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Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Titel: Verschlungene Wege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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fort. »Anstatt zu denken: Ich hab gesehen, wie eine Frau umgebracht wurde, und wenn ich nicht zufällig dort gewesen wäre, wäre nie herausgekommen, was ihr zugestoßen ist.«
    Sie stützte ihr Kinn auf die Knie, musterte ihn und ließ dann den Kopf hängen. »Sie haben Recht. Ich weiß, dass Sie Recht haben, und ich bemühe mich ja auch, die Dinge aus dieser Perspektive zu betrachten. Trotzdem, Sie kommen mir auch nicht gerade vor wie der Das-Glas-ist-halb-voll-Typ.«
    »Halb voll, halb leer – was macht das schon für einen Unterschied? Wenn irgendetwas in diesem verdammten Glas ist, sollte man es austrinken.«
    Sie lachte. Sie saß dort, wo noch am Vortag eine Frau zu Tode gekommen war, und ließ trotzdem zu, dass sie befreit auflachte.
    »Die Einstellung gefällt mir! Im Moment hätte ich tatsächlich nichts gegen einen gut gekühlten Pinot Grigio einzuwenden.«
    Nachdem sie die Handballen gegen die Lider gedrückt hatte, sprang sie auf. »Als wir die Szene nachgestellt haben, haben wir Spuren hinterlassen. Fußspuren«, sagte sie. »Abdrücke von meinen Stiefelabsätzen, platt gedrückten Matsch, Handabdrücke. Man muss nicht Lederstrumpf sein, um zu sehen, dass hier zwei Leute einen Streit hatten.«
    Brody entfernte sich ein paar Meter, um einen Weidenzweig abzubrechen und wischte damit über den unebenen Boden. »Er ist nicht dumm«, sagte er, während er die Spuren verwischte. »Er schleift oder trägt sie weg, außer Sichtweite des Flusses, des Canyons. Dann bricht er sich woanders so einen Zweig ab, kehrt zurück und stellt sicher, dass niemand etwas liegen gelassen hat. Er muss einen kühlen Kopf bewahren.«
    Er richtete sich wieder auf und musterte den Boden. »Ziemlich makellos. Lederstrumpf würde vielleicht noch etwas sehen, aber ich bin ein Amateur. Vielleicht ist das anders, wenn man mit einem Team von Kriminalbeamten zurückkommt, und die finden ein loses Haar, aber was beweist das schon?«
    Er warf den Zweig weg. »Nicht das Geringste. Jetzt muss er nur noch die Spuren verwischen, die von hier wegführen. Möglichkeiten, eine Leiche zu vergraben, gibt es genug in der Gegend. Angenommen, ich wäre der Mörder und hätte ein Auto. Dann würde ich sie in den Kofferraum werfen und irgendwo anders hinfahren. Irgendwohin, wo ich in aller Ruhe eine Grube ausheben kann, die tief genug ist, dass die Tiere sie nicht gleich wieder ausscharren.«
    »Das nenn ich kaltblütig.«
    »Wer einen anderen Menschen umbringt, ist extrem kaltblütig – oder heißblütig, je nachdem. Und wer ungeschoren davonkommen will, muss kaltblütig sein. Genug gesehen?«
    Sie nickte. »Mehr als genug.«

9
     
    Während sie zum Wagen zurückliefen, schraubte Reece ihre Wasserflasche auf und trank. Als Brody die Hand ausstreckte, reichte sie sie ihm.
    »Man sagt ja immer, so etwas wie den perfekten Mord gibt es nicht.«
    Er nahm einen großen Schluck und gab ihr die Flasche wieder zurück. »Man sagt vieles, aber vieles davon stimmt leider nicht.«
    »Stimmt auch wieder. Trotzdem, egal wer sie war, sie muss ja irgendwo hergekommen sein. Wahrscheinlich hatte sie einen Job, ein Zuhause. Vielleicht sogar Familie.«
    »Möglich ist alles.«
    Verärgert steckte Reece die Hände in die Hosentaschen. »Nun, zu einem Menschen hatte sie auf jeden Fall Kontakt. Und der hat sie umgebracht. Irgendwas lief da zwischen den beiden.«
    »Auch das ist möglich. Sie können sich erst an dem bewussten Tag begegnet sein, sich aber genauso gut schon zehn Jahre lang gekannt haben. Sie können von sonst woher stammen. Aus Kalifornien, aus Texas, von der Ostküste. Es könnten sogar Franzosen gewesen sein.«
    »Franzosen?«
    »Mörder gibt es überall. Das Problem ist nur, dass beides gleich wahrscheinlich ist: dass sie auf der Durchreise waren oder dass sie hier aus der Gegend sind. Aber wahrscheinlich waren sie eher auf der Durchreise. In Wyoming leben weniger Menschen als in Alaska.«
    »Sind Sie deshalb hierher gezogen?«
    »Wahrscheinlich auch. Wenn man mal bei der Zeitung gearbeitet hat, bei einer großen Zeitung, hat man genug von der Großstadthektik. Aber so wie’s aussieht, ist es wahrscheinlicher, dass diese Leute – wer immer sie auch sein mögen – nicht von hier stammen.«
    »Und sie hatten eine Auseinandersetzung auf Leben und Tod, weil sie sich verlaufen hatten und er partout nicht anhalten und nach dem Weg fragen wollte? Das ist eine typisch männliche Schwäche, bei der man durchaus ausflippen kann, glauben Sie mir. Aber ich halte

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