Verschollen in der Pyramide
hervorschauten. Auf Meketres Signal hin, begann Setha zu schieben und Meketre zog. Tatsächlich glitten die Stöcke samt Stein über den Sand. Mit bloßen Händen hoben Setha und Meketre die freigelegte Stelle aus.
Als sie schließlich auf eine Kiste stießen, jubelten beide laut. »Ich bin mächtig gespannt, was da drinnen ist!«, rief Setha. Meketre schnitt die um den Kasten geschlungenen Papyrusseile durch und schlug den Deckel hoch. Die Kiste war bis zum Rand mit Mahnuds Tauschwaren gefüllt.
Setha untersuchte vorsichtig den Inhalt. »Sieh nur, die vielen Türkissteinsplitter und hier die Alabastergefäße. Sogar Amulette aus Fayence sind dabei und viele Schmucksteine!«
Es wurde bereits dunkel, als sie den Eingang ihres Dorfes erreichten. Dort trafen sie auf Meketres Mutter, die nach ihnen ausschaute und erzählte, dass Hatu sehr krank sei. Ursprünglich hatten sie geplant, bei Meketres Eltern zu übernachten und sich dort mit Vorräten zu versorgen. Jetzt gab es für Setha jedoch keine Frage, sie würde nach ihrem Bruder schauen und helfen, soweit es ihr möglich war. Ihren Geschwistern würde sie erzählen, dass sie Nachricht von Hatus Krankheit erhalten hätten und aus diesem Grund sofort von der Pyramide nach Hause geeilt seien.
Setha und Meketre übergaben der Mutter den Esel samt Kiste und hasteten zu Sethas Hütte. In der Kammer ihrer Geschwister kniete Tala vor Hatu, der schweißüberströmt auf seiner Matte lag.
»Was ist los, Tala?«
»Hatu hat seit heute Mittag Durchfall und jetzt übergibt er sich dauernd, außerdem ist sein Körper viel zu warm. Erisst und trinkt nicht und spricht wirres Zeug. Ich glaube, er erkennt mich gar nicht.«
Tala rückte zur Seite und Setha beugte sich über ihren Bruder. »Hatu, ich bin’s. Jetzt wird alles gut.«
Der kleine Junge starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an, schlug um sich und schrie: »Geh weg, du darfst mich nicht mitnehmen, du bist böse, lass mich, du bist böse.« Hatu wiederholte diese Worte immer wieder, schlug mit seinen Fäusten in die Luft, jammerte und weinte, bis er erschöpft einschlief.
Setha, Meketre und Tala gingen erschrocken nach nebenan in den Wohnraum.
»Ich habe Nebet zu der Heilerin im Nachbardorf geschickt, die weiß sicher Rat.« Tala nahm Sethas Hand. »Da ist noch etwas, Setha. Ich habe die Kinder heute Vormittag kurz allein lassen müssen. Als ich zurückkam, empfing mich Nebet weinend mit Hatu auf dem Arm. Wahrscheinlich hat ihm dieser Heqanacht wieder etwas zu essen gegeben, und was noch schlimmer ist: Er wollte Hatu offenbar mitnehmen!«
»Heqanacht war in unserer Hütte?« Setha schauderte.
»Nein, Nebet war nur kurz auf dem Dach, da ist Hatu vor die Hütte gelaufen. Das muss Heqanacht beobachtet haben. Nebet hörte Hatu schreien, sie lief sofort hinunter und kam gerade noch rechtzeitig. Heqanacht wollte Hatu anscheinend gerade auf den Arm nehmen und verschwinden.«
Das war zu viel für Setha. Sie ließ sich auf einen Schemel fallen und weinte hemmungslos.
In diesem Augenblick trat Nebet mit der Heilerin ein.
Setha wischte sich die Tränen mit dem Handrücken ab und führte die Frau in den Schlafraum. Die Heilerin begann, das Kind mit sicheren Griffen zu untersuchen. Sie fühlte Stirn und Puls, unter den Ohren, Achseln und in der Leistengegend, tastete den Bauch ab und schaute mit einem schmalen Holzspatel in seinen Hals. Hatu rührte sich nicht. Die Heilerin schüttelte ihn heftig. Endlich schlug er die Augen auf. Tala schob ihm rasch eine Tonschale unter das Kinn, weil er brechen musste.
»Sein Hals ist gesund«, sagte die Frau. »Ich glaube, er hat Gift im Körper. Dagegen hilft nur eins: viel trinken und erbrechen, das Gift muss raus. Es ist gut, dass er bis jetzt schon so viel herausgebrochen hat. Die Wärme wird aus seinem Körper weichen, wenn ihr regelmäßig kühle feuchte Tücher um die Arme und Beine des Kleinen wickelt. Achtet unbedingt darauf, dass Hatu trinkt. Nimmt er in den nächsten Stunden kein Wasser zu sich, wird er sterben. Ihr müsst ohne Unterbrechung an seiner Seite sein und jede Gelegenheit nutzen, ihm Wasser zu geben. Ich habe ein Schnabelgefäß dabei, das wird Hatu das Trinken erleichtern.«
Die Heilerin holte die Schnabeltasse aus dem Korb und gab sie Setha.
»Was möchtest du für die Tasse und für die Untersuchung haben?«, fragte Setha.
»Ein Getreidesäckchen genügt mir.«
Setha holte das Säckchen aus der Vorratskammer und begleitete die Heilerin zur Tür. »Hab Dank
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