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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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durch den Tunnel, ohne Vorsicht. An der nächsten Kreuzung liefen sie in zwei Wolfsmenschen, die aber von den Brüdern niedergestreckt wurden, ehe sie noch begriffen, was los war. Mehrmals bogen sie ab, stürmten durch eine Schar überraschter Gnome, deren Ogerwächter Jessica zu Eis erstarren ließ – danach wankte sie bedenklich. Auch Tristan war erschöpft und strauchelte ein paar Mal, aber nun durfte er nicht aufgeben. Es konnte nicht mehr weit sein.
    Sie erreichten eine weitere Halle und kurz vor der Mündung ihres Tunnels hielt Rani an. Aufgeregtes Gegrunze war zu hören, der Vormarsch ihrer Gruppe war offenbar nicht unbemerkt geblieben. Fünf Finger streckte Rani in die Luft. Tristan ächzte, aber Jessica verzog nur kurz den Mund. »Schockwelle«, murmelte sie. »Wir blasen sie einfach gegen die Wand, Martin, du übernimmst dann … Rani?« Die Gnomin war ohne ein Wort in die Halle marschiert. Was hatte sie denn vor? Sie drängten sich so nah wie möglich zum Tunnelausgang, um zu sehen, was geschah.
    Die Oger standen in einer Gruppe beisammen und fuhren herum, als Rani sich ihnen näherte. Erst jetzt sah Tristan, dass die Oger um zwei andere Gnome herumstanden und auf sie eingegrunzt hatten. Einen der Gnome hielt ein Oger an der schmalen Schulter gepackt, sah aber nun zu Rani, die auf die Gruppe zu trat.
    Die Gnomin schnaufte etwas und deutete auf einen der anderen Tunnel, der in die Halle mündete. Und tatsächlich drangen von dort Geräusche herüber. Die Oger starrten eine Weile unschlüssig dorthin, doch schließlich setzten sie sich in Marsch und ließen die drei Gnome zurück. Rani unterhielt sich aufgeregt mit ihnen und winkte dann ihren Gefährten nachzukommen.
    Vier Tunnel mündeten in die von Fackeln erleuchtete, eckige Halle, aber an einer Seite war statt eines Tunnels ein großes Tor in die Wand eingelassen. »Paladine dort«, sagte Rani, während die beiden anderen schon an einem Rad drehten, was das Tor langsam aufschwingen ließ. »Ihr rein, Tor zu.«
    »Aber da drin sitzen wir in der Falle«, protestierte Ilgar. »Oder gibt es einen zweiten Ausgang?«
    Rani schüttelte den Kopf.
    »Und wer macht das Tor wieder auf?«, beharrte Ilgar.
    »Oger«, erwiderte Rani lapidar. »Einmal gehen zu Paladinen, immer Essen bringen.«
    »Und wenn sie auf die Idee kommen, dass wir dort drin sind und mit zwei Dutzend Mann das Tor öffnen?«, zweifelte Martin.
    »Wir haben keine Wahl«, sagte Jessica bestimmt. »Wenn wir das Tor offen lassen, wissen sie sofort das wir drinnen sind. Und wir sind zu wenige, um es zu verteidigen. Also rein jetzt, ehe sie zurückkommen.«
    Das Tor stand nun offen, Finsternis wartete dahinter. Mit klopfendem Herzen trat Tristan ein. War sein Vater hier? Lebte er noch? Plötzlich hatte er große Angst vor dem, was sie dort erwarten mochte.
    Hinter ihnen schloss sich das Tor langsam wieder. »Was ist mit dir, Rani?«, fragte Jessica, als sie bemerkte, dass die Gnomin keine Anstalten machte, das Gefängnis zu betreten.
    »Ich Idee«, grinste Rani. Dann schloss sich das Tor und Dunkelheit umfing sie.

 
     
     
    16
     
     
    JESSICA BESCHWOR EINE SCHWACHE LEUCHTKUGEL, dennoch musste Tristan die Augen zusammenkneifen ob der plötzlichen Helligkeit. Und am liebsten hätte er sie auch geschlossen gelassen, so viel Angst hatte er davor, seinen Vater hier nicht zu finden.
    Abgesehen von den Geräuschen, die sie selbst verursachten, war nichts zu hören, aber der beißende Geruch menschlicher Exkremente stieg ihm in die Nase. Das Gefängnis war ein großer Raum, das Licht erhellte ihn nicht ganz. An den Wänden links und rechts waren Vertiefungen zu sehen, in denen einige morsche Kisten gestapelt waren. Vermutlich war es einst ein Lagerraum gewesen, dafür sprach auch die hohe gewölbte Decke.
    Jessica ließ ihre Kugel umherfliegen. Alle hielten den Atem an, als das Licht die dem Tor gegenüberliegende Wand erhellte und sie die hagere Gestalt eines Mannes dort angekettet sahen. Der Kopf, mit langen, verfilzten Haaren hing vornüber, sodass sie sein Gesicht nicht erkennen konnten, die Kleidung war zerschlissen und blutig. Seine Knie waren eingeknickt, die Hände hingen in dicken Ketten über dem Kopf des Gefangenen und hielten ihn aufrecht. Die Zaubermale an den Armen waren trotz Dreck und Schorf nicht zu übersehen.
    Ist das mein Vater? Tristan saß ein Kloß im Hals. Keiner rührte sich und es kostete Tristan viel Überwindung, einen Fuß vor den anderen zu setzen und auf den Gefangenen zu zu

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