einem Bootssteg auf der Insel Möja in den Stockholmer Schären fotografiert wurde, noch nicht begegnet.
Jener Sommer war der letzte in ihrer sechsjährigen Ehe mit Peter gewesen; im Herbst lernte er eine andere Frau kennen, und kurz nach Weihnachten verließ er Monita und ihre damals fünfjährige gemeinsame Tochter Mona. Monita fügte sich seinem Willen und beantragte aufgrund seiner Untreue ein Schnellscheidungsverfahren. Er hatte es eilig, seine neue Frau zu heiraten, die schon im fünften Monat schwanger war, als die Scheidung rechtskräftig wurde. Monita durfte die Zweizimmerwohnung in Hökarängen behalten, und es war nie etwas anderes in Betracht gezogen worden, als ihr das Sorgerecht für die Tochter zu übertragen. Peter verzichtete auf sein Recht, die Tochter regelmäßig zu sehen; später sollte sich herausstellen, dass er zudem darauf verzichtete, seine Pflicht, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, zu erfüllen.
Die Scheidung bedeutete nicht nur eine deutliche Verschlechterung ihrer finanziellen Situation. Monita sah sich außerdem gezwungen, ihre gerade erst begonnene Weiterbildung aufzugeben, was sie mehr als alles andere an dieser traurigen Scheidungsgeschichte grämte.
Sie hatte sich mit der Zeit durch ihre mangelhafte Ausbildung benachteiligt gefühlt, ohne dass man ihr daran die Schuld hätte geben können, da sie im Grunde nie die Gelegenheit gehabt hatte, zu studieren oder einen Beruf zu erlernen. Als sie die obligatorischen neun Schuljahre absolviert hatte, wollte sie sich ein Jahr Pause gönnen, bevor sie sich um einen Platz auf dem Gymnasium bewarb, und als das Jahr vorüber war, hatte sie Peter kennengelernt. Sie hatten geheiratet, und die Pläne für eine Weiterbildung wurden aufgeschoben. Im Jahr darauf wurde ihre Tochter geboren. Peter besuchte mittlerweile die Abendschule, und erst als er ein Jahr vor der Scheidung seine Ausbildung abgeschlossen hatte, war sie an der Reihe, die Abendschule zu besuchen. Mit Peters Auszug wurden ihre Chancen auf ein Studium zunichtegemacht, da keine regelmäßige Kinderbetreuung aufzutreiben war, und selbst wenn sie einen Babysitter gefunden hätte, wäre es ihr nicht möglich gewesen, ihn zu bezahlen.
In den ersten beiden Jahren nach der Geburt ihrer Tochter war Monita daheimgeblieben, aber sobald es ihr gelungen war, das Kind bei einer privaten Tagesmutter unterzubringen, hatte sie wieder angefangen zu arbeiten. Früher, also von dem Monat nach Ende ihrer Schulzeit bis wenige Wochen vor der Entbindung, hatte sie eine Reihe von Jobs gehabt. Im Laufe von zwei Jahren hatte sie als Bürogehilfin, Supermarktkassiererin, Verkäuferin, Fabrikarbeiterin und Kellnerin gearbeitet. Sie war ein unruhiger Geist, sie hatte gekündigt und sich eine neue Stelle gesucht, sobald sie sich nicht mehr wohl fühlte oder den Wunsch nach einer Abwechslung verspürte. Als sie nach zweijähriger unfreiwilliger Unterbrechung wieder anfing, Arbeit zu suchen, musste sie feststellen, dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt schwieriger geworden war und es nicht viele freie Stellen gab. Für sie, die weder eine Ausbildung noch Beziehungen
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