Verschollen in der Pyramide
du dich auf was gefasst machen«, knurrte der Priester Heqanacht an, bevor er das Ritual durch ein Abschlussgebet an Sobek beendete.
Darauf warf sich jeder Einzelne vor dem Krokodil auf den Boden und erhob sich erst, als der Priester die Erlaubnis dazu gab. Dann verließen sie wortlos die Kammer.
Setha und Meketre ließen einige Zeit verstreichen, ehe sie sich aus den Körben wagten. Außer sich warf sich Setha in Meketres Arme. »Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, was da vor sich ging, könnte ich es nicht glauben!« Plötzlich musste sie sich übergeben.
Meketre wischte ihr Gesicht mit einem Zipfel seines Umhangs ab. »Wir brauchen dringend Wasser.«
Setha dachte voller Sorge an Hatu und musste mit den Tränen kämpfen. Ein Kind als Opfer für ein Krokodil! Kein Gott würde so etwas verlangen! Das hätte sie selbst Heqanacht nicht zugetraut. Bei Hatu glaubte er anscheinend leichtes Spiel zu haben, denn alle im Dorf wussten, dasser oft krank war. Niemand würde Verdacht schöpfen. Ob Hatu bei Tala in Sicherheit war?
Meketre riss sie aus ihren Gedanken: »Der Priester hat nach unten gezeigt. Vielleicht gibt es dort noch eine geheime Kammer, wo sie deinen Vater gefangen halten.«
»Auf die Holztruhen hat er gezeigt, er hat auf die Truhen gezeigt.«
Setha und Meketre untersuchten jede einzelne ganz genau, klopften auf Deckel und Seitenteile und tasteten die Böden ab. Die Truhen waren groß genug, um den Zugang zu einer Kammer zu verdecken. Doch sosehr die beiden auch versuchten sie ein Stück zu verrücken, sie waren zu schwer.
Setha lief hin und her, blieb stehen, lief weiter, bis sie schließlich bei den Särgen stehen blieb.
»Wir knüpfen die Leinenbinden zusammen und benutzen sie als Zugseil.«
»Dass ich nicht darauf gekommen bin!« Meketre schlug sich an die Stirn und machte sich gleich daran, einige der langen Binden zusammenzuknüpfen. Setha half und bald hatten sie zwei feste Seile. Sie banden diese an die erste Truhe und zogen gemeinsam, bis sie sich tatsächlich bewegte. Darunter konnten sie aber nichts Verdächtiges erkennen. Bei der zweiten war es anders! Als sie sich unter den Zugseilen zu bewegen begann, gab sie den Blick auf ein Loch im Boden frei.
Setha und Meketre schlichen an den Rand der Öffnungund leuchteten in einen Schacht, der über Steinstufen nach unten führte.
»Ich kann den Boden nicht sehen!«, flüsterte Setha. »Leuchte mal tiefer hinein! – Ja, da ist eine Kammer!«
Setha und Meketre stiegen hinunter, jeder mit einer Fackel in der Hand. Unten angekommen, fanden sie sich in einem kleinen, leeren Raum. Eine niedrige Türöffnung führte in einen schmalen Gang. Sie mussten gebeugt gehen, weil die Decke sehr niedrig war.
»Da ist etwas!« Meketre hielt sein Ohr in die Richtung, aus der er ein Geräusch zu erkennen meinte. »Da stöhnt jemand, glaube ich. Schnell, lass uns nachsehen!«
Der Gang endete an einer Wand. Kurz davor lag auf der rechten Seite eine weitere, sehr kleine Kammer. Setha leuchtete hinein, in der Mitte des grob behauenen Raumes stand ein menschengroßer Käfig aus Palmholz, in dem zusammengekrümmt Sethas Vater saß.
»Vater, Vater!«, gellte Sethas Stimme durch die Kammer. Sie stürzte zu dem Käfig und streckte die Hände zu ihrem Vater hinein, der nicht zu begreifen schien, was geschah!
»Wir haben dich gefunden, Vater! Endlich, endlich haben wir dich gefunden.« Setha zog Meketre an die Gitterstäbe, sie weinte vor Freude.
»Den Göttern sei Dank, so viel Dank. Ich brauche Wasser, ich verdurste!«
Setha hielt weinend die Hände ihres Vaters. Sie sagteihm, dass sie kein Wasser hatten, aber so schnell wie möglich welches besorgen würden. Als ihr Blick auf eine Verletzung an Mahnuds Kopf fiel, erschrak sie heftig. »Hast du Schmerzen, Vater?«
»Nein, ich . . . .« Mahnuds Stimme brach ab, ohnmächtig sank er in sich zusammen.
»Beeil dich doch, Meketre!«
Meketre hatte begonnen die Palmholzstäbe des Käfigs anzubrennen. Als sie an mehreren Stellen verkohlt waren, brach er sie auseinander. Er kroch so weit es ging zu dem Bewusstlosen und klopfte ihm auf die Wangen. Mahnud kam wieder zu sich, war aber nicht in der Lage, sich aus dem Käfig herauszubewegen. Setha und Meketre hakten ihn unter und schleiften ihn hinaus. Im Gang lehnten sie Mahnud an die Mauer. Er war zu schwach, um aufzustehen.
»Was sollen wir nur tun?« Sethas Stimme klang brüchig und heiser. Die Freude, ihren Vater vor sich zu sehen, schlug in Verzweiflung
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