Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Titel: Verschwiegen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Landay
Vom Netzwerk:
würde. Sie haben Ihr Bestes gegeben. Mehr kann man nicht erwarten.«
    Laurie hielt den Kopf hoch, aber sie war verletzlich geworden. Es war, als ob sie äußerlich zerbrechen, als ob sie von feinen Sprüngen und Haarrissen überzogen würde. Dr. Vogel schien diese Verletzlichkeit ebenfalls zu bemerken, aber sie konnte nicht wissen, dass es etwas völlig Neues war. Wie sehr Laurie sich verändert hatte. Man musste sie schon genau kennen und sehr schätzen, um das, was da gerade geschah, wirklich in seiner vollen Bedeutung zu erfassen. Meine Frau las früher unablässig, selbst beim Zähneputzen hielt sie das Buch in einer Hand und die Zahnbürste in der anderen. Jetzt hatte sie am Lesen keine Freude mehr. Sie brachte nicht mehr die Aufmerksamkeit oder auch nur die Lust dafür auf. Früher hatte sie sich in Gesprächen auf ihr Gegenüber konzentriert, man kam sich vor wie die wichtigste und interessanteste Person im ganzen Raum. Jetzt schweifte ihr Blick umher, und sie wirkte geistesabwesend. Ihre Kleidung, ihr Haar, ihr Make-up – alles machte einen vernachlässigten Eindruck und wollte nicht recht zueinanderpassen. Jene Qualität, die sie ausgemacht hatte, jener jugendlich frische Optimismus, war verblasst. Doch musste man natürlich dieses Früher kennen, damit einem auffiel, was Laurie verloren hatte. Ich war die einzige Person im Raum, die wirklich begriff, was da vor sich ging.
    Doch sie gab nicht auf. »Ich habe mein Bestes gegeben«, verkündete sie mit einer plötzlichen Entschiedenheit, die nicht überzeugte.
    »Laurie, erzählen Sie mir von Jacob. Wie ist er so?«
    »Na ja«, bei dem Gedanken an ihn musste sie lächeln. »Er ist sehr intelligent. Sehr witzig, charmant. Gutaussehend.« Beim Wort »gutaussehend« errötete sie ein wenig. Mutterliebe ist eben auch Liebe. »Er interessiert sich für Computer, Gadgets, Videospiele, Musik. Er liest viel.«
    »Gibt es Probleme mit Jähzorn oder Gewalt?«
    »Nein.«
    »Als Jacob im Vorschulalter war, gab es aber Probleme damit, haben Sie uns erzählt.«
    »Das hörte auf, als er mit dem Kindergarten anfing.«
    »Ich überlege nur, ob Sie immer noch besorgt sind. Ist sein Benehmen immer noch verstörend oder besorgniserregend?«
    »Das hat sie doch bereits mit Nein beantwortet.«
    »Nun ja, ich möchte einfach ein wenig mehr darüber erfahren.«
    »Schon gut, Andy. Nein, Jacob war nicht mehr gewalttätig. Heute wünsche ich mir manchmal, er würde mehr Reaktionen zeigen. Es ist mitunter sehr schwer, mit ihm zu kommunizieren. Man weiß nicht, was in ihm vorgeht. Er spricht nicht viel und brütet gerne. Er ist sehr verschlossen, nicht einfach nur schüchtern, sondern sehr introvertiert, was seine Gefühle angeht. Seine ganze Energie ist nach innen gerichtet. Er wirkt wie abwesend, als ob er auf der Hut wäre oder grübeln würde. Aber gewalttätig ist er nicht, nein.«
    »Hat er irgendein Ventil? Musik, Freunde, Sport, Clubs, irgendwas?«
    »Nein. Er ist kein Gruppenmensch. Er hat auch nicht viele Freunde. Einer ist Derek, und dann noch ein paar andere.«
    »Eine Freundin?«
    »Nein, dazu ist er noch zu jung.«
    »Ach ja?«
    »Nein?«
    Die Ärztin zuckte mit den Schultern.
    »Jedenfalls ist er nicht bösartig. Aber er kann sehr kritisch sein, sehr beißend und sarkastisch. Zynisch ist er auch. Erst vierzehn und schon zynisch. Eigentlich hat er noch gar nicht genug erlebt, um zynisch zu sein, finden Sie nicht auch? Dazu hat er noch nicht genug Lebenserfahrung. Vielleicht tut er ja auch nur so. Die Kids von heute sind ja so. Ironisch, nicht ganz ernst.«
    »Das kling nicht eben positiv.«
    »Finden Sie? So sollte es nicht klingen. Jacob ist einfach nur schwierig, glaube ich. Er ist launisch. Er spielt gerne den Jungen, den diese ganze beschissene Welt nicht versteht.«
    Das war der Tropfen, der für mich das Fass zum Überlaufen brachte.
    »Also wirklich, Laurie, jeder Teenager, jeder Junge denkt, dass ihn diese ganze beschissene Welt nicht versteht! Jetzt hör aber auf! Was du da beschreibst, passt auf jeden Teenager dieser Welt. Das ist kein Jugendlicher, sondern ein Strichcode.«
    »Vielleicht«, erwiderte Laurie mit gesenktem Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Ich habe immer überlegt, ob Jacob nicht doch eine Therapie braucht.«
    »Das hast du niemals gesagt.«
    »Das habe ich auch nicht behauptet. Ich habe nur gesagt, dass ich das überlegt habe, damit er jemanden hat, mit dem er reden kann.«
    »Andy«, mahnte Dr. Vogel.
    »Ich kann doch nicht einfach nur so hier

Weitere Kostenlose Bücher