Verschollen
erschien ihm das allzu offensichtlich.
»Wolfsmenschen können mit ihren Schnauzen keine Blasrohre abfeuern, für Oger sind die Pfeile viel zu klein und Untote haben keine Luft mehr in den Lungen«, erklärte Jessica und blickte Pierre mit hochgezogenen Augenbrauen an. Der hob nur die Schultern.
»Also wissen wir doch nicht, was uns erwartet«, brummte der General verdrossen.
Jessica winkte Rani heran und zeigt ihr den Pfeil. »Hast du so etwas schon einmal gesehen?«
Die Gnomin beäugte das Geschoss eine Weile und schüttelte dann nachdrücklich schnaufend den Kopf. »Gnome nicht benutzen.«
»Wer käme dann infrage?« Jessica blickte in die Runde.
»Die Nurasi«, schlug Martin vor. »Die nutzen manchmal Blasrohre, soweit ich weiß.«
»Katzenfrauen? Warum sollten die sich einmischen? Die leben doch abgeschieden im Süden und kümmern sich um nichts und niemanden«, widersprach Pierre.
»Und wenn sie genauso erpresst werden wie die Wolfsmenschen?«, gab Jessica zu bedenken.
Pierre nickte zustimmend. »Ja, du hast Recht. Ich werde Nurif fragen, er wird sicher heute Abend kommen und nach der Karte verlangen.« Er blickte noch einmal über das Schlachtfeld und seufzte. »Lasst uns gehen, es wird Zeit, das Lager aufzuschlagen.«
Sie verließen das Schlachtfeld, suchten sich einen Weg zwischen den unzähligen Oger-Kadavern. Tristan blickte noch einmal zurück. Ohne den Gestank und die vielen Leichen wäre es ein schönes Tal gewesen. War hier sein Vater gestorben? Der Gedanke trieb ihm die Tränen in die Augen. »Hat dieses Tal einen Namen?«, fragte er mit belegter Stimme.
Pierre, der neben ihm stand, sah ebenfalls zurück und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.« Er legte Tristan eine Hand auf die Schulter. »Aber es wird künftig als das Tal der Paladine bekannt sein, dafür werde ich sorgen.« Er schob Tristan sanft weiter. »Komm, lass uns gehen.«
12
JESSICA UND IHRE GRUPPE LAGERTEN mit Pierre und Brenda am Rand des Heerlagers, das unweit des Ausgangs vom Tal der Paladine aufgeschlagen worden war. Die Nacht war längst hereingebrochen und die meisten schliefen, auch Tristan nickte am Lagerfeuer immer wieder ein. Als plötzlich recht nah das Heulen der Wolfsmenschen zu hören war, auf das sie gewartet hatten, schreckte er hoch. Pierre erhob sich und Jessica und Tristan taten es ihm gleich. Pierre hatte sich die Karte der Höhlen von Rani geborgt und nahm sie nun auf. Tristan weckte Tiana, die auf der anderen Seite des Feuers eingeschlafen war, und zu viert schritten sie aus dem Lager.
Das Heulen war vom Tal her gekommen und Pierre zögerte etwas, als sie die Stelle erreichten, ab der die Felswände zusammenrückten. »Wir warten hier«, entschied er und ließ als Zeichen die Leuchtkugel über seiner Hand einmal hell aufflammen. Dann warteten sie ab.
Tristan schlang sich die Arme um den Leib. Abseits der Feuer war es empfindlich kalt. Ungeduldig blickte er in alle Richtungen, wann kamen die Wolfsmenschen endlich?
Irgendwie schafften sie es selbst hier, ohne Bäume, die ihnen Verstecke boten, überraschend aufzutauchen. Tristan schrak zusammen, als ihm plötzlich die Augen von einem Dutzend Wolfsmenschen entgegen leuchteten. Sie bildeten einen Kreis um sie, gerade weit genug, dass sie im Schatten blieben. Einzig Nurif trat ins Licht. Sein Blick huschte nervös von einem zum anderen.
Pierre hob die Karte hoch und trat einen Schritt auf ihn zu. »Hier ist die Karte der Gnome«, sagte er und entfaltete sie auf dem Boden. Mit einer Hand hielt er sie fest, mit der anderen dirigierte er die Leuchtkugel über das Pergament und vollführte dann eine einladende Geste zu Nurif.
Die Augen des Wolfsmenschen hingen an der Karte und er ging Pierre gegenüber in die Hocke. »Wo wir sind?«, fragte er knurrend.
Pierre deutete auf zwei Hügel, die auf der Karte eingezeichnet waren. »Dies ist das Tal hinter euch, wo die Paladine überfallen wurden. Wisst ihr etwas davon?«
Nurif grollte und seine Augen wurden schmal. »Wenig«, bellte er.
»Wir haben Pfeile gefunden, kleine Pfeile wie von Blasrohren. Ich glaube nicht, dass Oger oder Wolfsmenschen Blasrohre benutzen, oder?«
Nurif legte den Kopf schief. »Nein.«
»Wer war es dann? Die Nurasi?«
Nurif warf den Kopf in den Nacken und heulte. Als er sie wieder anblickte, blitzte in seinen Augen der Hass. »Katzenweiber – nie würden kämpfen mit,« knurrte er.
»Würdet ihr über Oger nicht dasselbe sagen?«
Nurif fauchte. »Anders
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