Verschlußsache Satan
kann diese Bibel der Katharener nicht harmlos sein. Ich weiß nicht, wer sie geschrieben hat. Ob es ein Mensch gewesen ist oder mehrere. Ich weiß auch nicht, wie sie aussieht. Ob sie aus einem Buch besteht oder aus irgendwelchen Schriftrollen. Jedenfalls möchte ich nicht, dass sie in Umlauf gerät.«
»Was allerdings Ziel dieser seltsamen Nonnen war.«
»Genau. Ich kenne die Gründe nicht. Kann ja sein, dass diese Bibel von einer Frau geschrieben wurde. Jedenfalls haben es die Nonnen geschickt angestellt und die Welt lange genug täuschen können. So konnten sie in Ruhe arbeiten.«
»Trotzdem bist du ihnen auf die Spur gekommen.«
»Ja. Das war mehr ein Zufall, denn ich habe nicht gezielt forschen lassen. Ich wurde auf sie durch einen Priester aus der Umgebung des Klosters aufmerksam. Er lebt in einem Dorf im Tal. Er hat die Nonnen beobachten können. Er wurde misstrauisch, weil man ihm einen Zugang zum Kloster verwehrte. Die Leute im Dorf hatten ihn geschickt. Ihnen waren die Nonnen sowieso suspekt. Wie dem auch sei, auch der Geistliche hatte seine Bedenken, die er mir auf einer Pilgerfahrt nach Rom bei einem Treffen unterbreitete. So wurde ich eben auf sie aufmerksam und schickte meine Agentin Christina, die es tatsächlich geschafft hat, in die Gemeinschaft einzudringen.«
»Und jetzt hast du Angst um sie.«
»Genau.«
»Was hat sie dir noch alles berichtet?«
»Leider nichts. Oder zu wenig. Ich weiß es nicht, John. Es ist alles sehr diffus. Christina kam nicht an die anderen Frauen heran. Sie haben geblockt. Also konnte sie mir nur Fragmente berichten. Die ganze Wahrheit blieb leider außen vor.«
»Die sollen wir herausfinden.«
»Darum möchte ich euch bitten.«
»Wie sieht dein Plan aus?«
»Bis Mailand fliegen und dann einen Wagen nehmen. Wenn es sein muss, könnt ihr sogar bis zum Kloster hochfahren, denn es führt ein Weg dorthin.«
»Wie heißt das Dorf?«
»Casala.«
»Nie gehört.«
»Ich kenne es auch nicht, John, aber ich werde dort sein. Ich nehme die erste Maschine nach Mailand. Und jetzt hört zu, denn ich gebe euch noch einige Informationen, die wichtig sind.« Wir spitzten beide die Ohren. Suko machte sich einige Notizen, und zum Schluss konnten wir der unbekannten Christina nur die Daumen drücken, dass sie es irgendwie geschafft hatte und uns weitere Hinweise geben konnte.
Ich war hellwach, als ich auflegte und den Schweißfilm auf dem Hörer betrachtete. Suko und Shao sagten nichts. Ihren Gesichtern entnahm ich, dass auch sie beeindruckt waren.
»Was sagt ihr?«, fragte ich.
»Die Katharener«, murmelte Suko. »Nun ja, da hast du ja einige Erfahrungen sammeln können.«
»Stimmt, aber daran will ich nicht denken. Der Fall ist vorbei. Ich möchte meinen Kopf freihaben. Mich interessiert erst mal nur diese Bibel.«
»Wo kann man sie finden?«, fragte Shao. »Oder ob sie schon gefunden worden ist?«
»Sieht nicht so aus.«
Sie nickte. »Ich bestelle die Tickets«, sagte sie und stand auf. »Per Internet. Die erste Maschine nach Mailand, und dann ab in die Alpen. Viele machen dort Urlaub.«
Ich schüttelte den Kopf. »Den können wir beide bestimmt vergessen.« Dass sich der Fall so entwickeln und diese Richtung nehmen würde, hätte ich nicht gedacht. Ich fragte mich immer intensiver, was wohl hinter der Verschlusssache Satan stecken könnte. Möglicherweise eine andere Weltordnung, eine andere Verteilung, die auf den Lehren der Katharener aufbaute, diese aber nicht unbedingt wörtlich nahm. Da konnte auch etwas abgesplittert sein.
Suko räusperte sich und schaute mich an. Er verzog dabei die Lippen zu einem Lächeln. »Glücklich siehst du nicht eben aus, Alter.«
»Sollte ich das?«
»Dein Problem.«
»Nein, unseres.« Ich stand auf. »Wenn Shao die Flüge bestätigt hat, verschwinde ich und gehe ins Bett. Viel Schlaf werden wir in der nächsten Zeit vielleicht nicht bekommen...«
***
Keine Täuschung. Es war tatsächlich ein alter Brunnen mitten im Wald.
Christina stand nicht weit entfernt und hatte Schutz an einem Baumstamm gefunden. Sie zitterte. Nur lag das nicht mehr an der Kälte, sondern an der Nervosität, die sie plötzlich erfasst hatte, denn sie wusste, dass sie am Ziel war.
Für sie war das nicht nur ein simpler Brunnen, der vergessen im Wald stand. Er musste eine Geschichte haben. Er war wichtig. Er war das Ziel der fünf Frauen gewesen.
Obwohl sie keine von ihnen sah. Sie hörte auch nichts, denn der sie umgebende Wald schwieg. Kein fremder Laut
Weitere Kostenlose Bücher