Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
wieder die Wasserflasche auf und ab, während sich der Sheriff Notizen machte und sie beobachtete. Brody lehnte sich gegen die graue Küchentheke, trank Kaffee und sagte gar nichts.
»Gut. Meinen Sie, Sie könnten einen der beiden identifizieren?«
»Sie vielleicht. Aber nur vielleicht. Ihn hab ich nicht gesehen. Er stand mit dem Rücken zu mir und trug eine Mütze. Ich glaube, beide hatten Sonnenbrillen auf. Sie schon, am Anfang. Sie hatte braune Haare oder schwarze. Ich glaube eher braune. Langes, braunes Haar. Gewellt. Und sie trug eine rote Jacke und eine Kopfbedeckung. Eine Mütze.«
Rick drehte sich um und sah Brody an. »Was hast du gesehen?«
»Reece.« Brody ging zurück zu der Kaffeekanne und schenkte sich nach.
»Sie war ungefähr eine Viertelmeile weiter den Weg hoch, als sie Rast machte. Von da, wo ich mich befand, hätte ich den Ort des Geschehens nicht erkennen können, selbst, wenn ich in die Richtung geschaut hätte.«
Mardson kaute auf seiner Unterlippe. »Ihr wart nicht zusammen.«
»Nein. Wie Reece bereits sagte, kam sie an der Stelle vorbei, wo ich arbeitete. Wir wechselten ein paar Worte, und dann wanderte sie weiter. Ungefähr eine halbe Stunde später ging ich ihr nach, und sie rannte mich auf ihrem Rückweg geradezu über den Haufen. Sie erzählte mir, was passiert war, und ich lief bis zu der Stelle, wo sie gerastet hatte.«
»Konntest du dann irgendwas erkennen?«
»Nein. Wenn du die genaue Stelle sehen möchtest, hol ich eine Karte und zeig dir, wo’s war.«
»Das wäre nett, Brody. Reece«, fuhr Rick fort, als Brody hinausging, »haben Sie irgendein Boot, ein Auto oder einen Transporter gesehen? Irgendwas in der Art?«
»Nein. Ich glaube, ich habe unbewusst danach Ausschau gehalten, konnte aber nichts dergleichen entdecken. Ich dachte, die wollen campen, aber ich hab keine Ausrüstung gesehen und auch kein Zelt. Nur die beiden. Ich hab gesehen, wie er sie erwürgt hat.«
»Erzählen Sie mir alles über ihn. Alles, was Ihnen einfällt«, ermutigte er sie. »Man weiß nie, was wieder hochkommt, an was man sich noch erinnert.«
»Ich hab nicht so drauf geachtet. Er war weiß, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich hab seine Hände gesehen, aber er trug Handschuhe. Schwarze oder braune. Aber sein Profil … Ich bin mir sicher, dass er ein Weißer war. Er könnte auch ein Latino oder Indianer gewesen sein. Aber das war alles so weit weg, selbst mit dem Fernglas. Außerdem war es am Anfang nur ein Wortwechsel. Dann hat sie ihn geschlagen. Zweimal. Nach dem zweiten Mal hat er sie geschubst oder geschlagen. Sie ist hingefallen. Es ging alles so schnell. Er trug eine schwarze Jacke. Eine dunkle Jacke und eine von diesen orangeroten Jagdmützen.«
»Gut, das ist ja schon mal was. Und seine Frisur?«
»An die kann ich mich kaum erinnern.« Sie musste sich schwer zusammenreißen, nicht zu zittern. Sie kannte das Prozedere. Die Fragen, die sie einfach nicht beantworten konnte. »Die war unter der Mütze verborgen und unter seiner Jacke, denke ich. Ich glaube nicht, dass er lange Haare hatte. Ich hab aufgeschrien, vielleicht sogar gebrüllt. Aber sie konnten mich nicht hören. Ich hatte meinen Fotoapparat im Rucksack, aber daran, ein Bild zu machen, hab ich nicht gedacht. Ich war wie gelähmt und dann bin ich weggerannt.«
»Dabei hätten Sie mit Ihrer Willenskraft doch locker in den Fluss springen, ihn schwimmend durchqueren und den Schuldigen zur Polizei schleppen können«, sagte Brody beiläufig, während er mit einer Karte des Gebiets zurückkam. Er breitete sie auf dem Tisch aus und zeigte mit dem Finger darauf. »Hier.«
»Bist du dir sicher?«
»Ja.«
»Na gut.« Rick nickte und erhob sich. »Ich mach mich sofort auf den Weg und seh mich nach Spuren um. Keine Sorge, Reece, wir werden uns darum kümmern. Ich meld mich bei Ihnen. In der Zwischenzeit überlegen Sie bitte, ob Ihnen noch etwas dazu einfällt. Es kommt auf jedes Detail an, auch wenn es Ihnen noch so unwichtig erscheint. Ich möchte es wissen. Alles in Ordnung?«
»Ja, ja, alles in Ordnung. Danke.«
Nachdem er Brody zugenickt hatte, griff Rick nach seiner Mütze und eilte hinaus.
»Tja.« Reece stieß einen langen Seufzer aus. »Meinen Sie … er hat das Zeug dazu?«
»Ich wüsste nichts Gegenteiliges zu berichten. Normalerweise hat er es hier überwiegend mit Betrunkenen und Ruhestörungen zu tun, ein paar Ehekräche, Kinder, die Ladendiebstahl begehen, Schlägereien. Und die hat er im Griff. Und dann sind da
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