Verschlossen und verriegelt
Hochzeitsnacht den Löffel abgeben.
Es gab junge Frauen, die viel Geld als Prostituierte verdienten, sie kannte sogar eine von ihnen. Heutzutage musste man nicht mehr auf die Straße gehen, man konnte sich Fotomodell nennen und sich ein Atelier einrichten oder in einem Massagesalon oder einem eleganten Sexclub arbeiten. Aber sie fand den bloßen Gedanken schon abstoßend.
Also blieb ihr nur, das Geld zu stehlen - aber wie und wo? Sie war mit Sicherheit zu ehrlich, um mit so was ungeschoren davonzukommen.
Fürs Erste würde sie jedenfalls versuchen, eine gute Stelle zu finden.
Das ging leichter, als sie zu hoffen gewagt hatte. Sie bekam eine Stelle als Kellnerin in einem bekannten und gutbesuchten Restaurant in der Stockholmer Innenstadt, das nur mittags geöffnet hatte. Kurze und angenehme Arbeitszeiten und gute Chancen, einiges an Trinkgeld zu erhalten. Einer der vielen Menschen, die sich regelmäßig für dieses Restaurant entschieden, war Filip Trofast Mauritzon. Eines Tages saß er an einem von Monitas Tischen und bestellte Eisbein mit Kohlrübenpüree, ein unauffälliger, aber gepflegter kleiner Herr. Er sagte ein paar freundliche und scherzhafte Worte zu ihr, als sie kassierte, aber es gab nichts an ihm, was Monitas Aufmerksamkeit erregt hätte. Andererseits gab es auch nichts an Monita, was Mauritzons Interesse geweckt hätte, zumindest an jenem Tag nicht. Monita hatte ein unscheinbares Äußeres, was ihr irgendwann bewusst geworden war, weil Leute, die sie nur ein oder zweimal gesehen hatten, sie selten wiedererkannten, wenn sie ihr das nächste Mal begegneten. Sie hatte dunkle Haare, blaugraue Augen, gesunde Zähne und ebenmäßige Gesichtszüge. Sie war mittelgroß, eins fünfundsechzig, von normaler Statur und wog sechzig Kilo.
Es gab Männer, die sie hübsch fanden, aber erst, nachdem sie Monita näher kennengelernt hatten.
Als sich Mauritzon zum dritten Mal in der gleichen Woche an einem von Monitas Tischen niederließ, erkannte sie ihn wieder und nahm an, dass er Griebenwurst mit Bechamelkartoffeln bestellen würde, die Hausmannskost des Tages. Bei seinem letzten Besuch hatte er Speckpfannkuchen gegessen.
Er bestellte Griebenwurst und Milch, und als sie ihm das Essen brachte, sah er sie an und sagte:
»Sie sind anscheinend neu hier, Fräulein.«
Sie nickte. Es war nicht das erste Mal, dass er mit ihr sprach, aber wie gesagt, sie war es gewöhnt, anonym zu bleiben, und die Kellnerinnentracht machte es nicht eben leichter, sich an sie zu erinnern.
Als sie mit der Rechnung kam, gab er ihr reichlich Trinkgeld und sagte:
»Ich hoffe, es wird Ihnen hier gefallen, denn mir gefällt es hier. Und das Essen ist gut, also achten Sie auf Ihre Figur.« Er zwinkerte ihr freundlich zu, bevor er ging. In den folgenden Wochen fiel Monita auf, dass der gepflegte kleine Herr, der stets Hausmannskost aß und nie etwas anderes als Milch trank, sich mit Absicht an einen ihrer Tische setzte. Er blieb an der Tür stehen und beobachtete, an welchen Tischen sie bediente, bevor er Platz nahm. Sie wunderte sich, war aber auch ein wenig geschmeichelt. Sie selbst hielt sich für eine schlechte Kellnerin, weil es ihr schwerfiel, nörgelnden oder unfreundlichen Gästen gegenüber freundlich zu bleiben, und weil sie zurückschnauzte, wenn sich jemand bei ihr beschwerte. Außerdem war sie häufig in Gedanken und oft unkonzentriert und vergesslich. Andererseits war sie stark und schnell und behandelte Gäste, die es ihrer Meinung nach verdienten, ausnehmend freundlich, ohne sich einzuschmeicheln oder herumzualbern wie einige der anderen Kellnerinnen.
Wenn Mauritzon da war, wechselte sie jedes Mal ein paar Worte mit ihm, und mit der Zeit wurde er für sie so etwas wie ein alter Bekannter. Sie war fasziniert von seinem korrekten, ein wenig altmodischen Auftreten, das ihr so gar nicht zu seinen Ansichten über Gott und die Welt zu passen schien, die er hin und wieder in lapidaren Kommentaren zum Besten gab. Monita machte ihr neuer Job nicht gerade großen Spaß, aber sie fand ihn trotzdem relativ gut, und ihr Arbeitstag endete so früh, dass sie Mona abholen konnte, bevor der Kindergarten zumachte. Sie fühlte sich nicht mehr ganz so einsam und isoliert, hoffte jedoch weiterhin inständig, eines Tages in ein in jeder Hinsicht freundlicheres Klima ziehen zu können. Mona hatte im Kindergarten Spielkameraden gefunden und konnte es morgens kaum erwarten, hingehen zu dürfen. Ihre beste Freundin wohnte im selben Haus, und Monita
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