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Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Smedberg
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ja auch nicht so sicher zu sein.«
    Olle Ivarsson schlug den Blick nieder und verzog mürrisch den Mund.
    »Dann verlasse ich mich darauf, dass Sie tun, was Sie können«, sagte Nielsen nach einer Weile.
    »Ich habe es doch versprochen«, erwiderte Ivarsson irritiert. »Aber erwarten Sie nicht zu viel. Das Einzige, was höchstwahrscheinlich geschehen wird, ist, dass man mich für einen Vollidioten hält. Noch mehr als vorher.«
    Er starrte mit düsterer Miene vor sich hin.
    »Das Beste wäre gewesen, wenn über diese Geschichte niemals ein Wort geschrieben worden wäre«, sagte er wie zu sich selbst.
    »Das Beste wäre gewesen, wenn nichts von alldem passiert wäre«, sagte Nielsen. »Aber das ist es nun einmal.«
    Das Taxi tauchte auf, rollte den Kiesweg hinauf. Ivarsson hob seine Tasche hoch, nickte ihm zu und ging hinunter zur Zauntür.
    Nielsen blieb stehen, sah, wie der Wagen wendete und davonfuhr. Unten auf dem Parkplatz zum Naherholungsgebiet stand ein einsames Auto. So früh am Morgen war auch der Verkehr auf der Durchfahrtsstraße noch sehr spärlich. Eine bleiche Sonne ging mühevoll und langsam über den Baumwipfeln auf.

4
    Er hielt an und schlief ein paar Stunden im Auto. Als er erwachte, hatte es bereits zu dämmern begonnen. Er streckte sich, strich sich über seine kratzenden Bartstoppeln und hielt die Handflächen an die Nasenflügel. Mit einem Anflug von Ekel sog er den Geruch seines eigenen Körpers ein. Dann kurbelte er das Fenster herunter, um ein wenig Luft hereinzulassen. Er hatte die letzten Tage praktisch durchgängig im Auto verbracht.
    Ivarsson war auf dem Weg nach Hause, vermutlich war er dort schon angekommen. Und er hatte ihn fahren lassen, ohne zu handeln. Es hatte einen Tag gedauert, ehe er sich entschieden hatte, ihm hinterherzufahren.
    Eigentlich könnte er ihn ignorieren. Er hatte keinerlei Bedeutung und wäre niemals in der Lage, irgendeinen Zusammenhang zu erkennen, nicht aus eigener Kraft.
    Aber gerade das störte ihn so sehr. Er
wollte
, dass er es begriff. Wollte sein Gesicht sehen, diesen Ausdruck bodenloser Verwunderung und die Angst... Er warf einen Blick auf die Uhr, versuchte auszurechnen, wie viele Stunden er dorthin benötigen würde.
    Er stand auf dem Parkplatz einer großen Raststätte kurz hinter Hudiksvall. Ein Laster hielt vor der Tankstelle. Der Fahrer sprang heraus, ging um den Wagen und arretierte den Einfüllstutzen. Er streckte sich, während der Tank gefüllt wurde.
    Er betrachtete den Mann eine Weile, das unrasierte, müde Gesicht. Sein dicker Bauch hing über den Gürtel seiner Jeans. Er sah zu, wie der Fahrer sich unter den Armen und im Schritt kratzte, gähnte und sich noch mal ausgiebig streckte. Er spürte den wohl bekannten Widerwillen, spürte gleichermaßen Ekel und Faszination. Menschen, die sich so ungeniert zeigten, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie sie dabei aussahen, welche Gerüche sie absonderten.
    Mit zusammengepressten Lippen startete er den Wagen, jagte ihn hoch und schoss sehr dicht an dem Laster vorbei, ehe er auf die Straße bog. Er sah, wie der Fahrer nach hinten sprang und sich gegen seine Reifen presste, Mund und Augen weit aufgerissen.
    Er raste davon, warf einen Blick in den Rückspiegel und musste unweigerlich lächeln. Dann schüttelte er den Kopf über die Einfältigkeit seines Handelns. Diese idiotischen Ausbrüche, die er nicht unter Kontrolle hatte. Wahnsinnig, sinnlos. Er starrte auf die Straße. Oder ebenso sinnvoll wie alles andere.
    Unerbittlichkeit lag allen Dingen zu Grunde. Etwas Unpersönliches, Gleichgültiges, das sich nicht beeinflussen ließ. Etwas, das ihn mit fortriss. Alle mit sich riss. Eine Sache bedingte die nächste. Eine Handlung führte zur nächsten. Und es spielte keine Rolle, was es war. Es gab keinen Unterschied, außer an der Oberfläche. Darunter floss immer derselbe Strom. Gleichgültig und unaufhörlich.
    Er näherte sich dem Haus von der Rückseite, sprang über den Zaun und sah sich vorsichtig um. Die nächsten Nachbarn waren die Besitzer der vereinzelten Villen aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren. Etwa einen halben Kilometer weiter begann ein Industriegebiet, das jedoch nur teilweise bebaut war. Ansonsten endete die Ortschaft an dieser Stelle hier. Hinter einem Vorhang von Gestrüpp und Gebüsch verlief die Europastraße, auf der noch ziemlich reger Verkehr herrschte, obwohl es schon fast zehn Uhr abends war.
    Er schlich ans Wohnzimmerfenster heran und konnte von dort schemenhaft

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