Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
gehört haben — so was kommt auf der Gorgie Road schließlich häufiger vor.«
»Trotzdem, John …«
»Trotzdem, Sir, es war ein Fehler. Das hab ich DC Clarke bereits klargemacht.« Er hätte ihnen auch sagen können, dass es die Schuld der Frau von der Steuerfahndung gewesen war, doch mit derartigen Ausreden würde man nur Schwäche zeigen. Rebus konnte das durchaus auf seine Kappe nehmen, wenn er dadurch schneller aus diesem Büro käme. Der Geruch von Whisky und Körperausdünstungen bereitete ihm leichte Übelkeit.
»Alister?«
»Nun ja, Sir, Sie kennen meine Meinung zu dem Thema.«
Lauderdale nickte. »John«, sagte er, »in der ›Operation Geldsäcke‹ steckt sehr viel Planung, und es steht eine Menge auf dem Spiel. Wenn Sie zulassen, dass zwei Kinder mitten in eine Observierung hineinplatzen, wird es vielleicht Zeit, dass Sie Ihre Prioritäten überdenken. Zum Beispiel diese Akten hinter Ihrem Schreibtisch. Das Zeug ist fünf Jahre alt. Schalten Sie Ihr Gehirn wieder auf Gegenwart um, verstanden?«
»Ja, Sir.«
»Wir wissen, dass Sie der Überfall auf DS Holmes mitgenommen hat. Meine Frage ist, fühlen Sie sich in der Lage, bei der Durchführung von ›Operation Geldsäcke‹ mitzuwirken?«
Ah, daher wehte der Wind. Little Weed wollte die ganze Aktion an sich reißen. Er wollte derjenige sein, der Dougary festnahm.
»Ich fühle mich dazu in der Lage, Sir.«
»Dann also keine Schlamperei mehr, verstanden?«
»Verstanden, Sir.«
Rebus hätte alles gesagt, um diese Besprechung abzukürzen; nun ja, beinah alles. Aber er dachte nicht im Traum daran, Flower irgendwas zu überlassen, und schon gar nicht in so einem Fall, selbst wenn er ihn für reine Zeitverschwendung hielt. Kehren Sie in die Gegenwart zurück, hatte Lauderdale gesagt. Doch als Rebus das Büro verließ, wusste er genau, wo sein Gehirn hinstrebte: zurück in die Vergangenheit.
Am späten Nachmittag kam er zu dem Schluss, dass er nur zwei Möglichkeiten hatte, mit dem Central Hotel weiterzukommen, nur noch zwei Leute, die ihm vielleicht helfen konnten. Einen davon rief er an. Mit ein bisschen Überzeugungskraft gelang es ihm, kurzfristig ein Gespräch zu vereinbaren.
»Es könnte allerdings Unterbrechungen geben«, warnte die Sekretärin. »Wir haben im Augenblick sehr viel zu tun.«
»Mit Unterbrechungen kann ich leben.«
Zwanzig Minuten später wurde er in einem alten, gut erhaltenen Backsteingebäude in ein kleines holzvertäfeltes Büro geführt. Aus den Fenstern konnte man auf hässlichere neue Bauten aus Wellblech und glänzendem Stahl sehen. Dampf strömte aus zahlreichen Rohren, doch drinnen war auf wundersame Weise von dem intensiven Brauereigeruch nichts zu merken.
Die Tür ging auf und ein Mann um die Dreißig trat in den Raum.
»Inspector Rebus?«
Sie gaben sich die Hand. »Danke, dass Sie bereit waren, mich so kurzfristig zu empfangen, Sir.«
»Ihr Anruf klang spannend. Für einen kleinen Nervenkitzel bin ich immer noch zu haben.«
Aus der Nähe konnte Rebus sehen, dass Aengus Gibson wohl doch noch keine Dreißig war. Der dezente Anzug, die Brille und das kurze glatte Haar ließen ihn älter wirken. Er ging zu seinem Schreibtisch, zog das Jackett aus und drapierte es sorgfältig über die Rückenlehne eines großen gepolsterten Stuhls. Dann nahm er Platz und krempelte seine Hemdsärmel hoch.
»Setzen Sie sich doch bitte, Inspector. Also, es geht um das Central Hotel, sagten Sie?«
Auf dem Schreibtisch lagen diverse Papiere, und Gibson tat so, als würde er darin lesen, während Rebus sprach, doch Rebus wusste, dass der Mann jedes Wort hörte.
»Wie Sie wissen, Mr Gibson, ist das Central vor fünf Jahren abgebrannt. Der Grund für das Feuer wurde nie so richtig geklärt, doch noch beunruhigender war der Fund einer Leiche mit einem Einschussloch im Herzen. Die Leiche ist nie identifiziert worden.«
Rebus hielt inne. Gibson nahm seine Brille ab und legte sie auf die Papiere. »Ich kannte das Central ziemlich gut, Inspector. Ich bin überzeugt, dass mein Ruf mir vorauseilt.«
»Der vergangene und der gegenwärtige, Sir.«
Gibson tat so, als hätte er das nicht gehört. »Ich war in meiner Jugend ein bisschen wild, und Sie hätten sicher Mühe, einen wilderen Haufen Leute zu finden als den, der damals im Central Hotel verkehrte.«
»Sie müssen damals Anfang zwanzig gewesen sein, Sir, nicht mehr ganz so ›jugendlich‹.«
»Einige Leute brauchen halt etwas länger, erwachsen zu werden als andere.«
»Warum
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