Verschlußsache Satan
Nächte durchwachen.
Ignatius meldete sich sofort. Das konnte nur jemand tun, der auf einen Anruf gewartet hatte.
»John hier.«
»Endlich!«
Ich lachte, auch wenn es nicht sehr fröhlich klang. »Das hört sich an, als wäre dir ein großer Stein vom Herzen gefallen. Habe ich Recht?«
»Kann man so sagen.«
»Und wir haben auch unseren Stress hinter uns.«
»Dann fange du mit deinem Bericht an, John.«
Das tat ich gern. Ignatius unterbrach mich mit keinem Wort, doch zum Schluss ließ er sich die Frau noch einmal genau beschreiben. Als ich das hinter mich gebracht hatte, glaubte ich förmlich, ihn nicken zu sehen.
»Ja, sie ist es gewesen, John. Sie war eine der Frauen aus dem Kloster.«
Jetzt stand ich erst mal auf dem Schlauch, wie man so schön sagt. Ignatius hatte mich mal wieder überrascht. »Aus welch einem Kloster?«, fragte ich leise.
»Ich muss etwas weiter ausholen. Ein Kloster, das du nicht auf eurer Insel findest. Es liegt in den Bergen. Sehr einsam.«
»In welchen Bergen liegt es?«
»In den Alpen«, hörte ich eine Antwort, die mich nicht eben ermutigte. »Genauer gesagt in den Dolomiten. Ich weiß, John, dass du nicht eben fröhlich darüber bist, aber man kann es sich nicht aussuchen. Das ist eben so. Weiter im Text. Du musst noch einiges wissen.«
»Das denke ich auch«, murmelte ich.
Father Ignatius ließ sich nicht beirren. Ich hörte ihn sprechen, während mich Shao und Suko anschauten und ebenfalls die Ohren spitzten, weil sie durch den Lautsprecher mithörten.
»Ich habe eine Agentin der Weißen Macht in das Kloster hineinschmuggeln können. Die Frau heißt Christina. Ich weiß selbst, in welche Gefahr ich sie damit gebracht habe, aber es ließ sich eben nicht ändern. Es gab nur diese Möglichkeit.«
»Was war der Grund?«, flüsterte ich.
Ignatius räusperte sich. »Hast du nicht selbst von der Verschlusssache Satan gesprochen?«
»Sicher.«
»Genau darum geht es.«
Ich merkte meine Aufregung. »Moment mal, Ignatius, was...«
»Keine Fragen, John. Reiß dich zusammen. Die Verschlusssache Satan und diese sogenannte Neue Bibel stehen in einem Zusammenhang miteinander. Es ist nicht die Bibel, die wir beide kennen, sondern die der Katharener, was dir wohl etwas sagen wird.«
Ja, und ob mir das etwas sagte. Die Katharener also. Die Gruppe Menschen, die vor einigen Hundert Jahren im Süden Frankreichs ihre Heimat gefunden hatten. Die der offiziellen Kirche damals ein Dorn im Auge gewesen waren, weil sie nicht strikt den Gesetzen und Manifesten der Kirche gehorchte. Im Gegenteil, sie waren weltoffen. Sie nahmen auch Strömungen aus anderen Ländern auf. Besonders aus dem Orient. Sie lebten nach ihren eigenen Gesetzen, und sie lehnten die Mystik und auch wohl die Magie nicht ab. Im Languedoc hatten sie eine Bleibe gefunden. Konnten sich entwickeln, gingen ihren Forschungen nach, lebten zumeist in Armut, aber nicht in seelischer.
Das war der Kirche zuviel. Auf dem Konzil von Albi wurde die Vernichtung der Katharener beschlossen. Es kam zu einem Kreuzzug gegen diese Menschen und praktisch zum ersten europäischen Pogrom.
Man konnte zu den Katharenern stehen wie man wollte. Es war nicht alles gut, was sie lehrten, aber auch nicht alles schlecht. Es war wie bei vielen Gemeinschaften. Licht und Schatten hielten sich die Waage, und sie hatten sich ihre eigene Bibel geschrieben, wie ich nun hörte.
Ich hatte schon meine eigene Meinung von ihnen, weil ich nicht zum ersten Mal mit ihnen konfrontiert wurde, und jetzt tauchten sie aus dem Nichts wieder auf.
»Da habe ich dir ein Stichwort gegeben, John, nicht wahr?«
»Und ob«, flüsterte ich. »Darf ich fragen, wie du zu den Katharenern stehst und zu deren Vernichtung?«
Die Antwort erfolgte prompt, als hätte mein Freund Ignatius schon auf die Frage gewartet. »Ich möchte mich da nicht festlegen«, erwiderte er, »wir können mal in Ruhe über sie diskutieren, aber wir müssen handeln, das weißt du selbst. Diese Frauen, die sich in einem Kloster regelrecht verschanzt haben, können einer Splittergruppe der Katharener angehören. Vieles ist möglich, John. Wir müssen aber davon ausgehen, dass sie sich wenig an die Gesetze halten und nur ihre eigenen befolgen. Das hat auch der Angriff auf dich bewiesen. Diese sogenannte Nonne muss wie von Sinnen gewesen sein, und sie muss auch in die Zukunft geschaut haben, sonst wäre sie nicht an dich herangetreten, sage ich mal. Sie wollten dich vorsorglich aus dem Verkehr ziehen. Deshalb
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