Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
links und dann … ja!«
Sie sah Joanies alten Ford-Pick-up, jubelte innerlich und hielt an.
Keine Ahnung, was sie eigentlich erwartet hatte. Ein rustikales kleines Blockhaus vielleicht. Einen kleinen Western-Bungalow. Beides hätte ihrer Meinung nach gut zu ihrer scharfzüngigen, ungeduldigen Chefin gepasst.
Aber mit dem stilvollen, geräumigen Haus aus Holz und Glas, der großzügigen Veranda, die über den Sumpf hinausragte und sich zu einer Waldlichtung hin öffnete, hatte sie nicht gerechnet.
Genauso wenig mit den Unmengen an bunten Stiefmütterchen auf den Fensterbänken. Sie dachte: das reinste Hexenhaus, obwohl es eher nüchtern gehalten war und ganz und gar nichts Verspieltes hatte. Aber seine versteckte Lage mitten im Wald verlieh ihm etwas Unwirkliches.
Entzückt folgte sie der weiteren Wegeschreibung, parkte und stieg dann aus dem Wagen, um zur Gebäuderückseite zu gehen.
Fenster, wohin man sah. Großzügige Panoramafenster, die eine gute Aussicht auf die Berge, das Sumpfland, den See und den Ort boten. Noch mehr Töpfe mit Stiefmütterchen und wieder andere mit Rankhilfen, aus denen bald Narzissen, Tulpen und Hyazinthen sprießen würden, sobald das Wetter wärmer würde.
Die Sonne spiegelte sich in den Fenstern. Durch eines der Küchenfenster konnte sie Joanie erkennen, die ein Sweatshirt trug, dessen Ärmel sie hochgeschoben hatte, und die bereits irgendetwas in einer Schüssel verrührte.
Reece ging um das Gebäude herum zur Tür und klopfte.
»Es ist offen!«
Dass nicht abgeschlossen war, ließ Reece instinktiv zusammenzucken. Was, wenn sie ein Verrückter mit Baseballschläger wäre? Sollte man als Frau nicht gewisse Vorkehrungen treffen, und erst recht, wenn man allein lebte? Sie betrat einen kleinen Waschraum, in dem eine alte Flanelljacke und ein formloser brauner Hut an Garderobehaken hingen. Ein paar alte Gummistiefel standen griffbereit neben der Tür.
»Wenn du Matsch an den Schuhen hast, zieh sie bitte aus, bevor du meine Küche betrittst.«
Reece sah nach, ließ schuldbewusst die Schultern hängen und zog die Schuhe aus.
Schon das Haus war die reinste Offenbarung gewesen, doch die Küche stellte alles in den Schatten.
Sie war geräumig, hell, besaß eine riesige, stabile Arbeitsfläche in Bronze- und Kupfertönen. Wahnsinn, ein Doppelherd, dachte sie, sogar mit Umluft, und ein Kühlschrank mit integrierter Gefriertruhe. Reece war aufgeregt und fühlte sich fast wie eine Frau, die kurz davorsteht, Sex mit einem Adonis zu haben. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen, als sie den Luxusherd und zu allem Überfluss auch noch einen Berkel-Mixer erspähte.
Ihr kamen fast die Tränen.
Die Küche war nicht nur technisch auf dem neuesten Stand, sondern strahlte auch noch Charme aus. Blumenzwiebeln blühten in kleinen Glasvasen auf der Fensterbank, interessante Zweige und Gräser ragten aus einer Wurzelholzvase. In einem kleinen Ofen knisterte ein gemütliches Feuer. Und es duftete nach frischem Brot und Zimt.
»Na?« Joanie stellte die Schüssel, die sie gerade noch in der Hand gehabt hatte, auf der Arbeitsfläche ab. »Willst du weiter untätig rumstehen und gaffen, oder schnappst du dir eine Schürze und machst dich an die Arbeit?«
»Zuerst einmal möchte ich niederknien.«
Joanies hübscher Mund verzog sich zu einem Lächeln. Dann gab sie es auf und grinste. »Cool, was?«
»Fantastisch. Ich bin begeistert. Ich dachte, wir würden …« Sie hielt inne und räusperte sich.
»Mit irgendeinem ollen Ofen backen und auf einer Mini-Arbeitsfläche herumwerkeln?«, schnaubte Joanie und ging zu einem Edelstahlkaffeeautomaten hinüber. »Hier wohne ich, und dort, wo ich wohne, hab ich es gern gemütlich und stilvoll.«
»Das kann man wohl sagen. Darf ich bei Ihnen einziehen?«
Joanie schnaubte erneut. »Ich weiß meine Privatsphäre durchaus zu schätzen. Ich hab das letzte Haus auf dieser Seite des Orts. Zwischen mir und den Mardsons liegt fast eine gute Viertelmeile. Rick und Debbie haben drei Kinder. Die Kleine spielt mit ihrem Hund am See, sooft sie kann.«
»Ja.« Reece musste sofort an das kleine Mädchen denken, das den Ball für den Hund geworfen hatte, damit er ihn aus dem See apportieren konnte. »Ich bin ihr schon ein paarmal begegnet.«
»Nette Kinder. Auf der anderen Seite – wenn auch in gehörigem Abstand – wohnt Dick, der alte Glatzkopf«, sagte sie liebevoll. »Der, an dem ich dich hab üben lassen, als du neu in mein Lokal kamst. Er macht gern einen auf harter
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