Verschollen in der Pyramide
Krokodil zusammen in einem Raum zu sein. Lange halte ich es hier nicht aus, ich habe furchtbaren Durst«, stöhnte Setha.
Auch Meketre hatte mit Durst zu kämpfen, doch plötzlich sprang er erschrocken aus seinem Korb. »Wir müssen die Wand schließen, sonst schöpfen die Männer sofort Verdacht.«
Er befühlte die Innenseite der Wand mit seinen Fingerspitzen, bis er die gleiche rote Eingravierung wie an der Außenwand entdeckte. Er drückte darauf und langsam schloss sich die Wand. »Hoffentlich kommen wir hier wieder raus!«
8
D ie Fackeln in der Kammer waren erloschen, nur die Öllämpchen auf den Steinbänken neben den Schatullen verbreiteten noch ein schwaches Licht. Ab und zu war das Krokodil zu hören, dessen Gestank bis in die Körbe drang. Nach einer schier endlosen Zeit quälenden Wartens meinte Setha plötzlich ein Geräusch von der Wand her zu hören. Sie spitzte die Ohren, spähte in die Kammer hinaus und sah eine große, kahlköpfige Gestalt mit Leopardenfell und einer Fackel in der Hand durch die Wandöffnung treten. Ihm folgten nach und nach elf weitere Männer, bekleidet mit wadenlangen Schurzen, manche trugen zusätzlich einen kurzen Umhang um die Schultern. Jeder trug eine Fackel in der einen und eine Rassel in der anderen Hand. Die Männer gingen zu den Wandhalterungen,tauschten die abgebrannten Fackeln gegen ihre brennenden aus und stellten sich dann am Tümpel auf.
»Schließ die Wand«, wies der Kahlköpfige mit dem Leopardenfell seinen Nebenmann an.
»Heqanacht fehlt noch.«
Setha zuckte zusammen, ihr Herz begann heftig zu pochen. Also tatsächlich Heqanacht! Kaum hatte der Mann geendet, trat Heqanacht schniefend mit zwei Säcken in die Kammer. Er schloss die Wand, griff einen der Säcke und warf den Inhalt in den Tümpel. Das Krokodil schnappte gierig nach den Katzen und schlang sie hinunter. Das ging so schnell, dass Setha nicht sah, ob die Tiere noch lebten. Sie musste würgen und hielt sich die Hand vor den Mund. Schweiß trat auf ihre Stirn, tropfte in ihre Augen, floss über Gesicht und Hals.
Begleitet vom eintönigen Rhythmus der Rasseln schauten die Männer dem grausigen Treiben zu. Ihr Anführer, der sich wie ein Oberpriester gab, holte weitere Instrumente aus einer hohlen, auseinanderklappbaren Sobekfigur an der Wand und schlug einen wilderen Takt an. Die Männer begannen sich dazu zu bewegen, immer schneller und schneller. Ihre Füße stampften auf den Boden, einige der Tanzenden warfen sich auf die Knie und stammelten magische Formeln. Der Anblick der schweißüberströmten Männer stieß Setha ab. Heqanacht saß in einer Ecke und sah schweigend zu. Das Schauspiel schien kein Ende nehmen zu wollen, bis der Priester ein Handzeichen gab undalle innehielten. »Gib mir den Sack mit den Schlangen«, wies er Heqanacht an.
Mit gesenktem Kopf reichte Heqanacht den Sack hinüber. Der Priester empfing ihn mit gespreizten Händen und warf ihn ungeöffnet über die Mauer. »Du hast hoffentlich die Giftzähne herausgebrochen«, zischte er. »Ich töte dich, wenn das Krokodil gebissen wird. Ich dulde nicht, dass diese Schlangen das heilige Krokodil umbringen. Wann bringst du endlich das versprochene Kind?«
»In den nächsten Tagen stirbt ein Kind in meiner Nachbarschaft.«
»Wird auch allerhöchste Zeit. Und wenn diese Schnieferei nicht aufhört«, brüllte der Priester, »können wir dich bald nicht mehr gebrauchen. Du machst ja ganz Ägypten auf uns aufmerksam. Gelingt es dir nicht, dieses Kind in den nächsten Tagen herbeizuschaffen, bekommst du keine Belohnung, sondern eine Strafe. Sobek wartet auf das Sühneopfer und das muss dieses Mal ein Kind sein. Der Gott wird nicht warten, bis ihm der Kerl da unten zum nächsten Vollmond vorgeworfen wird.« Der Priester zeigte mit dem Daumen hinter sich Richtung Boden.
Setha musste sich den Mund zuhalten, um nicht aufzuschreien! Ein totes Kind aus der Nachbarschaft! Ob das Hatu war? Heqanacht musste Hatu meinen! Und ein Mann irgendwo in oder unter der Kammer! Vielleicht ihr Vater? Sethas Schläfen wurden glühend heiß, sie hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. Nur am Rande nahm siewahr, wie das Krokodil mit seinen scharfen Zähnen den Sack zerriss und sich die Kobras mit geblähtem Hals gegen das riesige Reptil stellten. Ohne Giftzähne hatten sie jedoch keine Chance. Blitzschnell verschlang das Krokodil die Schlangen und zog sich dann satt in eine Schlammkuhle zurück.
»Spätestens in drei Tagen bringst du das Kind, sonst kannst
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