Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
Gedächtnislücken und Episoden nur, wenn sie allein ist?«
»Ich bin kein Facharzt für …«
»Warum fing das alles erst an, nachdem sie gesehen hat, wie eine Frau ermordet wurde?«
Der Doc schnaubte und widmete sich wieder der Zubereitung seiner Sandwiches. »Wir können nicht mit Sicherheit ausschließen, dass es vorher bereits andere Episoden gab. Aber wenn sie erst danach eingesetzt haben, kann es viele Gründe dafür geben. Zum Beispiel, dass das Erlebnis die Symptome erst ausgelöst hat.«
Der Doc legte die Sandwiches auf einen Teller, gab je zwei eingelegte Gurken dazu und eine Hand voll Kartoffelchips. Dann schenkte er zwei Gläser mit Milch ein.
»Ich habe viel Zeit mit ihr verbracht. Ich habe keinerlei Symptome bemerkt. Nicht, was du meinst.«
»Aber etwas hast du schon bemerkt.«
»Du versuchst, mich in eine bestimmte Richtung zu lenken, das mag ich nicht.«
»Wenn sie Hilfe braucht, muss sie welche bekommen«, entgegnete der Doc. »Na gut. Folgendes ist mir aufgefallen: Ich sehe eine Frau, die hart dafür kämpft, ihrer Hölle zu entfliehen. Die beinahe jede Nacht Albträume hat, aber jeden Tag aufsteht und tut, was getan werden muss. Ich sehe eine Überlebende mit Rückgrat, Herz und Humor, die versucht, die Scherben ihres Lebens wieder zusammenzukitten.«
»Setz dich und iss etwas«, schlug der Doc vor. »Weiß sie, dass du in sie verliebt bist?«
Brodys Magen zog sich zusammen, trotzdem setzte er sich. Er nahm einen Bissen von seinem Sandwich. »Ich habe nie gesagt, dass ich in sie verliebt bin.«
»Zwischen den Zeilen schon, Brody. Als Schriftsteller solltest du eigentlich zwischen den Zeilen lesen können.«
»Sie und ihr Leben liegen mir am Herzen.« Er hörte Abwehr und eine Spur von Angst in seiner Stimme. »Und dabei wollen wir es auch belassen.«
»Na gut. Wenn ich dich richtig verstehe, glaubst du, oder hältst es zumindest für möglich, dass diese Dinge geschehen, weil irgendjemand Reece schaden will.« Stirnrunzelnd griff der Doc nach seiner Milch. »Der Einzige, der ein Motiv hätte, ihr zu schaden, ist der Mann, der die Frau ermordet hat, die sie angeblich gesehen hat.«
»Die sie tatsächlich gesehen hat.«
»Gut, aber bewiesen ist das nach wie vor nicht.« Immer noch stirnrunzelnd nahm der Doc einen Schluck. »Aber wenn es wirklich so ist und du Recht hast … hast du dann schon dem Sheriff davon erzählt?«
»Rick wird daraus einfach nur schließen, dass sie plemplem ist. Jede Glaubwürdigkeit, die sie jetzt noch als Zeugin besitzt, ist anschließend endgültig dahin.«
»Wenn er die Fakten nicht kennt, kann er seine Arbeit nicht richtig machen.«
»Fürs Erste passe ich auf sie auf. Er kann sich darauf konzentrieren, wer in Moose Ponds versenkt und wer beim Snake River ermordet wurde. Das, was ich dir erzählt habe, bleibt alles unter uns.«
»Na gut, einverstanden.« Der Doc hob besänftigend die Hand. »Bitte lass dir den Appetit nicht verderben. Ich habe heute beim Büro des Sheriffs vorbeigeschaut und mir von Denny die Fotos zeigen lassen.«
»Und?«
»Ich kann mich nur an das halten, was Reece mir gesagt hat, und an die Zeichnung, die sie abgesegnet hat. Mit Sicherheit kann ich gar nichts sagen. Könnte es die Frau sein, die sie gesehen hat? Ja, sie könnte es sein.«
»Und wie erklärst du dir dann die lange Zeitspanne dazwischen? Es ist schon Wochen her, seit Reece die beiden beobachtet hat.«
»Das bereitet mir auch Kopfzerbrechen, genau wie den Behörden, nehme ich an. Sie hatte Fesselmale an Händen und Füßen. Unter Umständen hat er sie die ganze Zeit festgehalten. Aber das erklärt noch nicht, warum diese Leute dort, wo Reece sie gesehen hat, keinerlei Spuren hinterlassen haben. Warum würgt dieser Mann eine Frau derart, dass Reece annimmt, sie sei tot, nur um sie anschließend fortzuschleifen und seine Spuren zu verwischen, damit Rick, ein Mann, der sich wirklich mit Spuren auskennt, nichts findet?«
»Weil er sie gesehen hat.«
»Er hat sie gesehen?«
»Vielleicht nicht deutlich genug, um sie zu erkennen, aber er hat da jemanden auf dem Bergrücken gesehen. Oder aber ihre Sachen, die sie zurückgelassen hat, bevor sie in mich hineingerannt ist. Er weiß, dass er beobachtet wurde.«
»Kann das wirklich wahr sein?«, murmelte der Doc. »Aus dieser Entfernung.«
»Reece hatte einen Feldstecher dabei – warum soll er nichts gesehen haben. Nachdem er die Frau ermordet hat, hat er die ganze Gegend abgesucht. Auch eine Art, seine Spuren zu
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