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Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Smedberg
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stieß Nielsen hervor. »Darum geht es doch nicht. So etwas kann man einfach nicht machen.«
    Bernt Larsson betrachtete ihn lange mit derselben ausdruckslosen Miene. »Das löse ich auf meine Weise. Und ich frage weder Sie noch sonst jemanden um Erlaubnis. Wenn ich nicht gekommen wäre, würden Sie hier nicht liegen und mir eine Moralpredigt halten können. Darüber sollten Sie einmal nachdenken!«
    Er machte eine kurze Pause.
    »Außerdem sprechen Sie von jemandem, den es gar nicht gibt. Der dreißig Jahre lang nicht existiert hat. Und den keiner vermissen und suchen wird.«
    John Nielsen sank zurück ins Kissen. Er spürte, wie die Kopfschmerzen sich veränderten, heftiger und pulsierender wurden. Erneut berührte er mit der Hand die Bandage.
    »Hat er nicht getroffen?«, fragte er.
    Bernt Larsson schüttelte den Kopf.
    »Er hat es nicht geschafft. Ich habe ihn weggepustet, als ich ihn gesehen habe. Beide Patronen. Das da müssen Sie sich vorher zugezogen haben.«
    Nielsen nickte.
    »Er hat mich umgestoßen, als ich reinkam.«
    »Stimmt, ich habe Sie da liegen sehen. Und das Bein. Am Anfang dachte ich, er hätte es Ihnen abgehackt.«
    Plötzlich lachte Bernt Larsson auf, lehnte sich nach hinten und hob die Prothese vom Boden.
    »Darauf wäre ich im Leben nicht gekommen! Dass Sie mit so einem Ding hier herumlaufen. Und er offenbar auch nicht. Man kann wohl sagen, dass Sie verdammtes Glück gehabt haben. Wären Sie nicht schon einbeinig gewesen, hätte er Sie dazu gemacht.«
    Nielsen sah ihn an, ohne eine Miene zu verziehen. »Woher wussten Sie, dass er hier war? Im Haus?«
    Bernt Larsson ließ die Prothese aufs Bett fallen. »Ich habe gesehen, wie er kam und ins Haus ging. Ich war zweihundert Meter weiter, am Hang hinterm Haus. Ja, ich habe da auch gestern gesessen. Und vorgestern. Ich wusste, dass er auftauchen würde. Früher oder später würde er kommen. Was er dann auch tat. Er kam zusammen mit dem Hund. Der folgte ihm ganz friedlich, fast so, als seien sie sich schon öfter begegnet. Das hat mich zunächst verblüfft. Ich dachte, das sei vielleicht ein Bekannter von Ihnen.« Er machte eine kleine Pause und sah Nielsen nachdenklich an.
    »Aber dann sind Sie ja plötzlich aufgetaucht. Ich war auf dem Weg den Hang hinunter, Sie waren aber zu schnell. Ich habe geschrien, ohne dass Sie reagiert haben.«
    Er verstummte.
    »Sie hatten das Gewehr bei sich«, sagte Nielsen nach einer Weile. »Sie waren von Anfang an fest entschlossen, oder?«
    Bernt Larsson hob nur leicht die Schultern.
    »Und was haben Sie mit dem Mann gemacht?«
    »Das muss Sie nicht interessieren. Je weniger Sie wissen, desto besser.«
    Nielsen schnaubte verärgert.
    »War er es?«, fragte er dann. »War es Kaj Härlin?«
    »Das konnte ich nicht mehr erkennen. Und ich hätte ihn sicherlich auch nicht wiedererkannt. Aber wer hätte es sonst sein sollen?«
    »Hatte er keine Papiere bei sich?«
    »Noch nicht einmal eine Briefmarke.«
    Nielsen schloss die Augen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. »Ich frage mich nur... Was wollte er von mir? Warum hat er mich angerufen? Warum hat er das getan? Warum dieses ganze Theater, und dann versucht er mich totzuschlagen?«
    Bernt Larsson schnaubte.
    »Und Sie glauben, dass er das hätte beantworten können? Der war krank. Ganz einfach geisteskrank.«
    Er schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster.
    »Was nicht bedeutet, dass ich bereue, was ich getan habe. Im Gegenteil. Ich würde es wieder tun.«
    Er war wieder eingeschlafen. Und wieder mit demselben Gefühl aufgewacht, dass alles unwirklich war. Und wieder weggedämmert. Er schlief in Etappen.
    Dann endlich zwang er sich auf die Ellenbogen, richtete sich im Bett auf und schwang die Beine über die Bettkante. Bernt Larsson tauchte im Türrahmen auf.
    »Benötigen Sie Hilfe?«, fragte er.
    Nielsen verneinte, streckte sich nach der übel zugerichteten Prothese und schnallte sie mit einiger Mühe fest. Etwas schwankend ging er ins Badezimmer, während Larsson ihm ungeniert hinterher starrte.
    Als er ins Wohnzimmer trat, blieb er einen Augenblick stehen und sah sich um. Der Raum war sorgfältig geputzt worden, dennoch konnte man an einer Wand noch etliche dunkle Flecken ausmachen. Der Teppich, der schräg im Zimmer gelegen hatte, war weg.
    Er humpelte zum Sofa und sank darauf nieder. Bernt Larsson stand unbewegt an derselben Stelle und betrachtete ihn.
    »Sie gehen damit großartig um«, sagte er und nickte zu seinem verstümmelten Bein mit der

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